Rankings sind ein Instrument der Ökonomisierung von Bildung. Sie dienen dazu, das Bildungssystem nur noch nach wirtschaftlichen Kriterien zu beurteilen. Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften hält diese Kriterien für falsch und ruft als Dachverband daher alle StudentInnenvertretungen auf, sich an einem Boykott der Rankings zu beteiligen und die StudentInnen zu einem Boykott des CHE-Hochschulrankings aufzufordern. Angesichts einer allgemein wachsenden Kritik an umstrittenen Rankings und anderen Instrumenten einer wirtschaftlichen Steuerung der Hochschulen sieht der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) großes Potenzial und Erfolgschancen eines solchen bundesweiten Boykotts.
Das Hochschulranking des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) wirbt damit, „dass umfassendste und detaillierteste Ranking deutschsprachiger Universitäten und Fachhochschulen“ zu sein. Es richte sich dabei vor allem an StudienanfängerInnen und StudentInnen, habe sich aber auch an den Hochschulen als fair, informativ und qualifiziert durchgesetzt.[1] Die Kritik an Rankings allgemein und dem CHE-Ranking im Besonderen wächst jedoch zunehmend. In der Debatte dominieren die methodischen Kritikpunkte. Diese Kritik führte unter anderem die Austrian Agency for Quality Assurance (AQA) zu einem Ausstieg aus dem CHE-Ranking. AQA koordinierte seit 2004 das CHE-Ranking für Österreichische Hochschulen. AQA-Leiter Alexander Kohler erklärte in „derStandard“, die angelegten Kriterien des Rankings könnten keine umfassende Information über die Qualität einer Universität bieten und stellten nur einen Ausschnitt des Leistungsspektrums dar. Des Weiteren sei das CHE-Ranking aufgrund sehr geringer Stichprobengrößen statistisch gesehen nur begrenzt aussagekräftig. Zudem würden die Rahmenbedingungen der […] Universitäten nur unzureichend erfasst.[2] Eine derartige Kritik bewegt auch US-amerikanische Hochschulen zu einem Boykott des Rankings der Zeitschrift U.S. News and World Report. Weitere Punkte seien eine unzulässige Reduktion der Komplexität einer Hochschule und eine willkürliche Datenerhebung.[3] Die Qualität der Bildung lässt sich nicht auf eine kleine Anzahl an Indikatoren herunter brechen, die in einem Ranking angewandt werden. Auch müssen immer die unterschiedlichen Voraussetzungen der Hochschulen beachtete werden.
Der fzs kritisiert dagegen vor allem die grundlegende Idee der Hochschulrankings. Hinter den Rankings verbirgt sich die Idee einer Ökonomisierung der Bildung – Bildung wird nur noch anhand einiger wirtschaftlicher Faktoren beurteilt anstatt es als Grundrecht und als öffentliches Gut zu begreifen, was jedem Menschen gleichermaßen offen stehen muss. Rankings sind ein Instrument um einen unbegrenzten Wettbewerb im Hochschulsystem zu verankern – daher sind sie aus Sicht des fzs deutlich abzulehnen. Das CHE identifizierte entsprechend auch drei zentrale Wettbewerbshindernisse: Verbot allgemeiner Studiengebühren, Hochschulzugangsrecht und Kapazitätsverordnung (KapVO). Dies seien, so Detlef Müller-Böhling, die auf der Weide verbliebenen sakrosankten Kühe, wobei jede heilige Kuh ein potenzielles Steak sei.[4] Torsten Bultmann vom Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BDWI) spricht sehr anschaulich vom Müller-Böhlingschen „Dreisatz“.[5] Ziel einer Hochschulreform ist eine Marktsteuerung von Bildung und Wissenschaft. Diesen erklärten Zielen muss entschieden entgegengewirkt werden.
Zu Beginn dieses Wintersemesters 2007 kündigte die Berliner Alice-Salomon-Fachhochschule für Sozialwesen (ASFH) ihren StudentInnen erstmalig eine Beteiligung der Hochschule am Hochschulranking des Bertelsmann-nahen CHE an. Der AStA der ASFH hat daraufhin am 9.10.2007 beschlossen, das umstrittene Ranking zu boykottieren und die StudentInnen dazu aufgefordert, sich an der Befragung nicht zu beteiligen. Diese Entscheidung des AStA wird durch eine überwältigende Mehrheit der StudentInnen unterstützt. Dies war das Ergebnis einer studentischen Vollversammlung am 25.11.2007, die die Hochschulleitung aufgefordert hat, die Briefe der Umfrage, welche das CHE durch die Hochschulen an die StudentInnen weitergeben lässt, zurückzuhalten und nicht an die StudentInnen zu versenden. Das Rektorat der ASFH hat sich gegen die StudentInnen gestellt. Konsequenz der Auseinandersetzung mit dem Rektorat ist nun sogar, dass die Arbeit der StudentInnenvertretung behindert wird; Aushänge dürfen demnach künftig nur nach Bewilligung durch die Rektorin der Hochschule Christine Labonté-Roset angebracht werden.[6] Die Briefe sowie die entsprechenden Zugangsdaten zum CHE-Ranking wurden in den vergangenen Tagen an die StudentInnen verteilt. Der AStA Universität Münster hat im Anschluss an den AStA der ASFH ebenfalls zu einem Boykott des Rankings aufgerufen.
[1] che-ranking.de, aufgerufen am 30.10.2007
[2] Österreich beteiligt sich nicht mehr am CHE-Hochschulranking, Der Standard, aufgerufen am 30.10.2007
[3] US-Unis rufen zum Ranking-Boykott auf, Der Standard, aufgerufen am 30.10.2007
[4] Müller-Böhling, Detlef 2004: 10 Jahre CHE. Anstoß, Begleitung und Konzepterarbeitung. In: Müller-Böhling, Detlef (Hg.): CHEck up 1/2004, S. 3
[5] Bultmann, Torsten 2005: Harvard ist Disneyland, aufgerufen am 30.10.2007
[6] AStA der ASFH, aufgerufen am 30.10.2007
Wenn Ihr Euch ebenfalls nicht am Ranking beteiligen wollt, lasst es uns wissen! Außerdem stellen wir Euch im Anhang ein Standardschreiben auf, mit dem Ihr Eure Hochschule um Auskunft bitten könnte. Einfach den Text mit Eurem Briefkopf versehen und an Euer Rektorat!