Berlin (fzs): Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) fühlt sich durch den 11. Studierendensurvey der Bundesregierung, welcher gestern in Berlin vorgestellt wurde, in seiner Forderung bestärkt, den Prüfungsdruck zu verringern. Die Erfassung zeigt deutlich, dass die Überforderung der Studierenden im Bachelor-Studium zugenommen hat.
Leistungsbezogene Aspekte, so heißt es in dem Survey, aber auch die Planung und Reglementierung, bereiten den Studierenden immer mehr Probleme. Vor allem der zeitliche Druck durch Prüfungen und die Stoffmenge im Semester stellen sich als besonders große Barrieren heraus. Eine gute Studierbarkeit attestieren ihrem Fach demnach nur wenige Studierende. „Im Zuge der Bologna-Reform wurden die Studiengänge überfrachtet. Die Stoff- und Prüfungsdichte führen zu einem erhöhten Konkurrenz- und Leistungsdruck, dieser muss umgehend reduziert werden“, so Florian Pranghe, Mitglied des fzs-Vorstands.
Bachelor-Studierende erleben deutlich häufiger eine Überforderung durch Prüfungen und fühlen sich weniger in der Lage, die Semestervorgaben zu erfüllen. Die Bachelor-Studierenden sind daher ungünstigeren Studienbedingungen ausgesetzt, die ihnen die Bewältigung des Studiums erschweren, so heißt es weiter. Man kann daher davon ausgehen, dass sich in diesem Zusammenhang auch der Beratungsbedarf bei psychosozialen Problemen erhöht hat. Dies geht auch aus der Studie „Psychische Schwierigkeiten von Studierenden“ von Prof. Dr. Holm-Hadulla aus dem Jahr 2001 hervor, in der davon ausgegangen wird, dass 25 % der Studierenden unter psychischen Beeinträchtigungen leiden, und hiervon mindestens die Hälfte eine psychologische Beratung benötigen würde. „Studierende dürfen mit ihren Problemen nicht allein gelassen werden! Wir fordern daher einen bedarfsdeckenden Ausbau und eine entsprechende Finanzierung des psycho-sozialen Beratungsangebots durch Bund und Länder. Zusätzlich muss eine Evaluation der psycholosozialen Problemen von Studierenden angeschlossen werden, um die Erkentnisse für die Konzeption und Weiterentwicklung der Studienangebote nutzen zu können“, so Moska Timar, ebenfalls Vorstandsmitglied.
Der Survey zeigt außerdem, dass die Aufnahme des Studiums stark vom sozioökonomischen Hintergrund abhängig ist. Deutschland ist nach wie vor ein Land, in dem sich Akademiker*innen reproduzieren. „Wenn die Teilhabe an Hochschulbildung von der Herkunft der Eltern abhängt, muss man sich fragen, was schief läuft. Hier muss die Politik darauf abzielen, die Hürden im Bildungssystem zu beseitigen. Hochschulpolitisch heißt das, dass Instrumente wie eine gerechte, bedarfsdeckende Studienfinanzierung, die bundesweite Abschaffung von Studiengebühren, und ein offener Hochschulzugang zur Anwendung kommen müssen“, so Moska Timar weiter.
Auch innerhalb des Studiums äußert sich die soziale Differenz, wie bei der Aufnahme eines Auslandsstudiums. Je höher die soziale Herkunft, desto häufiger werde die Möglichkeit eines Auslandsstudiums ergriffen. Probleme bei der Realisierung eines Auslandsstudiums liegen vor allem in der finanziellen Mehrbelastung. 75 % aus einem geringer qualifizierten Elternhaus gegenüber 54% der Akademiker*innenkinder geben Finanzierungsprobleme als Hürde an. Demnach sind auch Akademiker*innenkinder unter den Studierenden zwar nicht völlig finanziell sorgenfrei, wenn es um ein Auslandsstudium geht, aber der Anteil fällt unter den „Bildungsaufsteigern“ weit größer aus.
„Wer Mobilität von Studierenden fordert, muss auch die Infrastruktur bereitstellen, um dies zu ermöglichen. Dazu gehört die hinreichende Finanzierung eines Auslandsstudiums, die ausreichende Unterstützung im Vorfelde durch Beratungsangebote, die Sicherheit, die im Ausland erworbenen Studienleistungen angerechnet zu bekommen, sowie die Sicherstellung einer nahtlosen Integration in das Studium. Oft kommt es auch hier zu organisatorischen Schwierigkeiten“, so Florian Pranghe abschließend.