Ergebnis des Statistischen Bundesamtes: Regelstudienzeiten sind eine Farce

Ben Seel, Mitglied im Vorstand des fzs, nimmt Stellung: „Mit den aktuellen Zahlen kann von Regel keine Rede sein, wenn 60 % der Studierenden mehr als die offiziell ausgewiesene Regelstudienzeit brauchen. Fatal wird diese Entwicklung aber vor allem dadurch, dass die staatliche Studienfinanzierung an die Regelstudienzeit gekoppelt ist. Wenn die Mehrheit diese Zeit nicht einhalten kann, klafft gerade zum Ende des Studiums ein großes Loch in der Studienfinanzierung. Die Kopplung von BAföG und Regelstudienzeit wird damit zum Studienabbruchprogramm. Besonders hart trifft es Studierende, die sich sozial engagieren, Angehörige pflegen, Kinder erziehen oder aufgrund der ungenügenden staatlichen Studienfinanzierung arbeiten müssen. Damit wird Regelstudienzeit zum Instrument für soziale Selektion im Studium. Wir lehnen Regelstudienzeiten prinzipiell ab. Sie führen nicht erst statistisch, sondern bereits logisch zu sozialen Ausgrenzungen. Es hätte daher gar nicht gezählt werden müssen, um herauszufinden, dass sie sozial ungerecht sind.“

Mandy Gratz, ebenfalls Vorstandmitglied, erläutert: „Festgelegte Regelstudienzeiten sollten ursprünglich rechtlich garantieren, dass ein Studiengang in einer bestimmten Zeit studierbar ist. Das heißt, in diesem Zeitraum besteht ein rechtlicher Anspruch darauf, einen Studiengang abschließen zu können. Dieses Recht wurde in eine Pflicht gewendet. Student*innen sehen sich damit konfrontiert, dass sie eine Vorgabe erfüllen müssen, um nicht in finanzielle oder auch studientechnische Schwierigkeiten zu geraten, die aufgrund der Rahmenbedingungen kaum erfüllbar ist. Regelstudienzeit als Rechtsanspruch funktioniert offensichtlich nicht. Daher fordern wir, dass alle Menschen in den Genuss kommen ihr Studium in der Zeit abzuschließen, die sie unter ihren individuellem Umständen brauchen.“

Das Vorstandsmitglied Sandro Philippi ergänzt: „Weiterhin muss bedacht werden, dass Studienabrecher*innen in dieser Statistik nicht mit gezählt werden. So beenden gemäß des aktuellen Bildungsberichtes knapp 30 % der Studierenden im Bachelor ihr Studium ohne Abschluss. Die Bilanz sähe für das deutsche Bildungswesen also noch dramatischer aus, würden alle Studieninteressierten mitberechnet – also auch diejenigen, die ihr Studium aufgrund unzureichender Rahmenbedingungen an den Nagel hängen.“