Bjeen Alhassan hat für ihr Engagement für Frauen aus Syrien den Nationalen Integrationspreis der Bundesregierung 2020 verliehen bekommen. Die Preisträgerin, deren Masterarbeit auch im Zusammenhang mit ihrem Engagement steht, hat ihr Studium 2019 beendet. Die Freude über den Studienabschluss und den Preis wurde ihr jedoch durch ihren betreuenden Professor geraubt.
Nach der abschließenden Bewertung ihrer Arbeit und dem Abschluss des Studiums an der Hochschule Emden/Leer hat sich Bjeen Alhassan in Interviews mit dem NDR und der taz sowie zuletzt in Beiträgen in den Sozialen Medien zur Diskriminierung an der Hochschule und den Erfahrungen mit ihrem Masterarbeit-Betreuer Professor Reiner Osbild geäußert. Osbild ist AfD-Politiker und in der Vergangenheit mehrfach durch rassistische Äußerungen in Erscheinung getreten.
Jetzt verklagt Osbild seine ehemalige Studentin wegen angeblicher Rufschädigung auf 25.000 Euro Schmerzensgeld. Der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) und der Bundesverband ausländischer Studierender (BAS) sprechen sich klar gegen die Diskriminierung von Menschen mit Migrationserfahrung aus. Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit Bjeen Alhassan und halten es für unangemessen und massiv diskriminierend, sie erneut mit einem Gerichtsverfahren zu überziehen und mundtot machen zu wollen. Das Publik-Machen von Diskriminierungserfahrungen muss möglich sein und darf nicht mit Repressionen bestraft werden. Vielmehr sollten Räume und Klimata geschaffen werden, die es von Diskriminierung Betroffenen ermöglichen, ihre Erfahrungen zu äußern und ihren Bedürfnissen entsprechende Konsequenzen in die Wege zu leiten.Bjeen Alhassan gilt unsere volle Solidarität und Unterstützung. Wir fordern dazu auf, sich ebenfalls öffentlich zu solidarisieren und Bjeen Alhassan zu unterstützen.
Die Hochschulleitung der Hochschule Emden/Leer äußerte sich bisher nicht eindeutig zu den Vorkommnissen und stellte sich nicht klar und unmissverständlich auf die Seite der Betroffenen. Wir möchten herausstellen, dass allgemeine Äußerungen und Stellungnahmen nicht helfen, wenn diesen bei konkreten (Vor-)Fällen keine Taten folgen. Wir fordern die Hochschulleitung dazu auf klar zu dem Fall von Bjeen Alhassan Stellung zu beziehen und solidarisch die Prozesskosten, die für sie anfallen, mitzutragen. Weiterhin fordern wir die Hochschulleitung dazu auf, sich entschieden gegen rassistische und sexistische Inhalte in der Lehre auszusprechen und Menschenfeindlichkeit zu sanktionieren. Eine Ansprechperson für von Diskriminierung betroffene Studierende und Mitarbeiter*innen sollte hierbei unterstützen.
Leider ist Bjeen Alhassan kein Einzelfall. Lange schon beobachten Studierendenvertretungen und Studierendenverbände Fälle von Diskriminierungen und Diskriminierungserfahrungen bis hin zu offenem Rassismus an Hochschulen. Gerade das Hierarchiegefälle „Professor*innen – Studierende“ schüchtert oft ein. Betroffene sollen, auch wie im Falle Bjeen Alhassan mit Klagen, mundtot gemacht werden oder zum Schweigen genötigt werden. Wir fordern vor diesem Hintergrund eine breite und tiefgehende Reflexion von, sowie eine Auseinandersetzung mit personenbezogener Diskriminierung und strukturellem Rassismus an Hochschulen. Zu oft wird geschwiegen, zu oft werden Diskriminierungen und Rassismus unter den Teppich gekehrt, auch von Hochschulleitungen.
Die Hochschulen und die hochschulpolitischen Organisationen sowie Institutionen selbst müssen sich der Realität stellen und Rassismus und Diskriminierung bekämpfen.Die Solidarität mit Bjeen Alhassan und deren Unterstützung ist ein Bestandteil dieses Einstehens gegen Diskriminierung.
Unterstützer*innen: