..Ich lief zu dem am Boden liegenden jungen Mann und bückte mich links von ihm zu ihm herunter. Als ich zu den Beamten hochblickte, sah ich, daß sie immer noch ihre Schlagstöcke in der Hand hatten und bat sie leise: „Nicht schlagen, bitte holen sie die Ambulanz“ (…)Ich suchte nach einer Wunde und sah daß eine Platzwunde bis zum rechten Ohr vorhanden war, aus dem Ohr kam Blut. Ich fühlte seinen Puls, er ging sehr schwach, ich öffnete ein Auge und sah keine Pupille. Daraus schloß ich : Schädelbruch. Seine Lippen bewegten sich, und ich nahm an, er wolle etwas sagen. Ich beugte mich herunter, konnte aber nur ein Röcheln vernehmen..“ (Augenzeugin Erika S. am 2. Juni 1967)
Vor dreißig Jahren, am 2. Juni 1967, wurde der FU-Student Benno Ohnesorg von dem Polizisten Kurras durch einen Schuß in den Hinterkopf ermordet. Dies war unter anderem eine unmittelbare Folge der andauernden Hetzkampagne der Springer-Presse gegen die sich formierende studentische Bewegung und der Aufstachelung der West-Berliner Polizei, der in bester Frontstadtmentalität eingetrichtert wurde, gegen „kommunistische Störer“ mit den härtesten Mitteln vorzugehen. Der Mord an Benno Ohnesorg bildete so vorläufig den ersten Höhepunkt der Einschüchterung und der Kriminalisierung Demonstrierender und sonstiger sich politisch betätigender Menschen durch die Polizei, Der wirkliche Tathergang wurde von der Polizei und anderen offiziellen Stellen einige Zeit lang geleugnet. Der Täter Kurras wurde später freigesprochen.
Auch heute werden Demonstrierende oder politisch aktive Menschen von der Polizei mißhandelt und systematisch kriminalisiert. Wenn auch die Frontstadtmentalität inzwischen abgelöst wurde durch die Hauptstadthysterie, kann es nicht hingenommen werden, daß das öffentliche Eintreten für eine eventuell mißliebige politische Position systematisch und gewaltsam durch das Eingreifen des Innensenats und der Polizei zum unkalkulierbaren Risiko wird.
In diesem Sinne möchte der Allgemeine Studierendenausschuß der Freien Universität an die Ermordung Benno Ohnesorg erinnern und im Gedenken an ihn zu einer Blumenniederlegung am Denkmal an der Deutschen Oper am 2. Juni 1997 um 19.00 Uhr einladen.
Beschlossen auf der 7. MV in Münster, Mai 1997