Abschaffung des HRG führt zum Flickenteppich der Länder

Berlin (fzs/abs). Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) und das Aktionsbü?ndnis gegen Studiengeb?ühren (ABS) sind von den Föderalismusplänen der großen Koalition schockiert. Die Zuständigkeit für die Hochschulpolitik soll vollständig an die Länder fallen; in den wenigen verbleibenden Kompetenzbereichen des Bundes – Hochschulzugang und Abschlüsse – sollen sie von den Bundesregelungen abzuweichen können.

Nachdem die Ergebnisse des PISA-Ländervergleichs gerade noch einmal eindrucksvoll gezeigt haben, dass Chancengleichheit im Bildungssystem in Deutschland nur mit mehr Bundeskompetenzen erreicht werden kann, stellt die geplante Regelung aus Sicht von fzs und ABS einen katastrophalen Rü?ckschritt auf dem Weg zu gleichen Lebensbedingungen im ganzen Bundesgebiet dar.

„Wir brauchen gleiche Bildungschancen im ganzen Bundesgebiet. Es darf nicht sein, dass der Lebensweg eines Menschen vom Wohnort der Eltern abhängt“, kommentierte Regina Weber, Vorstandsmitglied im fzs. Wenn der Bund als Korrektiv in der Bildungspolitik ausfällt, werden die Bildungsinvestitionen der Länder, so die Befürchtungen des fzs und ABS, noch stärker als bisher von der Situation der Landeshaushalte abhä?ngen. „Reiche Länder können mehr investieren, arme weniger. Chancengleichheit nach Kassenlage wird das Ergebnis dieser Politik sein“, setzte Weber fort.

Sie wies auch auf die Ziele des Bologna-Prozess hin, die ein bundeseinheitliches Vorgehen in der Bildungspolitik unbedingt erforderlich machen: „Wer eine Harmonisierung des europäischen Hochschulraum anstrebt, kann nicht innerhalb von Deutschland einen Flickenteppich aus 16 Bundesländern zusammensetzen“, so Weber.

Das ABS kritisierte, dass der Bund mit einer faktischen Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes die Möglichkeit verliere, auf die unsozialen Studiengebührenpläne der Bundesländer zu reagieren. „Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bund generell die Kompetenz zugesprochen, auf ungleiche Lebensverhältnisse zum Beispiel durch Studiengebühren und der folgenden Abwanderung von Studierenden zu reagieren. Nur im Moment sah es noch keinen Anlass für ein Verbot. Wenn das Chaos des Gebührenwildwuchses sich aber erstmal einstellen sollte, ist der Bund in der Pflicht und muss reagieren können“, so Jochen Dahm, Geschäftsführer des ABS.

fzs und ABS appellierten an die Bildungspolitiker und -politikerinnen aller Parteien, die geplante Regelung zu Fall zu bringen. „Die bildungspolitische Vernunft aller muss sich gegen die Geltungssucht einiger Ministerpräsidenten durchsetzen“, fordert Dahm. Der bundesweite studentische Dachverband fzs fordert seit langem eine Stärkung der Bundeskompetenzen im Bildungsbereich. Dabei soll die bisherige Rahmengesetzgebung abgeschafft und Teile des Hochschulwesens in die konkurrierende Gesetzgebung ?übertragen werden. Damit wäre gewährleistet, dass notwendige Reformen schneller durchgeführt werden kö?nnen. Dazu Regina Weber: „Wenn wir die soziale Selektion im Bildungswesen überwinden und die Bildungsbeteiligung aller Menschen erhöhen wollen, ist beispielsweise eine bundeseinheitliche Regelung zum Hochschulzugang unerlässlich. Es kann nicht sein, dass die Länder jahrelang über Detailregelungen streiten, während jungen Menschen systematisch ihre Bildungschancen geraubt werden.“