Offener Brief an die Redaktion von Panorama.

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Erstaunen mussten wir Ihren Bericht „Milde Strafen – Staat schont BAföG-Betrüger“ in der Panorama-Sendung am Donnerstag, 20. Juli 2006 zur Kenntnis nehmen. Darin beschuldigen Sie Studierende, bei der Beantragung von BAföG in großem Rahmen bewusst zu schwindeln und dadurch den Staat zu betrügen. Gleichzeitig beschuldigen Sie Angestellte der Studentenwerke, eventuellen Verdachtsfällen nicht ausreichend nachzugehen und damit den Betrug zu decken.

Wir müssen uns als bundesweite studentische Vertretung entschieden gegen diese infamen Unterstellungen wenden. Sie stellen alle Studierenden, die einen BAföG-Antrag stellen unter Generalverdacht. Dabei scheint Ihnen die Prozedur der Antragstellung nicht wirklich vertraut zu sein. Die Studierenden müssen einen hohen Berg an Bürokratie bewältigen und haben teilweise Probleme, Information und Hilfestellung zu bekommen. Dabei ist es durchaus möglich, dass Fehler passieren.

Gleichzeitig befinden sich viele Studierenden in einer sozialen oder finanziellen Notlage, das BAföG ist oft ihre einzige Möglichkeit, ein Studium aufzunehmen. Wir haben in der Vergangenheit schon oft auf den unzureichenden Umfang des BAföG hingewiesen. Dadurch, dass Bemessungsgrundlagen nicht verändert werden und die Förderung in keiner Weise den Preissteigerungen der letzten 5 Jahre angepasst wurde, sehen einige Studierende sich gezwungen, andere Wege der Finanzierung zu suchen.

Ihre positive Berichterstattung hinsichtlich der rigiden Umgangsweise der bayerischen Justiz mit „Betrügern“ stößt bei uns auf klare Ablehnung. Die Studierenden, die hiervon betroffen sind, sehen sich großen finanziellen Problemen gegenüber, die durchaus in der Vergangenheit zum Abbruch des Studium und damit auch zu persönlichen Krisen geführt haben. Gleichzeitig versuchen Sie, die Angestellten der Studentenwerke als gleichgültig und verantwortungslos darzustellen. Dabei übersehen sie, dass auch für Studierende zunächst die Vermutung der Unschuld gilt. Dies ist ein Grundsatz des deutschen Strafrechts. Hier ist beim besten Willen kein Fehlverhalten der Studentenwerke zu erkennen. Man gewinnt vielmehr den Eindruck, Sie möchten mit der Berichterstattung die Studentenwerke gegen die Studierenden aufhetzen. Damit schließt sich der Kreis. Auch die Passage der ungleichen Behandlung der Arbeitssuchenden Hartz IV-EmpfängerInnen dient dazu, diese Menschen, die sich ebenfalls in einer sozialen Notsituation befinden, gegen die Studierenden auszuspielen.

Wir fordern Sie eindringlich auf, zu dem Bericht eine Richtigstellung zu senden, die einem journalistischen Anspruch an Meinungsvielfalt genügen kann.

Mit freundlichen Grüßen,

Regina Weber, Christian Berg
im Namen des Vorstands des fzs.

Der Bericht des Magazins: www.ndrtv.de/panorama/archiv/2006/index.html

Die Pressemitteilung des fzs: www.fzs.de/show/37881.html