Newsletter 8/2007

THEMEN

1. 18. DSW-Sozialerhebung veröffentlicht
2. Hochschulpakt 2020 beschlossen
3. Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes (HRG)
4. Schavans zweites Gesicht
5. Uni Paderborn hat NPD-Abgeordneten Büroräume vermietet
6. EU-Appell für bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium

TICKERMELDUNGEN

7. Studiengebühren-Klagen scheitern vor Freiburger Gericht
8. Schallende Ohrfeige für Stiftungsuniversität
9. Stipendien verschärfen Ungleichheit im Bildungssystem
10. Zwischenbilanz im Bologna-Prozess
11. Neue Datenbank zum Thema „Gender in gestufte Studiengänge!“
12. ZVS wird Beratungsstelle für Studenten
13. Weniger Frauen habilitieren sich
14. Bachelor- und Masterstudiengänge: Ende einer Lebensform
15. Der Numerus clausus hilft nicht weiter
16. Privatisierung: Unternehmen zahlen und dürfen mitreden
17. Privatunis: Der Lack ist ab
18. Maulkorb für Professoren
19. „Die Studenten wollen zahlen“: Der Münchener Boykott
20. Gefahr der Privatisierung droht
21. „Es gibt drei Klassen im europäischen Hochschulraum“
22. Österreichischer Wissenschaftsrat will Ende des freien Hochschulzugangs
23. Studie: Studenten glauben nicht an Verbesserungen durch Gebühren
24. Naturwissenschaftler und Mathematiker lehnen Lehrprofessor ab
25. Sächsisches Kabinett gibt Startschuss für Landesexzellenzinitiative
26. 80 Prozent der Kunsthochschul-Studenten droht Exmatrikulation
27. Ein Viertel aller Studierenden im Teilzeitstudium
28. „Vorläufigkeitsentscheidung zu Studiengebühren“ in Hessen


THEMEN

1. 18. DSW-Sozialerhebung veröffentlicht

In den vergangenen Tagen ist die 18. Sozialerhebung (1) des Deutschen Studentenwerks (DSW) veröffentlicht worden. Zentrales Ergebnis der Erhebung ist, dass die soziale Herkunft (insbesondere der Bildungsstand der Eltern) nach wie vor eines der entscheidenden Kriterien ist, das über die Aufnahme eines Studiums entscheidet. In den letzten beiden Jahren konnte hier keinerlei Verbesserung erreicht werden. Im Gegenteil. In vielen Bereichen hat die Ungleichheit zugenommen. So lässt sich der Rückgang der Studierendenquote allen voran darauf zurückführen, dass weniger Studierende aus so genannten bildungsfernen Schichten den Weg an die Hochschulen finden. Daneben ist feststellbar, dass die Ungleichheit innerhalb der Studierendenschaft zunimmt. Der fzs gab eine Stellungnahme hierzu ab (2).

Einige Ergebnisse im Überblick:

  • Während vor 2 Jahren noch 73 Prozent aller Studienberechtigten ein Studium aufgenommen haben bzw. die Aufnahme eines Studiums fest planten, sind es in dieser Untersuchung nur noch 69 Prozent. Die gesamte Studienanfängerquote ist
  • in den letzten beiden Jahren von 39 Prozent auf 36 Prozent gesunken.

  • Die Zahl derjenigen, die ein Studium aufnehmen, liegt bei Kindern von Eltern ohne mittleren oder höheren Bildungsabschluss mit 19 Prozent rund viermal niedriger als bei Kindern, deren Eltern
  • einen Hochschulabschluss haben (71 Prozent).

  • Während 3 Prozent der Studierenden weniger als 400 Euro zur Verfügung haben und rund
  • ein Drittel weniger als 640 Euro; haben 4 Prozent Einnahmen von über 1.300 Euro.

  • In der vorangegangenen Sozialerhebung hielten
  • noch 47 Prozent der Befragten die Studienfinanzierung für weitgehend sicher; mittlerweile sind es nur noch 39 Prozent. Nur zwei Prozent der Studierenden finanzieren sich allein über das BAföG. Die studentische Erwerbstätigkeit ist leicht zurückgegangen und liegt mittlerweile bei rund 60 Prozent. Durchschnittlich haben Studierende 770 Euro monatlich zur Verfügung. Die Kaufkraft ist damit um 5 Prozent geringer, als vor 5 Jahren.

  • Der Anteil der studienbezogenen Auslandsaufenthalte stagniert bei 29 Prozent. In den Vorjahren ist die Zahl kontinuierlich angestiegen.
  • Der Weg über eine fachgebundene Hochschulreife bzw. über sonstige Qualifikationen wird kaum genutzt (weniger als 3 Prozent)

(1) bmbf.de (2) fzs.de

2. Hochschulpakt 2020 beschlossen

Die Ministerpräsidenten der Länder haben auf ihrer Sitzung vom 14. Juni dem Hochschulpakt 2020 endgültig zugestimmt. In der ersten Phase des Paktes, bis 2010, beteiligt sich der Bund mit 565 Millionen Euro am Aufbau von rund 91.000 Studienplätzen. Verbände und Gewerkschaften erneuerten derweil ihre Kritik an der Vereinbarung. Der Pakt sei unterfinanziert. Überdies fehlten Zusagen über 2010 hinaus. In vielen Ländern gebe es über 2010 hinaus keine Planungen, kritisierte die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) (1). Es sei daher ein großes Risiko zusätzliches Personal für die zusätzlichen Studierenden einzustellen, betonte die HRK-Präsidentin Prof. Margret Wintermantel. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sieht in dem Vertragswerk bestenfalls einen ersten Schritt, dem steigenden Bedarf an Studienplätzen gerecht zu werden, bezeichnet (2). Bund und Länder müssten sich schleunigst wieder an einen Tisch setzen und über einen Hochschulpakt II verhandeln, stellte das GEW-Vorstandsmitglied und Hochschulexperte Andreas Keller klar. Die SPD-Fraktion im Bundestag begrüßte dagegen die Vereinbarung (3). Es seien gute Kompromisse sowohl für die Neuen Bundesländer als auch für Stadtstaaten gefunden worden, unterstrich der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Jörg Tauss. Er erinnerte daran, dass es den Hochschulpakt nur gebe, weil die SPD entschiedenen Widerstand gegen das Kooperationsverbot bei der Föderalismusreform geleistet habe. Durch die Lockerung des Kooperationsverbotes kann der Bund den Länder Gelder für die Lehre an Hochschulen anbieten, wenn alle Beteiligten dem zustimmen. Die Länder seien nun am Zug, weitere Mittel in ihre Hochschulen zu pumpen, mahnte Tauss. Denn die Grundfinanzierung der Einrichtungen sei Ländersache.

(1) idw-online.de (2) gew.de (3) tauss.de

3. Abschaffung des Hochschulrahmengesetzes (HRG)

In einer Kleinen Anfrage (BT-Drucksache 16/5569 (1)) erkundigte sich die Fraktion der GRÜNEN im Bundestag nach den „Auswirkungen der Aufhebung des Hochschulrahmengesetzes auf die Mobilität von Studienberechtigten und Studierenden“. In ihrer Antwort vom 21. Juni 2007 räumt die Bundesregierung ein, dass die von ihr geplante Abschaffung des HRG in erster Linie Symbolpolitik ohne unmittelbare Auswirkungen auf die Hochschulen ist. Wesentlich gravierender ist jedoch das indirekte Eingeständnis der Bundesregierung, dass Föderalismusreform I und HRG-Aus zusammen durchaus nachteilige Folgen für die Mobilität von StudienbewerberInnen, Studierenden und AbsolventInnen haben können. Wenn mittlerweile selbst die Kultusministerkonferenz (KMK) erwägt, einen „unabdingbar notwendigen Kernbereich länderübergreifender Regelungsmaterie“ in der Hochschulpolitik zu beschreiben, stellt sich natürlich die Frage, warum die bundesrechtliche Gesetzgebungskompetenz zur Festschreibung genau dieses Kernbereichs mit der Föderalismusreform abgeschafft wurde. Doch anstatt ihre eigenen Entscheidungen bei Föderalismusreform und HRG kritisch zu hinterfragen, will die Bundesregierung warten, bis das Kind noch weiter in den Brunnen gefallen ist: Erst, wenn die nationale und internationale Mobilität von StudienbewerberInnen, Studierenden und AbsolventInnen ernsthaft gefährdet ist, erwägt Bildungsministerin Schavan, wieder bundesrechtlich in der Hochschulpolitik aktiv zu werden. Wie dieser späte Eingriff dann den Betroffenen helfen soll, bleibt allein Geheimnis der Bundesregierung. Denn nach der Föderalismusreform hat der Bund ja gerade keine wirksame Möglichkeit mehr, verbindliche bundeseinheitliche Mindeststandards zur Sicherung der Mobilität festzuschreiben. Wie man es auch dreht und wendet: Nach Föderalismusreform I und HRG-Aus gibt es für Studierende und Absolventen keine Mobilitätsgarantie mehr in der deutschen Hochschullandschaft. Frau Schavan hat alle Instrumente aus der Hand gegeben, der Studentin aus dem Saarland zu gewährleisten, dass ihre Zwischenprüfung und ihr Abschluss auch künftig in Sachsen anerkannt werden.

(1) bundestag.de (2) kai-gehring.de

4. Schavans zweites Gesicht

Vor und bei Einführung von Studiengebühren hatte die Politik angekündigt, ein umfassendes Stipendiensystem aufzubauen und argumentiert, hierdurch würden soziale Härten abgefedert und eine Abschreckung finanziell benachteiligter Studieninteressierter vermieden werden können. Die heutige Bildungsministerin Schavan erklärte der Öffentlichkeit damals, über Studiengebühren rede sie „ausschließlich im Zusammenhang mit einem umfassenden Bildungsfinanzierungskonzept, das auch z.B. Stipendien vorsieht“ (1). Ein solches Konzept ist die Politik jedoch bis heute schuldig geblieben. Ja, ein solches – „umfassendes“ – schien nicht einmal je angedacht gewesen zu sein. Deutlich machen dies andere Aussagen von Frau Schavan. Beispielsweise, wenn diese attestiert, „die Zukunft“ läge „nicht beim BAföG, sie liegt in mehr Möglichkeiten für unsere Hochschulen, neue eigene Einnahmen zu haben und dauerhaft zu einer Verbindung von Stipendien, Darlehen und Studiengebühren zu kommen“ (1). Und auf der anderen Seite ergänzt, „die Zukunft unseres Landes“ hänge in starkem Maße davon ab, wie gut es uns gelänge, mittels Vergabe öffentlicher Stipendien „eine Leistungselite aufzubauen“ (2). Konkret bedeutet das: Der Auf- und nicht etwa behauptete Abbau von Ungleichheit ist gegenwärtig Methode der Wahl deutscher Bildungspolitik. Sein Ziel sind ein Mehr an „Elite“ sowie Wettbewerb, Liberalisierung und folglich Privatisierungen im Bildungssystem. Es geht um Markt und nicht soziale Gerechtigkeit. Es geht um Gebühren fürs Studieren und privatwirtschaftliche Kredite für die Gebühren – und somit folgelogisch um eine mittelfristige Abschaffung des BAföG (3) und unmittelbar immer weiterreichende Übertragung von Bildungskosten und Lebensrisiken auf die Schultern jedes Einzelnen. Das Ziel der Stipendienvergabe ist dabei nicht etwa Sozialausgleich oder ist soziale Gerechtigkeit. Es ist Elitenförderung auf Kosten der nicht Geförderten. Denn selbst erreichte Frau Schavan die geplante Quote von einem Prozent öffentlicher Stipendien für die 2 Millionen deutscher Studierenden, bedeutete dies doch den staatlichen Rückzug aus der sozialen Verantwortung für die restlichen 99 Prozent. Das sind etwa 1,98 Millionen junger Menschen, welche die Politik dann – frei nach dem Motto „Wettbewerbspolitik ist die beste Bildungspolitik“ – dem Bildungsmarkt, auf welchem alsbald sicher flächendeckend Studiengebühren zu erwarten und zahlen sind, überlässt. Und eben das, das sollte man wissen, findet rot-schwarze Politik heute „gerecht“.

(1) politik-digital.com (2) bmbf.de (3) interconnections.de

5. Uni Paderborn hat NPD-Abgeordneten Büroräume vermietet

Gertrud Höhler, Präsidentin der Uni Paderborn, hat mächtigen Ärger (1). Der Vorwurf, wissentlich Büroräume an NPD-Abgeordnete vermietet zu haben, wiegt schwer. Selbst NRW-Wissenschaftsminister Andreas Pinkwart fordert nun eine Stellungnahme.

(1) taz.de

6. EU-Appell für bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium

Das Europäische Parlament hat die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Vereinbarkeit von Studium und Beruf zu verbessern. Die europäischen VolksvertreterInnen verabschiedeten am 19. Juni einen entsprechenden Bericht, in dem sie fordern, finanzielle Mittel bereitzustellen und das Studium flexibler zu organisieren (1). Das Europäische Parlament (EP) kritisierte das mangelnde Engagement der EU-Mitgliedstaaten, mehr Betreuungsangebote für Kleinkinder zu schaffen. Eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium könnte das „demographische Defizit“ in Europa abmildern und würde das Potenzial junger Menschen, insbesondere junger Frauen, besser ausschöpfen. Zudem forderte das Europäische Parlament, „die Situation junger Menschen mit Familienpflichten bei der Berechnung der Studiengebühren zu berücksichtigen.“

(1) europa.eu

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