Bologna läuft in Sackgasse – grundlegender Richtungswechsel nötig

Der studentische Dachverband fzs fasst die Kritikpunkte zum zehnjährigen Jubiläum zusammen und stellt sieben Forderungen an Politik und Hochschule.

Erik Marquardt, fzs-Vorstandsmitglied erläutert die Forderungen:

„In den letzten zehn Jahren wurde die Bolognareform nur als Strukturreform umgesetzt. Vielfach wurde an den Hochschulen nur kurzfristig auf starre Strukturvorgaben reagiert, ohne das eigentliche Ziel einer qualitativen Studienreform langfristig ins Auge zu fassen. Liberale Privatisierungs- und Wettbewerbsideologie bestimmte die Marschrichtung: Unternehmerisches Denken, unternehmerische Struktur sollte das deutsche Hochschulsystem zum Erfolg führen. Dieser Ansatz ist inzwischen mit Pauken und Trompeten gescheitert, wie derzeit nach und nach allen Beteiligten deutlich wird: Markt statt Köpfchen führt in der Bildungspolitik einfach nicht weiter.

Die Bilanz ist nicht schön zu reden. Anwesenheitspflichten, kleinteilige Prüfungen, starre Zeitvorgaben, zunehmende Zwangsexmatrikulationen, engere Studieninhalte und immer höhere Studienabbruchquoten: Die „Bologna“-Studienreform läuft in eine Sackgasse.

Zum zehnjährigen Jubiläum muss endlich ein grundlegender Richtungswechsel einsetzen. Eine qualitative Studienreform ist dringend nötig und darf nicht am immer noch einflussreichen Einfluss neoliberaler Ideologie auf die Hochschulen scheitern.

Der fzs fordert, in einem ersten Schritt diese sieben Punkte umzusetzen:

1. Gemeinsames Lernen statt Ellenbogen
Konkurrenzfördernde Prüfungs- und Lehrformen müssen abgeschafft und stattdessen gemeinsames Lernen gefördert werden.

2. Studienfinanzierung in der Breite statt Stipendienkultur
Wir benötigen ein Studienfinanzierungskonzept, das allen ein Studium ermöglicht und nicht eine scheinbare „Elite“ bevorteilt. Das umfasst auch die bundesweite Abschaffung jeglicher Bildungsgebühren.
3. Mindeststudiendauer statt Regelstudienzeit
Flexible Studienverläufe müssen anerkannt werden, da eine Gleichschaltung der Lebensläufe nicht im Interesse einer verantwortungsbewussten Gesellschaft ist. Heterogenität und Pluralität müssen als förderungswürdig erkannt und real anerkannt werden!

4. Hochschulfinanzierung sicherstellen
Der Bund muss finanziell Verantwortung übernehmen und die Ausfinanzierung der Hochschulen sicherstellen. Eine Einflussnahme durch externe Geldgeber und wettbewerbsorientierte Mittelvergabe müssen verhindert werden.

5. Freie Masterzulassung
Vielfach können Studierende ihr Studium nicht mit einem Master-Abschluss erfolgreich beenden, sie fliegen nach dem Bachelor raus. Es müssen genügend Kapazitäten in Masterstudiengängen geschaffen werden.

6. Demokratische Studienreformdebatte statt Expertenklüngel
Insgesamt kann eine erfolgreiche Studienreform nur unter Beteiligung der Betroffenen realisiert werden. Insofern müssen an den Hochschulen demokratische Entscheidungsstrukturen unter Beteiligung der Studierenden etabliert werden. Mit Externen besetzte Aufsichtsräte sind abzuschaffen.

7. Bundeshochschulgesetz
Diese und weitere Mindeststandards müssen in Form eines Bundeshochschulgesetzes festgeschrieben werden, da der Bildungsföderalismus eine Studienreform zum Scheitern verurteilt.