Gegen die Kürzungspolitik in Niedersachsen und anderswo

2) Der fzs fordert die Hochschulleitungen auf, sich solidarisch untereinander zu verhalten und der Kürzungspolitik entgegenzuwirken. Die Hochschulleitungen müssen konstruktiv nach Konzepten suchen, sich gemeinsam den forcierten Verteilungskämpfen zu widersetzen.

3) Der fzs erklärt sich solidarisch mit den Studierenden der Universität Hildesheim. Der fzs fordert vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen, daß die Interessen der Studierenden, die an der Universität Hildesheim studieren möchten, gewahrt werden. Ein „Tod auf Raten“, verursacht durch Kürzungen und Rufmordkampagnen, ist bildungspolitisch verantwortungslos und muß unterbunden werden.

Zu 1) Mit Hilfe des „Strukturkonzeptes zur Konsolidierung des Landeshaushaltes“ hat das Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) Niedersachsen die vom Land vorgegebenen Kürzungsmaßnahmen an die Hochschulen weitergeleitet. Das Ministerium entfacht mit Hilfe dieses Konzeptes Verteilungskämpfe unter den Hochschulen, die sich nun in Konkurrenz um die vorhandenen finanziellen Mittel gegenseitig ausstechen müssen. Das MWK macht sich die Kürzungspolitik des Landes zunutze, indem es unter dem Vorwand des „Sparenmüssen” unpopuläre Strukturveränderungen als Sachzwang darstellt. Statt langfristiger Studienplatzsicherung durch Personalfinanzierung investiert das MWK in punktuelle Projektförderung. Das MWK verlangt von der Universität Hildesheim, daß sie eine Profilbildung vorantreibt. Profilbildung an sich ist wertneutral, jedoch der Druck, nur durch bestimmte Profilbildung Mittel zu erhalten, führt in Hildesheim dazu, daß versucht wird, Profile entsprechend der eventuell dafür bereitgestellten Mittel zu bilden. Tatsächlich autonome Universitätsentscheidungen kommen so gar nicht erst zustande. Eine Bildungspolitik, die sich als oberste Priorität Küjzungen im Bildungsbereich statt Verbesserung der Lehre und Forschung setzt, geht an den Bedürfnissen der Studierenden vorbei.

Zu 2) Der fzs kritisiert die angesichts der Kürzungspläne der‘ niedersächsischen Landesregierung durchweg unsolidarische Haltung der niedersächsischen Hochschulleitungen untereinander. Anstatt eine kritische Stellung gegen die Kürzungspolitik des Landes zu beziehen und diese auch öffentlich zu vertreten, machen sich die Hochschulleitungen zu BefehlsempfängerInnen, welche die von der Landesregierung initiierten Verteilungskämpfe brav ausführen, obwohl sie sie selbst nicht für sinnvoll halten.

Anstatt solidarisch mit den anderen Hochschulleitungen nach sinnvollen Veränderungen zu streben, beweisen die Hochschulleitungen, daß sie bereit sind, sich kritiklos in eine Wettbewerbssituation zu begeben, die einem gemeinsamen Bildungsziel abträglich ist. So gab es von der Universitätsleitung in Hildesheim keinen ernsthaften Versuch, Verbündete unter den anderen Hochschulen zu finden. Ein anderes Beispiel stellt der „Auszug der Göttinger Professoren“ dar, die allein gegen Sparmaßnahmen an ihrer Universität demonstrierten, sich aber nicht um Solidarität mit anderen Universitäten bemühten.

Argumente aus Hochschulleitungen laufen an den niedersächsischen Hochschulen, inklusive Hildesheim, immer darauf hinaus, daß ja gespart werden müßte, aber gefälligst bei den anderen. Da die Ministerin Schuchardt keinen Zweifel darüber läßt, daß der Teil des Geldes, den Hildesheim nicht einsparen würde, den übrigen Hochschulen abgezogen wird, wenden sich inzwischen die übrigen Hochschulleitungen gegen Hildesheim. Darüberhinaus werben diese Hochschulen Professorinnen (v.a. der Informatik) aus Hildesheim ab. So wird die Universität durch personelle Abwanderung zersetzt und ihre Position weiter geschwächt.

Zu 3) Die Universität Hildesheim ist seit der Veröffentlichung des „Strukturkonzeptes zur Konsolidierung des Landeshaushaltes“ massiven Angriffen ausgesetzt. Im Rahmen dieses Strukturkonzeptes sieht Ministerin Schuchardt vor, daß an der Universität Hildesheim aufgrund eines angeblichen Überangebotes an Informatik in Niedersachsen der Fachbereich IV geschlossen werden soll. Das entspricht einer Kürzung von 25%. Aufgrund der Größe der Universität Hildesheim (3800 Studierende) wirkt sich der Wegfall eines Fachbereiches stärker aus als an anderen Universitäten. Dies ist der Ministerin durchaus bewußt. Anfängliche Überlegungen sahen vor, die Universität komplett zu schließen. Das hätte jedoch zu diesem Zeitpunkt nur unter großem Prestigeverlust des Ministeriums stattfinden können. Durch gezielte Diffamierung der Qualität der Forschung und Lehre der Universität durch das Ministerium und verschiedene Hochschulleitungen wurde Rufmord betrieben. So sollte erreicht werden, daß sich keine Studierenden mehr in Hildesheim einschreiben und ausgeschriebene Stellen nicht besetzt werden. Im Vergleich zu den 25%“Sparleistung“ Hildesheims müssen z.B. die Universität Lüneburg 2% und die meisten anderen niedersächsischen Universitäten ca. 10% erbringen. Unter der Voraussetzung solch intensiver Kürzungsmaßnahmen kann die Absicht einer schleichenden Schließung nicht übersehen werden. Auch die Möglichkeit einer konkreten Schließung besteht weiterhin. Aus dem momentanen Verhalten des Ministeriums läßt sich eine Verschleierungstaktik ersehen, da ständig neue sich widersprechende Vorschläge für eine Profilbildung der Universität Hildesheim auftauchen.

Beschlossen auf der 4. MV in Hildesheim, November 1995