Public Private Partnership

Allgemein

Für einen ersten Überblick über die laufenden Diskussionen und als Einstieg bieten sich die folgenden Dokumente an:

  1. Public Private Partnership. Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft
  2. Hierbei handelt es sich um die Zusammenfassung der Materialien eines Workshops des Hochschulinformationssystems (HIS), der im Mai 2002 in Hannover durchgeführt wurde. Eine relative neutrale Einführung in das Thema bietet der einleitende Text von Dr. Bernhard Vogel (HIS Hannover und Verantwortlicher für PPP). Er stellt verschiedene Kooperationsformen dar, erläutert den Hintergrund und nennt einige Chancen und Risiken.

  1. Fundraising, Sponsoring, Public Private Partnership. Instrumente des strategischen Beschaffungs-Marketings für Hochschulen
  2. Eine Zusammenstellung von Materialien für einen CHE Hochschulkurs, der im Juni 2001 an der FU Berlin durchgeführt wurde. Schon anhand des Titels lässt sich ablesen, dass hier eine Höchststufe von Verwertbarkeit und Kommerzialisierung der Wissenschaft vorausgesetzt wird, was dadurch beim Lesen, sicherlich vom CHE unbeabsichtigt, einem fast automatisch die Kritikpunkte vor Augen führt.

  1. Wegweiser der Wissensgesellschaft. Zur Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen
  2. Eine gemeinsame Empfehlung der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) (Juli 2003). Unter Punkt VIII „Wissenstransfer“ wird auf Public Private Partnership eingegangen. Die Notwendigkeit von PPP wird unter anderem auch mit dem Wettbewerbsdruck der Unternehmen begründet, die auf eine „schnelle Umsetzung von neuem Wissen“ angewiesen sind.

Was ist überhaupt Public Private Partnership?

Allgemein bezeichnet man als Public Private Partnership (PPP) eine Kooperation zwischen einer öffentlichen und einer privaten Institution. Auch im Hochschulbereich sind Kooperationsformen prinzipiell nichts wirklich Neues. Schon seit längerem gibt es Auftragsforschung, Pflichtpraktika für Studierende, Verbundforschung etc. Neu sind nun aber zwei Punkte:

  1. 1. Mehr und intensivere Kooperationsformen
  2. 2. Neue rechtliche Rahmenbedingungen

Beide Punkte gehören zusammen. Durch neue Regelungen in den Landeshochschulgesetzen geht der allgemeine Trend hin zu einer Hochschulautonomie, die sich im wesentlichen darauf reduziert, dass Hochschulen untereinander in einen wie auch immer gearteten Wettbewerb treten sollen. Dies wird als Element einer „Hochschulreform“ verstanden, da es dadurch automatisch zu Profilierung z.B. durch stärkere „Kundenorientierung“ kommt. Dazu gehört auch das Recht bzw. besser die Pflicht, private Mittel einzuwerben. Zwar wird weiterhin dargestellt, dass die staatliche Finanzierung der Hochschulen gewährleistet bleibt. Fakt ist jedoch, dass Hochschulen schon längst auf diesen privaten „Zuverdienst“ angewiesen sind. So sind beispielsweise zahlreiche Ziel- und Leistungsvereinbarungen an den Drittmittelerwerb geknüpft. Die Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft verstärkt sich. Public Private Partnership wird dabei als „neues Erfolgsmodell“ gefeiert.

Von HIS ist Public Private Partnership wie folgt definiert:

„Public Private Partnership ist eine institutionalisierte Form der Kooperation zwischen öffentlichen und privaten Partnern, bei der beide Seiten Ressourcen einbringen, um komplementäre Ziele zu erreichen.“

Das bedeutet:

  • Institutionalisierung der Zusammenarbeit in verschiedenen Kooperationsformen, die im Normalfall langfristig angelegt ist.
  • Gemeinsame Nutzung von Ressourcen, die von beiden Seiten eingebracht werden nach vereinbarten Regeln.
  • Identitätswahrung bei Verfolgung eines oder mehrerer Ziele mit sowohl öffentlichem als auch kommerziellem Charakter.

Organisation von Public Private Partnership

Die Kooperationsformen bei Public Private Partnership unterscheiden sich nach HIS je nach dem Grad der Formalisierung sowie nach der Kooperationstiefe. Die einfachste Form ist ein informelles Netzwerk, bei dem ohne näher definierte Absprachen, oft auch nur kurzfristig, zusammen gearbeitet wird. Andere Möglichkeiten sind, Rahmenverträge zu schließen, ein bestimmtes Projekt aufzugreifen und hierzu eine Zusammenarbeit zu starten, einen Verein zu gründen oder unselbständige oder selbständige Forschungseinrichtungen neu zu gründen. Bei dieser Auflistung sowie der obigen Definition wird deutlich, dass es sich bei den traditionellen Formen von Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft häufig noch nicht um PPP Kooperationen handelt. Bei Auftragsforschung oder ähnlichem ist nämlich normalerweise keine institutionalisierte langfristige gemeinsame Arbeit vorgesehen.

Win-Win Situation?

Public Private Partnership wird häufig als Kooperationsform dargestellt, von der beide Parteien profitieren. Zum einen wird dabei der inhaltliche Aspekt genannt. („Wissensproduktion und Anwendung von Wissen wachsen immer stärker zusammen“). Dann wird eine gemeinsame Ressourcennutzung als effizienter angesehen. Außerdem hofft man auf Synergiepotentiale. Schließlich ist auf beiden Seiten, die Hoffnung auf finanziellen Nutzen vorhanden.

Diskussionspunkte, die allgemein angesprochen werden, sind meist relativ oberflächliche Kritikpunkte, die häufig im gleichen Atemzug als unbegründet wieder zurückgenommen werden.

  • Gewinnorientierung ist mit Gemeinwohlorientierung nicht vereinbar
  • Die Mischfinanzierung sorgt für fehlende demokratische Kontrolle der öffentlichen Gelder
  • Die Organisationskulturen sind zu verschieden, um sinnvoll kooperieren zu können

Thesen zur weiteren Diskussion

Die Kritik bei Public Private Partnership sollte man sich nicht nur auf die oben dargestellten offensichtlichen Bedenken beschränken, sondern das dahinterstehende Wissenschaftsbild und die daraus entstehenden Konsequenzen betrachten. Die folgenden Punkte sind zur Diskussionsanregung gedacht und stellen keine Positionierung dar.

Public-Private Partnership führt zu einem Wettbewerb, der Hochschulautonomie einschränkt.

Dem aktuellen Hochschulleitbild, wie es unter anderem von der KMK, der HRK oder dem CHE vertreten wird, liegt ein Verständnis von Hochschulautonomie zugrunde, das einen uneingeschränkten Wettbewerb voraussetzt. Anstelle eines Abbaus bürokratischer Regelungen und mehr Eigenverantwortung in Kombination mit einer klaren Rahmengesetzgebung, soll statt dessen der Marktmechanismus auf den Bildungsbereich übertragen werden. Hochschulautonomie bedeutet in diesem Sinne, dass sich die Hochschulen nicht nur in Konkurrenz um „die besten Köpfe“, sondern auch um die höchsten privaten Mitteleinwerbungen begeben sollen. Dazu gehört dann auch, dass Finanzierungsoptionen wie z.B. Studiengebühren nicht mehr ausgeschlossen werden. Im gesamten betrachtet führt das zu einer Entwicklung von „Elitehochschulen“, die ihr Fächerangebot nach wirtschaftlichen Kriterien einschränken, sich ihre Studierenden aussuchen und für ihre „Leistungen“ bezahlen lassen. Durch solch eine Art von uneingeschränktem Wettbewerb ist es für zahlreiche kleinere Hochschulen oder Hochschulen in infrastrukturell benachteiligten Gebieten, nicht möglich mitzuziehen.

Folgen:

  • Entwicklung von Eliteuniversitäten nach dem Motto „Stärkung der Starken“
  • Verschlechterung der Situation in infrastrukturell schwachen Regionen
  • Einschränkung des Föderalismus
  • Rückzug des Staates aus seiner (finanziellen) Verantwortung

Public-Private Partnerships führen zu einer Wissenschaft, die anwendbares und schnell verwertbares Wissen „produzieren“ sollen.

Mit Public Private Partnership stellt sich nicht nur die Befürchtung nach Privatisierung in dem Sinne, dass der private Sektor den öffentlichen Sektor „aufkauft“. Vielmehr geht es um eine Gesamtökonomisierung der Hochschulen. In der aktuellen Situation zeigt sich, dass selbst private Hochschulen staatlicher finanzieller Unterstützung bedürfen. Das Potential für privates Engagement in den vorhandene Bildungsinstitutionen ist also nicht so hoch wie häufig dargestellt. Diese These bestätigt sich auch anhand aktueller Zahlen: Den privaten Investitionen in Bildungseinrichtungen von gerade mal 2% der gesamten Bildungsausgaben standen 2001 direkte FuE Investitionen (Bereich Forschung und Entwicklung) von mehr als 60 Milliarden Euro gegenüber (Zum Vergleich: Die staatlichen Ausgaben für Bildung beliefen sich 2001 auf nur knapp 18 Milliarden Euro). Dem privaten Sektor geht es also weniger darum, den öffentlichen Bereich aufzukaufen, sondern darum, im öffentlichen Sektor eine Umorientierung in der Art zu erreichen, dass Wissen schnell und fertig zur Anwendung produziert wird. Public Private Partnership Projekte bieten hierbei die Möglichkeit, sich gewissermaßen in den laufenden Hochschulbetrieb einzuklinken und private Interessen durch staatliche Mittel zu erhalten. Dadurch kann man bei den eigenen Investitionen in FuE sparen. Die Hochschulen, die aufgrund der angeblich leeren Kassen mehr und mehr auf diese privaten Kooperationen zur Mitteleinwerbung angewiesen sind, werden zu dieser Umstrukturierung hin zu verwertbarem Wissen gezwungen. Das ist eine Einschränkung der Wissenschaft und ist damit das Gegenteil einer sinnvollen Politik, die in Zukunft „investiert“. Eine demokratische Kontrolle staatlicher Gelder ist nicht mehr gewährleistet.

Folgen:

  • Einschränkung der Fächervielfalt
  • Verzicht auf Grundlagenforschung und damit fehlende Entwicklungsperspektive
  • Verstärkte Leistungsorientierung auch in der Lehre

Public-Private Partnerships führen zu Hochschulen, die sich nach dem Muster von Wirtschaftsunternehmen, u.a. durch „effizientere Leitungsstrukturen“, auszeichen.

Um bei der Einwerbung privater Mittel erfolgreich zu sein, wird an Hochschulen der Anspruch gestellt, interne Organisationsstrukturen sicherzustellen, die klare Verantwortlichkeiten benennen und eine schnelle Entscheidung und Kontrolle möglich zu machen. Durch die Einrichtung von Public Private Partnership Projekten wird diese Forderung verstärkt. In der Regel führt das zu einer Stärkung der Leitungsebene, was faktisch eine Entdemokratisierung der Hochschulen bedeutet. Ganz bewusst wird mehr und mehr darauf verzichtet, alle Statusgruppen in einen Entscheidungsprozess einzubeziehen. Dies führt zu einer Wissenschaft, die weder fundiert ist, noch ihre gesellschaftlichen Konsequenzen reflektiert. Dazu passt, dass Studierende zu KundInnen werden sollen, anstatt ihre Verantwortung im Prozess der Wissensgestaltung aktiv wahrzunehmen. Die damit verbundene Leistungsorientierung wird den Wettbewerb auch beim Hochschulzugang verschärfen. Für die gesellschaftliche Entwicklung bedeutet das einen Rückgang des Bildungsniveaus insgesamt. Speziell der Zugang für finanziell Schwächere zu Bildung wird sich erschweren. Die Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert sich. Ein Studium können sich nur noch wenige leisten.

Folgen:

  • Unkontrollierbare Wissenschaft und fehlendes Verantwortungsbewusstsein
  • Einschränkungen beim Hochschulzugang und damit Absenkung des Bildungsniveaus

Gerade angesichts einer sich mehr steigernden Schnelllebigkeit wäre es wichtig, Kontrollmechanismen an den Hochschulen nicht auszuhebeln. Die Verantwortung der Wissenschaft müsste stärker in das gesellschaftliche Bewusstsein gerückt werden.