Der Staat ist maßgeblich verantwortlich für die Finanzierung der Hochschulen, er trägt weit über 90 Prozent der Hochschulausgaben ohne Ausbildungsförderung und Forschung. Gleichzeitig sind die Hochschulen in Deutschland seit Jahrzehnten unterfinanziert. Seit über 20 Jahren würden die Hochschulen das Doppelte der ihnen zur Verfügung stehenden Mittel benötigen, um die Studierenden sinnvoll betreuen zu können. Der Trend zur Unterfinanzierung hat sich jedoch in den vergangenen Jahren noch verschärft: der Anteil der öffentlichen Ausgaben für Hochschulen bezogen auf das BIP hat sich von 1,08 Prozent im Jahr 1975 auf unter 0,9 Prozent in den 90er Jahren gesenkt. Auch im internationalen Vergleich gibt die BRD relativ wenig Geld für Bildung aus. Die Gesamt-Bildungsausgaben lagen in Deutschland bezogen auf das Jahr 2000 bei 5,3 Prozent am BIP, in vielen anderen vergleichbaren Staaten, wie z.B. Frankreich, die USA oder Schweden liegen sie teils deutlich höher. Für diesen Trend sind zwei Gründe auszumachen, die aber schwerlich getrennt voneinander zu betrachten sind: Die Unterfinanzierung kann – wie oftmals angeführt – nicht allein auf die schlechten finan- ziellen Rahmenbedingungen des Staates zurückgeführt werden, vielmehr handelt es sich um (fehlende) politische Prioritätensetzung und einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Bildungs- und Hochschulpolitik, der die finanzielle Unterausstattung der Hochschulen unter „Effizienzkriterien“ sogar noch unterstützt. Die finanziellen Rahmenbedingungen haben sich durch eine Steuersenkungs- und Entlastungspolitik kontinuierlich verschlechtert. Besonders fatal ist, dass durch Entlastung der Besserverdienenden gleichzeitig eine Umverteilungspolitik von unten nach oben stattfand. Er ist also finanziell nicht (mehr) in der Lage, die Hochschulen angemessen zu finanzieren.
Bildungspolitik als Standortfrage
In den vergangenen Jahrzehnten hat in Deutschland ein grundlegender Paradigmenwechsel in der Bildungs- und Hochschulpolitik stattgefunden. Lauteten Bildungspolitische Ziele im Jahr 1970 noch „[. . . ] ein demokratisches, leistungs- und wandlungsfähiges Bildungssystem [zu schaffen], das jedem Bürger von der Vorschulerziehung bis zur Weiterbildung zu seiner persönlichen, beruflichen und politischen Bildung offen steht [. . . ]“ (Bildungsbericht der Bundesregierung 1970), erfolgt Bildungspolitik heute fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der ökono- mischen Verwertbarkeit bzw. an Hand von rein betriebswirtschaftlichen Erwägungen. Noch in den 1970ern galt (Hochschul- )Bildung als (soziales) Recht, mit dem das Individuum seine Persönlichkeit frei entfalten, am materiellen Wohlstand teilhaben und an der Gesellschaft demokratisch partizipieren lernen sollte. Wer heute Ziele wie die Stärkung der Demokratie oder gar Emanzipation einfordert, wird bestenfalls ins Lager der bildungsromantischen Alt- 68erInnen verwiesen. Oberstes bildungspolitisches Ziel (und eigentlich Konsens quer durch fast alle politischen Lager) ist es, möglichst viele junge Menschen möglichst gut zu qualifizieren um sie damit auf das Berufsleben vorzubereiten. Bildungspolitik wird zur Standortfrage, wie Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn im Januar 2004 an der Humboldt- Universität in Berlin ausführte: [. . . ]wir setzen auf eine vorausschauende Innovationspolitik, die unter Einbeziehung von Wissenschaft und Wirtschaft auf die zukünftigen Märkte ausgerichtet ist. Nur wer frühzeitig die Potenziale neuer Technologien und ihre möglichen Anwendungsfelder erkennt, kann seine Innovationspolitik auf den wirksamsten Beitrag konzentrieren. Gefördert wird, was Fortschritt und Arbeit schafft! Der Staat kann und will nicht festlegen, was sich auf den Märkten der Zukunft verkauft. Wir können nur gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft Felder ermitteln, die eine hohe Chance haben, die Innovationen von morgen zu liefern. Wir fokussieren die Projektförderung des BMBF deshalb konsequenterweise auf Technologien, die neue Wachstumsfelder erschließen und auf Basistechnologien, die als Wachstumstreiber 50 in vielen Branchen wirken, das heißt auf Technologien mit einer großen Hebelwirkung für Wachstum und Beschäftigung. Kurz, wir fördern das, was Fortschritt und Beschäftigung schafft! [. . . ]“ Noch deutlicher formulierte es das BMBF unter der Leitung von Jürgen Rüttgers (CDU): „Ziel der Reform des deutschen Hochschulsystems ist es, durch Leistungsorientierung und durch die Schaffung von Leistungsanreizen Wettbewerb und Differenzierung zu ermöglichen sowie die internationaleWettbewerbsfähigkeit der Hochschulen für das 21. Jahrhundert zu sichern.“
Die Hochschulen sollen also durch Lehre und Forschung zur Sicherung des Standorts Deutschland beitragen, sie sollen (wirtschaftlich verwertbare) Innovationen sowie möglichst hoch qualifizierte HochschulabsolventInnen für den Arbeitsmarkt im Sinne der „Employbility“ „produzieren“. Somit sind politische Maßnahmen, die in diesem Sinne zur „Effizienzsteigerung“ des Hochschulsystems beitragen keineswegs nur den (vermeintlich) knappen öffentlichen Haushalten geschuldet, sie dienen vielmehr dazu, die Hochschulen tatsächlich zu „Dienstleistungsbetrieben“ für die eigene Volkswirtschaft zu entwickeln: staatliche Mittelkürzungen, Profilbildung, „leistungsbezogene“ Mittelverteilung und die Einführung von Globalhaushalten sind keineswegs einzelne und unkoordinierte Maßnahmen der BildungsminsterInnen, um die Hochschulen mit knapper werdenden öffentlichen Mitteln am Leben zu erhalten, sie allesamt sollen die Hochschulen möglichst leistungsfähig machen und in einen Wettbewerb um die besten „Produkte“ eintreten lassen.
Unter dem Leitbild der Hochschule als Dienstleistungsunternehmen wird es selbstverständlich immer schwieriger, höhere öffentliche Ausgaben für diesen Bereich zu rechtfertigen, ist es doch bildungspolitischer Konsens, die vorhandenen knappen Ressourcen möglichst effizient einzusetzen. Trotzdem – auch das ist bildungspolitischer Konsens – wird von allen Seiten ein mehr an staatlichen Mitteln für die Hochschulen eingefordert. Hierzu wird ausschließlich ökonomisch argumentiert: Investitionen in Bildung sind auch Investitionen in die Zukunft der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft. Nur eine gut ausgebildete Gesellschaft kann die entsprechenden Innovationen hervorbringen, die für ein wirtschaftliches Wachstum sorgen.
Bildung kann die Gesellschaft dazu befähigen, den sozialen und ökonomischen Strukturwandel zu bewältigen. Es geht also im Kern um die Übernahme des Humankapital-Konzepts, nach dem Ausgaben für Bildung gut sind für die wirtschaftliche Entwicklung. Diese Argumentation kann aber allein nicht Grund für ein hohes staatliches Engagement in der Hochschulfinanzierung sein. Es ließe sich nämlich entgegensetzen: Es ist nicht ein Mehr an finanziellen Mitteln notwendig, die vorhandenen müssen nur effizienter eingesetzt werden, viele Mittel sind fehlgeleitet (z.B. AkademikerInnen-Arbeitslosigkeit vs. FacharbeiterInnen-Mangel) Es ist fraglich, ob zusätzliche finanzielle Mittel tatsächlich zu einer größeren Qualität im Sinne der „Employbility“ im Verhältnis zur Kostensteigerung führen: Ob ein Seminar von 20 oder 30 Studierenden besucht wird, dürfte für die Qualität der Ausbildung zwar Auswirkungen haben, es liegt aber keineswegs eine gleich bleibend ansteigende Qualität der Lehre vor (Grenznutzen). Demnach wäre es ein rein ökonomisches Kalkül, ob die zusätzlichen Mittel „lohnend“ sind.
Bildungsfinanzierung als gesellschaftspolitische Frage
Wenn also der Sinn einer staatlichen Finanzierung der Hochschulen allein durch den Nutzen von Hochschulbildung für den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ reduziert wird, ist ebendiese staatliche Finanzierung zumindest leicht in Frage zu stellen. Aus Sicht des fzs liegen jedoch zahlreiche weitere Gründe für eine hohe staatliche Verantwortung bei der Hochschulfinanzierung vor: Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche oder Staatliche Aufgabe. Ein genereller Ausschluss von Personenkreisen, durch welche Kriterien auch immer, ist deshalb politisch nicht zu vertreten. Der Nutzen von Bildung wird zudem nicht durch weitere NutzerInnen gemindert. Vielmehr kann der Nutzen z.B. durch den Austausch sogar noch erhöht werden. Eine künstliche Verknappung, z.B. durch NCs, ist daher kontraproduktiv und schränkt den Zugang auf politisch nicht zu vertretende Weise ein. Der fzs betrachtet Bildung explizit als ein öffentliches Gut, das sich durch Nicht-Ausschließbarkeit und Nicht-Rivalität auszeichnet. Es liegt auf der Hand, dass der Ausschluss bestimmter Personenkreise von diesem Gut politisch nicht vertretbar ist. Es ist ebenso nicht von der Hand zu weisen, dass der Nutzen der/des eineN KonsumentIn nicht dadurch gemindert wird, dass es weitere Konsumenten nutzen. Vielmehr kann der Nutzen z.B. durch den Austausch sogar noch erhöht werden. Die Nicht- Rivalität wird jedoch dann aufgehoben, wenn das öffentliche Gut Bildung künstlich verknappt wird. Dies ist dann jedoch eine politische Entscheidung. Bildung ist als ein meritorisches Gut zu sehen, welches bei privater Finanzierung nicht im gesellschaftlich ausreichenden Maße nachgefragt würde. Der fzs hält ein hohes Bildungsniveau für gesellschaftlich notwendig, daher darf das Gut Bildung nicht durch eine Privatisierung verknappt werden. Bildung ist für den gesellschaftlichen (und nicht nur wirtschaftlichen) Fortschritt von herausragender Bedeutung. So dürfte kaum bezweifelt werden, dass neue medizinische Behandlungsmethoden (oder aber auch die Ausbildung von ÄrztInnen) zum Wohle der Gesellschaft sind und nicht den Profit-Interessen einzelner unterliegen dürfen. Bildung ist für die Emanzipation des Individuums von herausragender Bedeutung. Sie dient dazu, dass junge Menschen lernen, sich selbstbewusst in die Gesellschaft zu integrieren und einzubringen. Daher ist Bildung für Demokratie notwendig. Bildung ist für die Erreichung von Chancengleichheit des Individuums in der Gesellschaft von herausragender Bedeutung. Nur wer umfassend gebildet ist, hat die Chance zur gleichen Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt. Letztlich ist das Bildungs- und Hochschulsystem auch ein Arbeits- und Lebensraum für viele Millionen Menschen. Ausgaben für das Bildungssystem bedingen damit auch die aktuellen Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Menschen. Es liegen also abseits rein ökonomischer Argumentationen weitere, vor allen Dingen politische Gründe für eine staatliche Finanzierung der Hochschulen vor. Letztlich sind es Ziele, die in einem politischen Diskurs entwickelt werden müssen und eben nicht nur einer standortpolitischen Notwendigkeit entspringen. Daher muss aus Sicht des fzs auch eine politische Diskussion über Ziele von Bildungspolitik geführt werden – grundsätzlich und fern des angeblichen Sachzwangs der leeren Kassen. Die in diesem politischen Diskurs gefundenen bildungspolitischen Ziele müssen dann auch umgesetzt werden. Politik darf sich nicht daran orientieren, möglichst viele Sparmaßnahmen zu realisieren, d.h. die politischen Ziele an der Finanzlage zu orientieren. Politik bedeutet, Ziele zu definieren und darauf die Instrumente der Finanzierung auszurichten. Sonst macht sich Politik letztlich selbst überflüssig.
Die finanzielle Basis sicherstellen
Die Finanzierung der Hochschulen durch Grundmittel erfolgt im in Deutschland über die Bundesländer. Die Länder erhalten ihre finanziellen Mittel zum einen aus den Einnahmen der Einkommenssteuer, die jedeR ArbeitnehmerIn und auch Personengesellschaften bezahlen. Hiervon gehen etwa 42,5% an die Länder. An der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) partizipieren die Länder mit 50,4%. Dazu kommen noch 50% der Mittel aus der Körperschaftsteuer, die Kapitalgesesellschaften auf ihre Gewinne zahlen.
Es ist in der Tat nicht abzustreiten, dass sich die finanzielle Basis der Länder in den vergangenen Jahren verkleinert hat. Dies liegt zum einen in der derzeitigen Rezession begründet, durch die Steuereinnahmen wegbrechen, zum anderen aber auch in der Steuerpolitik der vergangenen Jahrzehnte.
Dabei ist in den vergangenen Jahren – quer durch (fast) alle politischen Lager – ein angebotsorientierter finanz- und wirtschaftspolitischer Grundkonsens vorhanden, der aber nicht etwa zu den versprochenen Effekten wie Mehrbeschäftigung geführt hat, sondern lediglich die öffentlichen Kassen erheblich belastet sowie die Besserverdienenden erheblich entlastet hat.
Im Rahmen der Reform der Einkommenssteuer wurden sowohl der Einkommensfreibetrag erhöht, als auch der Eingangs- sowie der Spitzensteuersatz gesenkt. Durch diese Maßnahmen – so die in der Öffentlichkeit kommunizierten Ziele der „großen Koalition“ – soll der wirtschaftliche Aufschwung, der dann eben auch zu einer größeren Einnahmenbasis des Staates führen würde, angebots- und nachfrageseitig unterstützt werden: Die Reicheren würden nur durch die Senkung des Spitzensteuersatzes entlastet, die Ärmeren durch die Senkung des Eingangssteuersatzes bzw. die Erhöhung des Einkommensfreibetrags. Diese Darstellung ist aber aus Sicht des fzs grundlegend falsch. Vielmehr ist es Tatsache, dass durch ebendiese Steuerreform die SpitzenverdienerInnen gleich dreifach entlastet wurden. Auch die (aus nachfrageorientierten Gründen sicherlich wünschenswerte) Senkung des Eingangssteuersatzes kommt durch das System des Grenzsteuersatzes den SpitzenverdienerInnen zu gute. Und auch für den Einkommensfreibetrag müssen weder ArbeiterIn noch KonzernmanagerIn Steuern zahlen. Die Folge für den Staat sind Steuerausfälle von rund 20 Milliarden Euro.
Unter anderem durch die Tarifsenkung von 40 auf 25 Prozent bei der Körperschaftssteuer fließen dem Staat rund 24 Milliarden Euro weniger zu. Zusätzlich hat durch die Umstellung auf das Halbeinkünfte-Verfahren eine massive Umverteilung stattgefunden. Wurden Unternehmensgewinne vor der Reform im wesentlich individuell besteuert, d.h. die Höhe der Steuern an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Einzelnen festgesetzt, werden durch das neue Steuersystem vor allen Dingen SpitzenverdienerInnen und Unternehmen (durch höhere Zinseinkünfte) entlastet. Die bereits 2001 durchgeführte Körperschaftssteuereform hat bislang ihre versprochene Wirkung verfehlt: Weder ist ein nennenswertes Wirtschaftswachstum, noch eine Verringerung der Arbeitslosigkeit festzustellen. Ebenso überschlagen sich jährliche Meldungen über neue Rekordhöhen des Staatsdefizits. Ebenso ist es zweifelhaft, ob die zum 1.1.2005 einsetzende Einkommenssteuerreform tatsächlich zu den gewünschten Resultaten führen wird. Nach einer kapitalistischen Grundregel hängt der Profit der Unternehmen im Wesentlichen von ihren eigenen Investitionen ab. Die Bereitschaft zu Investitionen ist aber nur dann vorhanden, wenn auch ein entsprechender Absatz ihrer Produkte zu erwarten ist. Heute nehmen viele Unternehmen keine Schulden auf, um Investitionen zu erhöhen, sondern legen ihre Gewinne am Kapitalmarkt an. Die Folge ist eine sinkende Nachfrage nach Investitionsgütern, die Profite steigen damit kurzfristig tatsächlich weniger stark an. Wenn die Unternehmen nun weniger Profite erzielen, ist es leicht nachvollziehbar, dass aus ihrer Sicht die Löhne gesenkt werden müssen bzw. andere Entlastungen herbeigeführt werden. Erfolgt dies, steigen die Profite zwar, aber der Konsum geht zurück, d.h. die Nachfrage nach Gütern geht ebenso zurück. Folglich werden Unternehmen bei sinkender Nachfrage wahrscheinlich weiter die Investitionen zurücknehmen, weil der Nachfragerückgang wegen Konsumrückgangs die Gewinnaussichten stärker trübt, als der Rückgang der Löhne die Gewinnerwartungen erhöht, so dass es letztlich wegen Investitionseinschränkung keine Profitsteigerung gibt. Der Staat jedoch kann dagegen wegen der vollständigen Nachfragewirksamkeit seiner Einnahmen zu einer erhöhten Nachfrage beitragen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Private fast niemals sämtliche Einnahmen für ihren Konsum ausgeben, sondern einen gewissen Teil sparen. Dieser Anteil steigt tendenziell mit der Höhe der Gesamteinnahmen, es ist empirisch nachweisbar, dass Privathaushalte mit geringerem Einkommen eine höhere Konsumquote aufweisen als Privathaushalte mit höherem Einkommen. Daher kann der Staat durch 195 eine Erhöhung der Steuern zu einer erhöhten Gesamtnachfrage beitragen. Der fzs sieht folglich in der Steuerpolitik ein zentrales Instrument zur Steuerung staatlicher Ausgaben. Durch die Steuereinnahmen können staatliche Umverteilungsmechanismen in Gang gesetzt, soziale und öffentliche Aufgaben finanziert und Hilfen zur Selbsthilfe in so genannten Entwicklungsländern realisiert werden.
Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften weist das Argument der leeren öffentlichen Kassen als Politikbegründung zurück. Wahr ist vielmehr: Deutschland ist als Volkswirtschaft so reich wie nie zuvor, d.h., der öffentlichen Armut steht ein immenser privater Reichtum gegenüber. Der Staat muss nun dafür sorgen, dass diese privaten Mittel teilweise wieder in öffentlichen Besitz kommen, um so die notwendigen und gesellschaftlich gewünschten öffentlichen Aufgaben ausreichend zu finanzieren. Nur der Weg über eine solidarische Steuerpolitik kann kurzfristig zum Umlenken beitragen. Eine dieser öffentlichen Aufgaben ist die Bereitstellung eines gebührenfreien, qualitativ hochwertigen und durch staatliche Transfers an weniger Vermögende unterstütztende Bildungssystem. Der fzs orientiert sich an einem Steuersystem, dass seine Grundlagen im Leistungsfähigkeitsprinzip findet: Wer viel verdient oder große Vermögen besitzt, der/die muss über eine progressive Besteuerung überproportional zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben beitragen. Daneben muss das Steuersystem möglichst klar strukturiert sein, ohne zu Lasten der Gerechtigkeit zu gehen. Zudem muss bei einem Steuersystem darauf geachtet werden, wer die Last der Steuern trägt.
Einkommensbesteuerung:
Der fzs lehnt sämtliche Flat-Tax oder Stufentarifmodelle ab. Vielmehr gilt es, den progressiven Tarif beizubehalten und auszubauen. Der fzs hält Debatten über die Grenzsteuerbelastung, die angeblich Mehrarbeit arbeitswilliger Personen verhindern, für reine Theorie. In der Realität stellen Menschen weder Grenzsteuerberechnungen an noch haben sie die Wahl, 40 oder eben nur 25 Stunden in der Woche zu arbeiten. Daher ist auch eine Steigerung der Steuerprogression möglich. Die in der Vergangenheit getätigten Reformen des Einkommensteuertarifs haben durch die Senkung von Einkommen- und Spitzensteuersatz zu einer dreifachen Entlastung der SpitzenverdienerInnen geführt. Dies ist nicht hinnehmbar. Daher muss eine wünschenswerte Senkung des Eingangssteuersatzes und Anhebung des Einkommensfreibetrages durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes kompensiert werden. Der fzs fordert daher: Eine Rücknahme der Senkung des Spitzensteuersatzes und mittelfristig die Verlängerung und weitere Anhebung der zweiten Progressionszone.
Zusatzregelungen der Einkommensteuer:
Familienlastenausgleich Der fzs fordert eine sofortige Abschaffung des sogenannten Kinderfreibetrages und des Erziehungsfreibetrages. Dieser wird gewährt, wenn die dadurch entstehende Steuerersparnis größer ist als Kindergeld bzw. Erziehungsgeld und kann daher nur von den SpitzenverdienerInnen in Anspruch genommen werden. Der fzs fordert: Anstatt des Kinderfreibetrages muss jedem Kind ein gleich hoher und stetig zu erhöhendes Kindergeld zustehen. Der fzs lehnt das Ehegattensplitting ab. Der besondere Schutz der Ehe ist historisch überholt. Der fzs setzt sich für eine Finanzierung von Kindern in dem Sinne ein, dass Kinder kein Armutsrisiko mehr sein dürfen. Das Modell der Ehe als Norm für die Besteuerung lehnt er ab.
Unternehmensbesteuerung:
Die Unterscheidung in Kapitalgesellschaften (körperschaftssteuerpflichtig) und Personengesellschaften (einkommensteuerpflichtig) ist sinnlos. Der fzs fordert eine einheitliche Betriebssteuer auf einbehaltene Gewinne. Diese dient der Abschöpfung entgangener Zinsgewinne bei direkter Ausschüttung.
Körperschaftssteuer:
Die einbehaltenen Gewinne sollten einer einheitlichen und proportionalen Betriebssteuer unterworfen werden. Bei den ausgeschütteten Gewinnen lehnt der fzs die Umstellung auf das Halbeinkünfteverfahren, wie rot-grün es vorgenommen hat, ab. Eine Rückkehr zum Vollanrechnungsverfahren ist dringend geboten. Beim Vollanrechnungsverfahren erhält der/die SteuerschuldnerIn die bezahlte Körperschaftssteuer auf einbehaltene Gewinne rechnerisch zurück und muss diese dann mit der (progressiven) persönlichen Einkommensteuer abführen. Die Steuerlast berechnet sich demnach nur nach der persönlichen Einkommensteuer. Beim Halbeinkünfteverfahren wird die Körperschaftssteuer dagegen definitiv abgeführt und der ausgeschüttete Gewinn wird nur noch hälftig mit der persönlichen Einkommensteuer veranlagt. Damit werden SpitzenverdienerInnen besser gestellt. Für den derzeitigen Höchstsatz von 25 % ist das Halbeinkünfteverfahren für alle Personen mit einem persönlichen Einkommensteuersatz größer als 40% vorteilhaft. Diese Bevorzugung von Menschen mit hohem Einkommen lehnt der fzs ab. Die Körperschaftsteuer sollte daher für einbehaltene Gewinne als generelle Betriebsteuer gestaltet werden und ausgeschüttete Gewinne über das Vollanrechnungsverfahren komplett vom dann gesteigerten progressiven persönlichen Einkommensteuersatz erfasst werden. Gewerbesteuer Die Gewerbesteuer ist eine der wenigen Steuern, die mit dem Äquivalenzprinzip und nicht nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip begründet wird. Der fzs spricht sich für eine Revitalisierung der Gewerbesteuer aus. Dazu ist es vor allem nötig, auch Selbständige in die Bemessungsgrundlage einzunehmen. Ferner muss aus Gerechtigkeitsgründen nicht – wie bisher – die Hälfte sondern alle Dauerschuldentgelte zum Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden.
Vermögenssteuer:
Der fzs fordert die Wiedererhebung der Vermögenssteuer. Es ist nicht ersichtlich, warum die Quelle, aus der Vermögen entspringt, nicht steuerbar sein soll. Gerade hier ist in Deutschland eine erhebliche Gerechtigkeitslücke, die geschlossen werden soll.
Erbschaftsteuer / Schenkungssteuer:
KeineR kann etwas für den Reichtum ihrer/seiner Eltern. Der fzs ist langfristig daher für einen großzügigen Freibetrag beim Erbe. Alles über diesen Freibetrag hinausgehende muss hoch besteuert werden und dem Staat zur Verfügung stehen, der es an die nächste Generation verteilt. Kurz- und mittelfristig muss die bestehende Erbschaftsteuer massiv angehoben werden.
Verbrauchersteuern / Konsumsteuern:
Verbrauchersteuern wie die Mehrwertsteuer sind nicht progressiv und entsprechen daher nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Sie sind daher auf ein Minimum zu reduzieren und durch eine stärkere Progression in der Einkommensteuer zu kompensieren. Der fzs ist der festen Überzeugung, dass ein einfaches Steuersystem, das den Grundsätzen 275 der Leistungsfähigkeit entspricht und das ausreichend aufkommensstark ist, umgesetzt werden kann.
Beschlossen auf der 26. MV in Bonn, Oktober 2004