Seit 2003 betreiben das Kultusministerium und das Innenministerium in Baden-Württemberg die Wiederbelebung der bundesdeutschen Berufsverbotspraxis. Dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy, der sich in antifaschistischen Gruppen und in der Antikriegsbewegung engagiert, wurde die Anstellung verwehrt, weil er „nicht Gewähr dafür bietet jederzeit voll einzutreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung“. Mittlerweile hat Hessen sich angeschlossen und Csaszkóczy ebenfalls eine Einstellung als Lehrer aus politischen Gründen verweigert.
Im Rahmen des 1972 durch die Regierung Brandt installierten „Erlass zur Beschäftigung von Radikalen im öffentlichen Dienst” wurden über 3,5 Millionen BewerberInnen für den öffentlichen Dienst auf ihre Verfassungstreue durchleuchtet, 11.000 Verbotsverfahren gestartet und 1500 Berufsverbote erteilt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied 1995, dass die deutsche Berufsverbotpraxis menschenrechtswidrig ist.
Die Berufsverbote sind kein Schutz des Staates gegen Extremismus, sondern dienen dazu, politisch unliebsame Menschen mundtot zu machen. In den 1970er Jahren waren sie der Ausdruck der extremen Antikommunistischen Stimmung in der BRD. Auch die erneute Verwendung des Instruments richtet sich gegen antifaschistisches Engagement. In der Begründung der damaligen baden-württembergischen Bildungsministerin Annette Schavan werden u.a. die Anmeldung von Demonstrationen gegen eine Nazi-Kundgebung und der Einsatz für ein Jugendzentrum in Heidelberg als Begründung für den mangelnden Einsatz für die freiheitlich demokratische Grundordnung der BRD genannt.
Der aktuelle Fall von Michael Csaszkóczy befindet sich derzeit im Klageverfahren. Die Entscheidung wird gleichzeitig auch den zukünftigen Umgang mit diesem Instrument beeinflussen. Hier kann der erneuten Praxis der Selektion von Menschen mit differierenden politischen Meinungen Tür und Tor geöffnet werden.
Insbesondere Studierende werden durch Berufsverbote betroffen sein. Sie sind besonders als zukünftige LehrerInnen, JuristInnen oder in anderen Tätigkeiten des Beamtendienst Ziel von Berufsverboten. Allein die Existenz einer solchen Regelung schafft ein Klima der Angst, seine politische Meinung zu äußern und sich zu engagieren. Durch das Verbot, im gewünschten Beruf zu arbeiten wird nicht nur das Grundrecht auf freie Berufswahl eingeschränkt, alle Betroffenen werden gleichzeitig ihrer materiellen Grundlage beraubt und damit unter massiven Druck gesetzt. Damit ist auch die politische Arbeit der Studierenden innerhalb und außerhalb der Hochschule in Gefahr.
Der fzs fordert das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung für alle Menschen, unabhängig von ihrem Berufswunsch ein. Berufsverbote schüchtern ein und unterbinden alternatives Denken und kritische Reflexion sowohl innerhalb der Hochschule als auch in der Gesellschaft. Berufsverbote sind aus diesem Grund abzulehnen.
Der fzs fordert die Bundesregierung und die Landesregierungen auf, alle gesetzlichen Grundlagen, die ein Berufsverbot ermöglichen, abzuschaffen. Politische Differenzen müssen in einem Land mit demokratischem Anspruch auf politischer Ebene geführt werden und dürfen nicht durch staatliche Repressionen gegen einzelne unterbunden werden.
Der fzs unterstützt Michael Csaszkóczy und spricht ihm seine Solidarität aus. Alle Studierenden sind aufgerufen, sich an den Protesten im Rahmen der Verhandlungen zu beteiligen. Ferner betrachtet der fzs es als seine Aufgabe, Studierende und Studierendenvertretungen über die aktuellen Entwicklungen im Rahmen der Berufsverbote zu informieren.