Präambel
Transnational Education (TNE) oder auch Transborder Education ist ein Phänomen, welches seit Anfang der neunziger Jahre stetig an Bedeutung gewonnen hat. Im deutschen Sprachgebrauch hat sich der Begriff „Bildungsexport“ eingebürgert. Mit dem Begriff TNE werden alle Formen von Bildung, Teilen von Studiengängen oder andere Bildungsangebote, einschließlich des Fernstudiums bezeichnet, in denen die Lernenden in einem anderen Land lokalisiert sind, als die Hochschule, die den Abschluss vergibt. Diese Hochschulen können dem Bildungssystem des Ziellandes oder des Landes, aus dem die exportierende Hochschule kommt, angehören. Die Hochschulen können auch unabhängig von nationalen Bildungssystemen operieren.
Der fzs kritisiert das kommerzielle Angebot von transnationalen Studienprogrammen (for-profit), da es unserem Anspruch an ein freies und kostenfreies Studium widerspricht. Das dem Bildungsmarkt zugrunde liegende Paradigma des für eine Dienstleistung zahlenden Kunden lehnt der fzs grundlegend ab. Der fzs begreift Internationalisierung von Bildung als Mittel zur Intensivierung der akademischen Kooperation und zur Ausweitung des Bildungszugangs weltweit. Eine Internationalisierung unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit lehnen wir ab. Daher kritisieren wir, wenn deutsche und andere Hochschulen zu hohen Preisen Bildung verkaufen, um die unterfinanzierten Systeme in ihren Ländern gegenzufinanzieren. Außerdem fordert der fzs deutsche Hochschulen dazu auf, Programme und Inhalte von transnationalen Angeboten bezüglich kultureller Besonderheiten zu prüfen und gegebenenfalls Modifikationen vorzunehmen, damit sie den Bedürfnissen und kulturellen Eigenheiten der Zielländer angepasst sind.
Das von der Bundesregierung finanzierte und von GATE Germany durchgeführte Hochschulmarketing lehnt der fzs ab. Das Verteilen von Hochglanzbroschüren auf internationalen Bildungsmessen hat mit der Studienrealität an deutschen Hochschulen nichts gemeinsam. Ausgewogene und objektive Informationen über ein Studium an deutschen Hochschulen sind stattdessen notwendig. Daher fordert der fzs den DAAD, die HRK und den Bund auf, ihre Aufmerksamkeit verstärkt auf derartige Informationsangebote zu legen. Der fzs fordert darüber hinaus die Studienrealität für internationale StudentInnen in Deutschland zu verbessern und Geld bereit zu stellen für bessere Betreuungsprogramme, Internationalisierungs- und Integrationsbemühungen an den Hochschulen. Außerdem fördert das bestehende Paradigma des Hochschulmarketing Brain Drain nach Deutschland im Sinne eines „Kampfes um die besten Köpfe für den Forschungs- und Wissenschaftsstandort“. Ein derartiges Vorgehen lehnt der fzs ab.
Der fzs sieht positive Effekte von transnationalen Bildungsangeboten hinsichtlich einer stärkeren Internationalisierung der Hochschulen. Zudem besitzt TNE ein hohes Potential bezüglich des Aufbaus von Hochschulpartnerschaften und Austauschprogrammen weltweit. Einerseits kann TNE dazu beitragen, das Problem des Brain Drains zu bekämpfen, indem StudentInnen Bildungsangebote ausländischer Hochschulen vor Ort nutzen können, statt zur Wahrnehmung derartiger Angebote ins Ausland zu gehen. Andererseits fördert TNE Mobilität. TNE kann zudem dazu beitragen, den Hochschulzugang weltweit auszuweiten. Darüber hinaus bietet TNE in einigen Ländern die Möglichkeit, Bildungsangebote bereitszustellen, deren Angebot aus Kostengründen an den staatlichen Hochschulen des Ziellandes nicht möglich ist. Daher gilt es für den fzs und die StudentInnenschaften, die aktuellen Probleme und Fehlentwicklungen zu kritisieren und auf ihre Korrektur hinzuwirken sowie gleichzeitig das bestehende Potential von TNE zu nutzen. Der fzs möchte hierzu eine konstruktive Debatte über Ziele und Strategien einer nachhaltigen Internationalisierung der Hochschulen und den möglichen Beitrag von TNE Arrangements anstoßen.
Studentische Mitbestimmung und -gestaltung an TNE Projekten einrichten
Aus Perspektive des fzs muss besonderes Augenmerk den Problemen, die hinsichtlich der Rechte von StudentInnen im Rahmen von TNE Programmen entstehen könnten, gelten. Bisher sind nur an wenigen TNE Programmen studentische Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsmöglichkeiten realisiert worden. Dies kritisiert der fzs scharf.
Dagegen fordert der fzs eine generelle Implementierung von Formen studentischer sowie akademischer Selbstverwaltung bei TNE Programmen. Der fzs fordert ferner, dass die an einem TNE Projekt beteiligten Akteure die Expertise von StudentInnenvertreterInnen in Deutschland sowie dem Zielland bei dieser Implementierung nutzen. Die verfasste StudentInnenschaft in Deutschland verfügt über zahlreiche und enge Kontakte zu StudentInnenverbänden und -organisationen in den Zielländern von TNE Programmen. Insbesondere der DAAD wird dazu aufgefordert, studentische Projekte, die dem Aufbau einer studentischen und akademischen Selbstverwaltung und dem Aufbau transnationaler Kooperationen mit ausländischen StudentInnenverbänden und -organisationen dienen, zu unterstützen.
Bei der Einrichtung eines Modells studentischer Mitbestimmung und -gestaltung in einem TNE Programm kann nicht rein auf in Deutschland bekannte Formen studentischer Selbstverwaltung zurückgegriffen werden. TNE Programme gibt es, wie bereits dargestellt, in unterschiedlichen Formen und Rechtsformen. Zudem befinden sich TNE Programme in einem Spannungsfeld aus unterschiedlichen gesetzlichen und politischen Gegebenheiten. Daher müssen bei der Implementierung einer studentischen Selbstverwaltung zahlreiche Faktoren berücksichtigt werden. Es müssen neue Formen demokratischer Partizipation von Studierenden erdacht werden, die auf einem Grundverständnis von Demokratie, Freiheit und Gleichheit basieren. Die Zusammenarbeit mit StudentInnenverbänden und -organisationen in den Zielländern von TNE Programmen muss geprüft und gegebenenfalls realisiert werden. Der fzs wird eine Einführung von Mitbestimmungs- und Mitgestaltungsstrukturen an TNE Programmen kritisch begleiten und analysieren.
Beschlossen auf der 31. vertagten Mitgliederversammlung vom 17.-19. März 2007 in Berlin.