Bundesbildungsministerin Schavan: Naiv oder dumm?

„Die Bundesregierung begrüßt, dass mit diesem Angebot ein wichtiger Schritt zur Erschließung eines funktionierenden Marktes der Bildungsfinanzierung gemacht wird“ – das erklärte die Bundesbildungsministerin, Annette Schavan (CDU) im Februar 2006, als die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die „Studienkredite“ als zusätzliches Angebot für Studierende ins Leben rief. Das Prinzip ist einfach: Studierende können – angeblich ohne Bonitätsprüfung – einen Kredit zur Finanzierung ihrer Lebenskosten beantragen. Dafür erhalten sie bis zu 650 Euro monatlich und zahlen nach Abschluss ihres Studiums den Kredit zurück – mit einem Zinssatz, der sich am Markt orientiert und dessen Obergrenze bei 8,9 Prozent liegt. An sich recht einfach; der Fernseher oder das Auto auf Pump werden genauso finanziert.

Während die KfW in den ersten Monaten des Studienkredits „lediglich“ 5,1 Prozent Zinsen wollte, wurde der Satz in den Folgemonaten kontinuierlich bis auf 6,29 Prozent erhöht. Zum 1. Oktober hat die KfW infolge der Finanzkrise nun den Zinssatz auf glatte 7 Prozent angehoben – was keine allzu große Überraschung hätte sein dürften. Und die Spannweite nach oben ist noch groß, bis zu 1,9 Prozentpunkten sind noch drin.

Kritik von Frau Schavan …

Nach dem Protest von Studierendenverbänden und Gewerkschaften an der Erhöhung des Zinssatzes hat die Bundesministerin Schavan in der Leipziger Volkszeitung nunmehr die Erhöhung kritisiert: Es „könne nicht sein, dass durch höhere Kreditzinsen für Studenten ‚eine abschreckende Wirkung‘ erzeugt“ werde, schreibt das Blatt. Die Ministerin prüfe Alternativen.

Die Kritik von Frau Schavan ist nun entweder naiv oder dumm. Naivität würde voraussetzen, dass Frau Schavan von den Erwartungen getragen wurde, eine Bank müsse keine Rücksicht auf Entwicklungen am Zinsmarkt nehmen und könne locker eine Finanzkrise, bei der sie selbst eine halbe Milliarde Euro in den Sand setzt, verlieren. Das scheint nicht glaubwürdig.

Dumm wäre die Kritik von Frau Schavan dann, wenn sie die Funktionsweise von Krediten nicht verstanden hätte – was an dieser Stelle deshalb auch nicht unterstellt werden soll.

Insofern ist die Kritik von Frau Schavan wohl an erster Stelle politische Rhetorik. Denn mit der Einführung von Studienkrediten durch die staatliche (!) KfW wurde festgesetzt, dass nunmal ein Zinssatz von bis zu 8,9 Prozent festgesetzt. Dies nun zu kritisieren ist in etwa so glaubhaft wie die Verurteilung der Erderwärmung durch den Energieriesen Vattenfall.

… und was die Alternative ist

Die Alternativen ist klar: Eine staatliche Studienfinanzierung, die allen Studierenden zugute käme und ohne Darlehen vergeben würde, könnte Hunderttausende junge Menschen an die Hochschulen holen. Ihre späteren Steuerzahlungen würden langfristig zu staatlichen Mehreinnahmen führen – und nebenher zu Chancengleichheit in der Bildung beitragen. Das würde allenfalls einen Bruchteil der nun erforderlichen Summen kosten, mit der die Bundesregierung heruntergewirtschaftete Banken aufkauft. Nur: Es ist politisch nicht gewollt.

Übrigens: Frau Schavan wollte 2005 durch die Einführung von Studienkrediten auch das BAföG abschaffen. Die dann zusätzlichen Zinseinnahmen von geschätzten 500.000 Studierenden, die auf die KfW-Kredite angewiesen wären, würden locker ausreichen, um die 500-Millionen-Pleite der KfW in der Lehmann-Affäre wegzustecken. Zu dumm nur, dass es dann doch noch BAföG gibt… (cb)

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