Finanzielle Farce – Hochschulpakt II ist unzureichend

Der fzs begrüßt die Bemühung von Bund und Ländern, mehr finanzielle Mittel für die Hochschulen zur Verfügung zu stellen. Allerdings sind die bisher beschlossenen Mittel bei weitem nicht ausreichend. Auf keinen Fall darf der Staat die Verantwortung für Bildungsfinanzierung an Dritte abgeben, außerdem lehnt der fzs die Verwendung der Mittel für Eliteprogramme und Exzellenzcluster ab. Der Staat muss vielmehr allen Menschen, die studieren wollen, ihr Recht auf Bildung und damit den Hochschulzugang garantieren. Insbesondere ist der Staat in der Verantwortung, für Frauen, Menschen mit Behinderung und andere systemisch enachteiligte Personen strukturelle Barrieren abzubauen.

Die Gesellschaft muss sich ihrer Pflicht bewusst sein, allen Interessierten unabhängig von ihrer Lebensituation Zugang zu Bildungsinstitutionen zu eröffnen. Daher muss das Ziel des Hochschulpakts II sein, durch nachhaltige staatliche Finanzierung für einen Ausbau von gut ausgestatteten Studienplätzen Sorge zu tragen. Es ist zu befürchten, dass die Hochschulen vermehrt schlecht bezahlte Lehraufträge vergeben und neue Stellen mit extrem hohem Lehrdeputat schaffen, wie es auch in vielen LHG-Novellen bereits vorgesehen ist. Diese Prekarisierung von Beschäftigung an Hochschulen ist ein fortwährendes Problem – gute Lehre an Hochschulen muss berücksichtigen, dass durch zusätzliche Studienplätze nicht automatisch die Qualität des Studiums erhöht wird. Um Qualitätsentwicklung gewährleisten zu können, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die auch die aktuelle Studienverhältnisse berücksichtigen.

Problematisch ist auch die Auswahl der geförderten Studiengänge. So sollen zwar insgesamt 275.000 neue Studienplätze entstehen, jedoch soll ein deutlicher Schwerpunkt auf den sogenannten MINT-Fächern (Mathematik, Ingenieur- Natur- und Technikwissenschaften) sowie dem Ausbau der Fachhochschulen liegen. Anstelle eines standortorientierten „Aufwuchses“ von Studienplätzen muss eine Orientierung an den Interessen der Studierenden im Mittelpunkt stehen.

Der Hochschulpakt II führt auch die Programmpauschalen fort, die einen Zuschlag für administrative Kosten auf schon geförderte Projekte darstellen und somit anstelle einer möglichst breiten Förderung die Elitenreproduktion weiter vorantreibt. Somit wird hier bereits die nächste Runde der Exzellenzinitiative vorbereitet, denn nur schon ge förderte Bereiche haben überhaupt die Möglichkeit, aussichtsreiche Projekte zu beantragen. Die bereitgestellten Mittel sollten stattdessen vielen Menschen die Möglichkeit geben, ihre Forschungsvorhaben zu verwirklichen.

Ein positiver Aspekt des Hochschulpakts II ist die vorgesehene Frauenförderung, die den männer-dominierten Strukturen entgegenwirken soll. Jedoch muss auch hier überlegt werden, ob in anderen Bereichen der wissenschaftlichen Bildung/Ausbildung nicht umgekehrte Rollenbilder überwunden werden und Förderprogramme aufgelegt werden müssen, um z.B. den Männeranteil in so genannten „Frauenfächern“ zu erhöhen.

Ein grundsätzliches Problem des Programmes ist die mangelnde Nachhaltigkeit. Da die Finanzierung nur für 5 Jahre festgeschrieben ist, haben Hochschulen nicht die Möglichkeit, langfristig zusätzliche Kapazitäten aufzubauen und neue Stellen zu schaffen. Der Hochschulpakt II bleibt eine Notlösung, um versäumte Investitionen kurzfristig zu korrigieren; auch wenn langfristige Lösungen nicht möglich sind, müssen Länder und Hochschulen den Pakt umsetzen, und – anders als beim Hochschulpakt I geschehen – ihren vertraglich zugesagten Verpflichtungen auch tatsächlich nachkommen.

Der jetzt von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz erarbeitete Vorschlag sieht zusätzliche Gelder für die neuen Bundesländer, wenn sie trotz negativer demographischer Entwicklung die Zahl ihrer Studienplätze aufrechterhalten, und die strukturell stärker belasteten Stadtstaaten vor. Dies ist allerdings nur als singulärer Schritt für mehr Gerechtigkeit unter den Ländern und keinesfalls als Einstieg in ein gerechtes System einer ausgleichenden Finanzierung an sich zu bewerten.

Der fzs befürwortet mit dem Studienplatzfinanzierungsausgleichs-Modell (SPAM) ein solidarisches Finanzierungsmodell unter den Bundesländern. Diejenigen Bundesländer, die sich aus der Gemeinschaftsaufgabe Hochschulfinanzierung herausziehen, sollen nach diesem Modell mit finanziellen Zahlungen an die anderen Bundesländer belegt werden, die überdurchschnittlich viele Studienplätze zur Verfügung stellen.

Darüber hinaus stellt der fzs fest, dass eine studentische Beteiligung in derartigen Fragen unerlässlich ist und fordert die reguläre Einbeziehung in die Sitzungen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz.