40 Jahre NC-Urteil – 40 Jahre Grundrecht auf Hochschulstudium? Das war wohl nichts.

Die Richter ließen jedoch damals jedoch die Frage offen, ob aus einem Studienplatzmangel auch die Verpflichtung des Staates zur Schaffung von Kapazitäten folgt. Angesichts des Zulassungschaos an den Hochschulen und den Prognosen für die kommenden Jahre ist ein Umdenken notwendig.

fzs-Vorstandsmitglied Torsten Rekewitz erläutert: dazu: „Angesichts der momentanen Zulassungsprobleme und des Kapazitätsmangels an Hochschulen müssen wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in unser Gedächtnis zurückrufen. Der Numerus Clausus wurde damals explizit als Notlösung für temporäre Engpässe betrachtet. Inzwischen sind harte NCs zum Regelfall für Studienbewerber*innen geworden. In einigen Fächern hat man selbst mit einem guten Abitur keine Chancen ohne Wartezeiten von fünf oder sechs Jahren ein Studium aufzunehmen. Laut dem kürzlich veröffentlichten Bildungsbericht 2012 fehlen in den kommenden Jahren 300.000 Studiermöglichkeiten. Zudem kommt das alljährliche Chaos bei der Studienplatzvergabe, wodurch trotz riesiger Nachfrage noch ungefähr 5% der Studienplätze frei bleiben werden.“

Das Urteil hielt die Hochschulen an, ihre Kapazitäten vollends auszuschöpfen. Das Gericht legte damals jedoch fest, dass es sich um ein derivatives Teilhaberecht handelt, also ein Recht im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel. Diese Entscheidung wurde auch vor dem Hintergrund eines imaginären „Studierendenberges“ in den 70er Jahren getroffen, den es nach damaligen bildungspolitischen Erwägungen zu untertunneln galt. So heißt es in dem Urteil unter anderem: „Bei Realisierung dieses Planes werden […] ab 1975 genügend Studienplätze zur Verfügung stehen, um die Gesamtnachfrage befriedigen zu können.“ (BverfG 33, 303). Inzwischen ist deutlich geworden, dass auch 40 Jahre nach dem Urteil die Gesamtnachfrage nicht befriedigt ist.

Erik Marquardt, ebenfalls fzs-Vorstandsmitglied, erklärt hierzu abschließend: „Angesichts der Doppelabiturjahrgänge, der Aussetzung der Wehrpflicht und einer Steigerung der Studierneigung stehen wir nicht nur vor schwer lösbaren Aufgaben, sondern vor der ernsthaften Frage, ob die momentane Zulassungspraxis an Hochschulen noch verfassungsgemäß ist. Wir fordern deswegen einen Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik. Die Zeit des blinden Wettlaufs um Forschungsreputation, Drittmittel und Rankingpositionen muss vorbei sein. Die Schaffung von Kapazitäten an den Hochschulen und somit die Sicherstellung von Grundrechten muss absoluten Vorrang vor der Spitzenförderung haben. Es muss aber auch erkannt werden, dass die Studienanfänger*innen momentan vielfach in eine Sackgasse geschickt werden, wenn ihnen das Masterstudium verwährt wird. Hier gibt es in einigen Studienfächern bereits jetzt große Probleme. In drei Jahren wird sich die Zahl der jährlichen Bachelorabschlüsse und somit die Masternachfrage verdreifacht haben. Mit dem „Hochschulpakt“ werden diese Probleme nicht lösbar sein. Eine Lösung wird unserer Meinung nach nur durch ein Hochschulfinanzierungskonzept möglich, bei dem der Bund ernsthaft Verantwortung übernimmt und das auf dem Grundpfeiler `Geld folgt Studierenden´ aufbaut.“