E-Voting ist und bleibt unsicher, undemokratisch und ungeeignet

Wahlen sind die allgemeinste Form der politischer Beteiligung und bilden das
 Fundament unserer Demokratie. Demokratische Wahlen sind allgemein, unmittelbar,
 frei, gleich, geheim und unterliegen dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl.

 Der fzs stellt fest, dass in den vergangenen Monaten immer mehr Hochschulen und
 Studierendenschaften auf Online-Wahlen und e-Voting umstellen. Aufgrund der
 Prozessabfolge sind Online-Wahlen und e-Voting derzeit nicht in der Lage die
 Wahlgrundsätze demokratischer Wahlen zu gewährleisten. Dies ist den technischen
 Verfahren geschuldet und wird auch in absehbarer Zukunft durch keinen
 technologischen Fortschritt geändert. Durch die vielen beim herkömmlichen Wahlverfahren involvierten Personen wird
 eine Manipulation extrem erschwert. Im Gegensatz dazu kann bei einer Wahl mit
 Wahlcomputern oder e-Voting-Systemen eine Manipulation nicht erkannt werden.
 Viele Personen besitzen nicht die notwendigen Kompetenzen, um die genutzten
 Programme nachvollziehen zu können. Selbst diejenigen, die sie besitzen – die
 Informatiker:innen – besitzen in der Regel nur einige Teilkompetenzen und können
 nicht das ganze System nachvollziehen. Aus einer rein technischen Perspektive
 ist es nicht möglich, die Wahlgrundsätze im gleichen Maße einzuhalten, wie dies
 bei regulären Wahlen der Fall ist. Die beteiligten Personen haben keine
 Kontrolle über die Geräte und Programme in ihrem Aufgabenbereich haben. Die
 relevanten Kontrollen finden an wenigen mit punktuellem Aufwand
 kompromittierbaren Stellen statt.

 Auch rechtlich wurde bereits mehrfach bestätigt, dass Online-Wahlen nicht in der
 Lage sind, die Wahlrechtsgrundsätze einzuhalten; So urteilte etwa das
 Bundesverfassungsgericht in Bezug auf den Einsatz von Wahlcomputern bei
 Bundestagswahlen (BVerfG, Urteil vom 3.3.2009, 2 BvC 3/07), auch das
 Verwaltungsgericht Gera kam hinsichtlich studentischer Online-Wahlen an der
 Universität Jena zu dem gleichen Ergebnis (VG Gera, 24.05.2017 – 2 K 606/16 Ge).

 Studierende sind nicht etwa unpolitisch. Die zunehmende Verschulung und
 Ökonomisierung des Hochschulsystems macht studentisches Engagement immer
 schwieriger. Die möglichen Freiheiten in Bologna werden nicht genutzt,
 stattdessen werden die Repressionen gegen die Studierenden vorangetrieben:
 Anwesenheitskontrollen, immer mehr Leistungsnachweise und
 Studienfortschrittsgrenzen sind ein Ausdruck davon. Online-Wahlen können die
 Fehler in der Studienreform nicht beheben. Wer mehr Engagement der Studierenden
 möchte, muss die Räume dafür schaffen.

 Immer wieder wird als Argument für Online-Wahlen angeführt, dass ihre Einführung
 die studentische Wahlbeteiligung steigert. Ein solcher Effekt ist aktuell weder
 flächendeckend an deutschen Hochschulen beobachtbar, noch können gesicherte
 Aussagen darüber getroffen werden, ob die Steigerung nachhaltig über einen
 bloßen “Neugier-Effekt” hinausgeht. Zudem sollte nicht von einem monokausalen
 Zusammenhang ausgegangen werden; Zu viele Faktoren (etwa die Art der Bewerbung
 der Wahl, der Wahlzeitraum oder aktuelle politische Ereignisse) können einen
 Einfluss auf die Wahlbeteiligung nehmen.

 Demokratie durch ein undemokratisches Wahlverfahren zu wollen, ist nicht
 zielführend!

 Studierenden mehr Entscheidungskompetenzen und Partizipation an den Hochschulen
 zuzugestehen würde das Problem der sinkenden Wahlbeteiligung effektiver,
 nachhaltiger und vor allem demokratischer lösen als die Einführung von Online-
 Wahlen. Nicht die Option elektronischer Stimmabgaben motiviert Studierende an
 demokratischen Prozessen zu partizipieren, sondern die Aussicht darauf, dass
 diese Partizipation tatsächliche Auswirkungen auf ihren Studienalltag hat.

 Online-Wahlen werden an Hochschulen durchgeführt – obwohl sie die
 Wahlrechtsgrundsätze nicht einhalten können – da eine Beschränkung der
 Wahlrechtsgrundsätze hier als vertretbar erachtet wird. Die Konsequenz ist eine
 massive Abwertung der universitären Demokratie. Studentischer
 Interessenvertretung wird ihr politischer und vor allem politisierender
 Gestaltungsanspruch abgesprochen und sie wird zur bloßen Service- und
 Verwaltungsleistung degradiert. Die Einführung von Online-Wahlen ist am Ende
 eine weitere Ausprägung der stetig voranschreitenden Entpolitisierung und
 Entdemokratisierung der (verfassten) Studierendenschaften.

 Deswegen spricht sich der fzs gegen den Einsatz von Wahlcomputern und e-Voting-
 Systemen aus, solange die Wahlgrundsätze nicht eingehalten werden können. Alle
 Hochschulen und Studierendenschaften werden unter diesen Umständen aufgefordert,
 vom Einsatz solcher Systeme Abstand zu nehmen. Der fzs fordert daher weiterhin, dass
 auch keine Wahlcomputer und e-Voting-Systeme für die Wahlen außerhalb des
 Hochschulwesens eingesetzt werden, um den allgemeingültigen Grundsätzen der
 demokratischen Wahlen gerecht zu werden.

Beschlossen auf der 66. Mitgliederversammlung des fzs