Das nächste Jahr – 2024 – ist ein sog. Superwahljahr. Am 09. Juni werden nicht nur europäische Abgeordnete bundesweit gewählt, sondern gleichzeitig finden Kommunalwahlen in acht Bundesländern statt. Im Herbst wird außerdem in Sachsen, Thüringen und Brandenburg der Landtag auf eine fünfjährige Legislaturperiode gewählt. Parallel erstarkt die AfD in Deutschland in jeder wöchentlichen Umfrage und verzeichnet Höchstzustimmungswerte bundesweit.
In den neuen Bundesländern, in denen auf Landesebene gewählt wird, ist die Zustimmung seit jeher deutlich höher. In Thüringen droht die politische Realität einer Wahlsiegerin namens AfD. Darüber hinaus festigen sich rechte Rede- und Denkmuster in der breiten Gesellschaft, der sog. „Mitte“; und die umstarkenstärkste Partei – die CDU – driftet jenseits der Brandmauer nach rechts. Es droht bundesweit mindestens auf kommunaler Ebene eine Akzeptanz durch Zusammenarbeit mit der rechten AfD, die parallel zu unserer MV ihr Europa-Programm für eine EU-Kandidatur gegen die Werte und Funktionen der EU beschließt, von der sie dennoch monatlich kassieren.
Die Werte und Inhalte der AfD bedrohen die Lebensqualität von allen. Konkret betroffen als Student*innen sind wir, weil populistisch das Bild des Anti-Elitarismus bedient wird, der uns jetzt und nach Abschluss als Feind*innen identifiziert. Die AfD plädiert auf einen Rückgang zu Magister-Studiengängen, ausschließlich deutschsprachige Studienangebote, Promotionsmöglichkeiten nur für Universitäten, härtere Aufnahmeverfahren an Hochschulen und spricht sich gegen „Indoktrinierung“ an den Hochschulen aus. Damit greift sie tief in Vorstellungen der freien Lehre und der freien Wahl von Modulen im Studium ein und beschränkt Möglichkeiten von (Fach-)Hochschulen. Ihre Version von Verkehrspolitik beinhaltet keine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs oder des Fahrradwegnetzes, zentrale Fortbewegungsmittel für Student*innen.
Aus der Sicht eines der Länder, in dem Kommunal-, Lokal- und Landtagswahlen stattfinden, ist zu sagen: Es geht um nicht weniger als unsere Substanz. Schon jetzt verstärken sich die Präsenzen rechter Gesinnungen und Personen auf den Straßen, täglich steigt ihr Selbstbewusstsein, weil Repressionsmethoden des Landesapparats sie nicht treffen. In dem vergangenen Superwahljahr (der Turnus ist ja alle fünf Jahre) konnten wir sehen, dass die Demokratie leicht fällt: In Thüringen versuchte die FDP, den Landtag mit Stimmen der AfD für sich zu gewinnen. Deren Ministerpräsidenten-Vorschlag Thomas Kemmerich ist bis heute der prominenteste Politiker der Fraktion. Wir sind das Bundesland mit dem ersten AfD-Landrat, die mit dem Kessel der gesamten antifaschistischen Szene am 01. Mai in Gera, der trotz Anwesenheit des SPD-Innenministers und des Linken-Ministerpräsidenten nicht aufgelöst, sondern in Einzelmaßnahmen und -Erfassungen mündete, das Bundesland mit Montagsspaziergängen. Wir sind die, deren CDU und AfD auf Landesebene einen Antrag gegen Gendern durchgebracht haben.
Uns droht, dass diese Schwesternschaft die freie Finanzierung und Verfügung über diese Finanzen der Student*innenschaften angreift. Wir brauchen eure Solidarität, damit sich die aktivistische Szene trotz Repressionen ermutigt und bekräftigt sieht, und damit Student*innen weiterhin Möglichkeiten haben und Notwendigkeiten sehen, sich zu engagieren.
Wir fordern mit Blick auf das nächste Jahr:
- Eine klare Kante gegen Rechts immer und überall: Gegenpositionen, Richtigstellungen, Pressearbeit des fzs, die öffentlichkeitswirksam für alle anderen Student*innen sichtbar macht, dass eine AfD unsere Bedürfnisse und Werte mit Füßen tritt.
- Support der Student*innenschaften, bei denen gewählt wird. Teilt unsere Beiträge, tragt weiter, was wir fordern, kommt zu den Demos, die wir unterstützen. Seid mit uns laut. Macht Beiträge auf Demos, im Senat, in der Student*innenschaft, im Netz.
- Leistet auf kleiner Ebene – da, wo es Sinn ergibt – Gegenrede. Versucht, Abdriften zu verhindern.
- Sprecht die Wichtigkeit des Themas in eurer Arbeit auch bei nicht-politischen Akteur*innen an. Problematisiert und ordnet das Thema im Austausch mit nicht-radikalisierten Gruppen und Bündnissen ein.
Beschlossen auf der 72. MV im August 2023 in Hamburg