Kompetenzbegriff in der Bildung

Das neue Studiensystem wird häufig über seine Kompetenzorientierung definiert. Neben Fachwissen sollen auch fachliche, methodische und generische[1] Kompetenzen Teil des Studiengangskonzepts sein. Deshalb soll kompetenzorientiert geprüft werden.

Der Begriff „Kompetenz” umfasst mehr als reines Wissen, er zielt vielmehr auf die Befähigung zur Handlung in Situationen ab. Über dies hinausgehend gibt es allerdings keine einheitliche Definition, sodass die Verwendung des Begriffs im gesellschaftlichen und/oder politischen Kontext häufig Probleme und Missverständnisse nach sich zieht.

Eine häufig verwendete Definition des Begriffs „Kompetenz” stammt von Weinert: „Die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen[2], volitionalen[3] und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“[4].

Ähnlich, aber etwas offener lautet die Definition der OECD: „Eine Kompetenz ist mehr als nur Wissen und kognitive Fähigkeiten. Es geht um die Fähigkeit der Bewältigung komplexer Anforderungen, indem in einem bestimmten Kontext psychosoziale Ressourcen (einschließlich kognitiver Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen) herangezogen und eingesetzt werden“[5]. Für die OECD heißt dies, dass der Mensch sich an die gegebenen Anforderungen anpassen kann. Bei Weinert hingegen geht es um die Problematisierung von Situationen.

Gemäß beider Definitionen bedeutet Kompetenz die Fähigkeit zur angemessenen und erfolgreichen Handlung in einer gegebenen Situation. Als Gegenteil zu „Kompetenzen“ wird häufig „Faktenwissen“ genannt. Dabei darf in der Kompetenzdefinition nicht vergessen werden, dass Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese und Kreieren nur auf dem Wissen von Fakten, Methoden und Theorien aufbauen kann[6]. Es muss darum gehen, sich zu selbstständigem Handeln zu befähigen. Das Wissen eines Fachgebiets verändert sich stetig. Kompetenz ist daher notwendig, um sich wandelnde Informationen anzueignen und diese anwenden zu können. Dabei darf nicht aus dem Fokus geraten, dass die Anwendung von Wissen immer auch Verantwortung mit sich bringt.

Die Kompetenzdefinition der KMK greift hingegen viel kürzer: „Kompetenzen beschreiben Dispositionen zur Bewältigung bestimmter Anforderungen. Solche Kompetenzen sind fach- bzw. lernbereichsspezifisch ausformuliert, da sie an bestimmten Inhalten erworben werden müssen. Die vorgelegten Standards konzentrieren sich damit auf überprüfbare, fachbezogene Kompetenzen und vermessen keineswegs das gesamte Spektrum von Bildung und Erziehung. Kompetenzen sind abgrenzbar“[7]. Damit begrenzt die KMK zu vermittelnde Kompetenzen auf überprüfbare, abgrenzbare Fähigkeiten. Die Definition verkürzt fahrlässig den Kompetenz- und damit in Folge den Bildungsbegriff durch Standardisierungszwang. Bildungsziele können nicht aus abprüfbaren Komponenten bestehen.

Dazu muss beachtet werden, dass Kompetenzerwerb Bestandteil von Bildung ist. Als solcher darf der Kompetenzbegriff aber nicht den Bildungsbegriff ablösen. Bildung ist wesentlich für Selbstständigkeit, Kritikfähigkeit, Verantwortlichkeit, Friedfertigkeit, Emanzipation und Handlungsfähigkeit[8], die wiederum Voraussetzung für Kompetenz sein können. Kompetenz ist nicht das Gegenteil von Inhalten, sondern die Fähigkeit aus diesen auszuwählen und zu bewerten. Kompetenzen sind für den fzs nicht nur der reine Einsatz von Fertigkeiten und Fähigkeiten, sondern auch die kontextgebundene Anwendung von Fähigkeiten mit Zielabschätzung. In der Abgrenzung zum Begriff der Fähigkeit beinhaltet die Kompetenz immer eine wertende Dimension. Die Bewertung der Handlung erfolgt immer unter einer gesellschaftlichen Norm. Bei kompetentem Handeln spielt also sowohl die gesellschaftliche Norm eine Rolle als auch die Bewertung dieser durch die Handelnden. Diese ist immer zusätzlicher Teil bei kompetenter Handlung.

[1] „Eine Kompetenz, die (scheinbar) nicht an ein bestimmtes Fachgebiet gebunden und somit in mehreren beruflichen Bereichen anwendbar und notwendig sind“. www.kompetenzbilanz-online.de/glossar/glossar/UEbertragbare_Kompetenzen//U/ Adjektiv- – 1. in allgemeingültigem Sinne [gebraucht];

[2] Etwas aus einer Motivation heraus tun, die in der Sache/in der Person selbst liegt.

[3] Etwas aus einem Verständnis für die Notwendigkeit/Sinnhaftigkeit heraus tun, ohne direkte Motivation: Bspw. Montag morgens 7:00 aufstehen, um um 08:00 im Seminar zu sitzen).

[4] Franz Weinert: Vergleichende Leistungsmessung in Schulen – eine umstrittene Selbstverständlichkeit, in: ders.: Leistungsmessungen in Schulen, Weinheim 2001, 17-31.

[5] www.oecd.org/pisa/35693281.pdf

[6] Anderson, & Krathwohl, 2001: Erinnern, Verstehen, Anwenden, Analyse, Synthese, Kreieren

[7] www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2004/2004_12_16-Bildungsstandards-Konzeption-Entwicklung.pdf

[8] für weitere Betrachtung des Bildungsbegriffs, siehe z.B.: „Stellungnahme des fzs zum nordrhein-westfälischen Studiengebührengesetz“