fzs for future – Nachhaltigkeitspositionspapier

Auf Antrag des Arbeitskreises Nachhaltigkeit & Ökologie hat der 61. Ausschuss der Student*innenschaften das folgende Positionspapier zu Nachhaltigkeit beschlossen.

Ökologische Nachhaltigkeit sollte immer im Kontext der sozialen Nachhaltigkeit gesehen werden. In Anbetracht dessen vertritt der fzs ein Begriffsverständnis von Nachhaltiger Entwicklung, dass einen Prozess hin zu globaler Gerechtigkeit, insbesondere zwischen globalem Norden und Süden, in Gegenwart und Zukunft, beschreibt. Das Ziel ist eine emanzipatorische und freie Gesellschaft, die im Rahmen der planetarischen Leitplanken lebt und Nachhaltige Entwicklung als grundlegende gesellschaftliche Herausforderung versteht.

Dabei richtet sich das hier vorgestellte Verständnis von Nachhaltiger Entwicklung explizit gegen rechte Positionen, die Naturschutz als Heimatschutz im Sinne eines Raumes, der aufgrund historischer und kultureller Aneignung bestimmten Gruppen exklusiv vorbehalten sein soll, verstehen. Mit der Verknüpfung des Anspruchs einer bestimmten Gruppe auf einen bestimmten Raum, eine bestimmte Sozialkultur oder auch biologische Zusammensetzung werden Gruppen diskriminiert und Ausgrenzung geschaffen. Auch andersherum kann von den planetarischen Leitplanken keine Bestimmung ausgehen, wer einen jeweiligen Raum für seine Zwecke beanspruchen darf. Denn die ökologischen Probleme und Verteilungsfragen können nur solidarisch gelöst werden. Nachhaltige Entwicklung ist daher stets mehr als nur Naturschutz, und muss zwangsläufig soziale Kriterien mit einbeziehen und lebendige Naturräume auch als für sich stehenden gemeinschaftlichen Wert anerkennen.

Damit Nachhaltige Entwicklung der Relevanz als gesamtgesellschaftliche Herausforderung gerecht werden kann, ist es wichtig, Aspekte von Nachhaltiger Entwicklung in der Definition von einzelnen Aufgaben und Projekten zu berücksichtigen. Dazu sollte Nachhaltige Entwicklung stets von Anfang an ein Ziel sein und dabei auch über Einzelprojekte hinweg zusammen gedacht werden, um Zielkonflikte zu vermeiden. Nachhaltige Entwicklung soll nicht einfach nur mitgedacht werden, sondern ist Grundlage und Ziel aller Überlegungen. In unserem Verständnis werden Konzepte von sozialer Gleichberechtigung und zu jeglichen Formen von Antidiskriminierung zusammenführt. Deshalb sprechen wir von einer Nachhaltigen Entwicklung, die versucht Zielpfade zu identifizieren, die möglichst umfassend versuchen die verschiedenen, teilweise gegenläufigen Aspekte innerhalb der planetarischen und menschlichen Grenzen aufzulösen. Auf Grundlage der aktuellen gesellschaftlichen und informationellen Kontexte kann dies nur beschränkt getan werden, weshalb eine Reflexion der eigenen Positionen, Rollen und Definitionen (auch des Konzeptes von Nachhaltiger Entwicklung) in besonderem Maße erforderlich ist. Dabei zeichnet unser Verständnis von Nachhaltigkeit aus, dass auch gegenläufige Positionen beachtet werden, in dem Sinne dass deren Ursachen analysiert und reflektiert werden.

Zeitweise kann es sinnvoll sein Einzelaspekte in einer vertiefenden Analyse getrennt zu betrachten. Spätestens in der Vorbereitung der Entscheidungsfindung müssen diese aber zusammengeführt werden, um eine ganzheitliche Betrachtung sicherzustellen. Das heißt beispielsweise die wechselseitige Wahrnehmung der ökologische Verantwortung ohne Einbeziehung der sozialen Gerechtigkeit ist keine Nachhaltige Entwicklung. Dem zu Folge ist die Änderung des Wirtschaftssystems unerlässlich. Es kann dabei nicht darum gehen, den Kapitalismus zu “begrünen“ oder isoliert eine Abkehr von der Wachstumsdogmatik zu fordern ohne die Ursachen der aktuellen Kapital- und Machtverhältnisse zu beleuchten. Die Verknüpfung von Kapitalverwertungslogik, Umwelt- und Klimazerstörung sowie Ausbeutung sollte dabei kritisch in ihren Zusammenhängen beleuchtet werden.

Der Mensch steht in einem Austauschverhältnis zur Natur, er schöpft alle seine lebensnotwendigen materiellen Ressourcen aus der Umwelt. Diese Ressourcen sind jedoch, so effizient sie mit dem technologischen Fortschritt auch genutzt werden mögen, natürlich begrenzt. Diese Tatsache steht einem Wirtschaftskonzept entgegen, dass auf unendliches Wachstum für Gewinnmaximierung ausgelegt sowie durch ungleiche Eigentums- und Machtverhältnisse gekennzeichnet ist und in seiner Theorie Umwelt lediglich als Quelle für die Ressourcen ihrer Produktion und Senke für ihre Abfälle angesehen wird. 

Der daraus resultierende, kurzsichtige und zerstörerische Umgang mit der Natur hat bereits jetzt massive Schäden der Umwelt zur Folge. Viele dieser Schäden sind nicht ohne weiteres umkehrbar und können bestimmte Ressourcen für den Menschen für sehr lange Zeit verderben (z.B. Wasser). Insbesondere Frauen leiden unter den Folgen der Klimakrise. Deshalb müssen ihre Interessen und Bedürfnisse stärker berücksichtigt und die Machtverhältnisse geändert werden. Mary Robinson, Ex-Präsidentin der Republik Irland ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, brachte es auf den Punkt: “Die Klimakrise ist auch ein männergemachtes Problem und braucht eine feministische Lösung“. Umweltzerstörung und Klimawandel ist ein systemimmanentes Problem – in patriarchalen Systemen und im Kapitalismus. Unter den Auswirkungen leiden auch Menschen an vielen Orten globalen Süden bereits jetzt stark, weltweit nehmen die Extremwetterereignisse zu und zerstören u.a. Lebensgrundlagen wie bspw. Getreide. Wird dieses Verhalten fortgeführt, bedeutet das eine (noch) massive Einschränkung aller jetzt und zukünftig lebenden Menschen. Um das zu vermeiden und bisherige Auswirkungen zu bekämpfen, muss statt Profitmaximierung durch grenzenloses Wachstum eine dynamische, nachhaltige Entwicklung, d.h. eine, die es jetzt und zukünftig lebenden Menschen ermöglicht, sich selbständig und uneingeschränkt zu entwickeln, treten. Dafür muss an Stelle der Wirtschaftswachstum erzwingenden Ideologie des Kapitalismus eine stärker demokratische Entscheidungskultur des Produktionsprozesses für eine Erfüllung der Grundrechte treten. 

Deshalb bewerten wir es kritisch, dass die UN Wirtschaftswachstum ohne Grenzen als ein nachhaltiges Entwicklungsziel (SDG) bis 2030 formuliert hat. Wir finden es gut, dass es internationale Ziele gibt, die globale Probleme wie Klimawandel, Armut, Artensterben, Krieg Geschlechterungerechtigkeiten und fehlende Bildung adressieren. Positiv an den SDGs beurteilen wir, dass diese Nachhaltige Entwicklung als globale Aufgabe formulieren und nicht einzelnen Ländern Entwicklungsdefizite attestieren. Neben der internationalen Ebene kommt es aus unserer Sicht also auch entscheidend auf die EU an. Wir sehen es deshalb als notwendig an, dass bei Themen der nachhaltige Entwicklung auch Politikgestaltung auf europäischer und internationaler Ebene erfahr- und lernbar wird. Zu der genaueren Umsetzung Teilziel “Bildung für nachhaltige Entwicklung“ allen Menschen zu ermöglichen haben wir uns als fzs bereits positioniert [https://www.fzs.de/2017/08/30/bildung-fuer-eine-nachhaltige-entwicklung-verankern-und-leben/].

Die in unserer Gesellschaft aktuell vorhandenen Strukturen verhindern an vielen Stellen eine Nachhaltige Entwicklung. Deshalb ist ein tiefgreifender gesellschaftlichen Wandel, der auch einen Systemwandel an den Hochschulen umfasst, nötig. Eine gesellschaftliche Transformation in diesem Sinne braucht also auch eine strukturelle Verankerung im Wissenschaftssystem. Diese umfasst eine Gesellschaftsanalyse inklusive der jeweiligen Entscheidungsprozesse, Abhängigkeiten und Narrative. Auf dieser Basis muss zuerst eine strategische Perspektive entwickelt und dann konkrete Maßnahmen vereinbart werden. Eine Reflektion der bestehenden Zielkonflikte und unbeabsichtigte Rückschritte bzw. kontraproduktive Nebeneffekte ist dabei notwendig.

Entscheidungsprozesse

Ziel von Entscheidungsprozessen an Hochschulen sollte es sein, die Interessen aller vertretenen Mitgliedergruppen gleichberechtigt zu berücksichtigen und diese Interessen auf Augenhöhe, das heißt insbesondere unter Berücksichtigung der Existenz von informellen Hierarchien, auszuhandeln. Dies sollte so geschehen, dass kritische hochschulpolitische Diskussionen zu einer Reflexion über die Entscheidungsstrukturen und damit auch Gestaltungsmöglichkeiten an den Hochschulen führen.

Wichtig ist in diesem Rahmen entsprechend die Kompetenzverteilung zwischen den Gremien der Hochschule – Hochschulräte, dürfen hier keine Entscheidungskompetenzen bekommen oder über den akademischen Senaten stehen. Entscheidungsbefugnisse sollten dabei stets paritätisch besetzten demokratischen Gremien vorbehalten sein.

Entsprechende Nachhaltigkeitsgremien/Funktionen sollten auf diesen Kriterien aufbauen und können je nach Kontext zentrale oder dezentrale Strukturen aufweisen. Wichtig ist, dass Nachhaltigkeitsgremien nicht nur inhaltlich Querschnittsthemen bearbeiten, sondern auch übergreifend besetzt sind und eine Durchdringung der Themen auch auf die unteren Organisationsstrukturen gewährleistet bleibt. Die Frage ist, ob eine zentrale oder dezentrale Struktur erwünscht ist – je nach Kontext kann beides sinnvoll sein. Senats-Ausschüsse oder Kommissionen oder analoge Gremien auf Fakultätsebene zu Nachhaltiger Entwicklung könnten je nach Arbeitsfähigkeit solche Funktionen übernehmen oder eingerichtet werden. 

Studentische Initiativen, die sich für die struturelle Verankerung von Nachhaltiger Entwicklung in Lehre, Forschung, Verwaltung und Studienbedingungen einsetzen, unterstützen wir. Dies können Nachhaltigkeitsbüros, bzw. Green Offices sein, welche sich an den folgenden Prinzipen orientieren: Sie sind studentisch geleitet und von Mitarbeiter*innen unterstützt, haben ein offizielles Mandat der Hochschule, sind finanziert mit einem selbstverwalteten Globalbudget, sind an zentraler Stelle in die Hochschulstruktur integriert, arbeiten mit hochschulinternen und -externen Nachhaltigkeitsinitiativen zusammen und bilden sich regelmäßig weiter. 

Bei der Einrichtung ist zentral, dass dauerhafte Aufgaben nicht kostengünstig auf Student*innen abgewälzt werden dürfen, sondern langfristig in Hochschulstrukturen übernommen werden müssen. Insbesondere soll keine Übertragung der ureigenen Aufgaben der Hochschulverwaltung auf die Student*innen stattfinden, anderenfalls widerspricht das den ganzheitlichen Zielen einer Nachhaltigen Entwicklung. Außerdem sollten die Aktiven, trotz Hochschulmandat, Handlungsfreiraum und Finanzverantwortung bekommen und nicht für Zuarbeiten benutzt werden. Dafür ist wichtig, dass die Nachhaltigkeitsbüros ein Budget bekommen und selbst demokratisch entscheiden, wie das Geld verteilt und wer eingestellt wird. Ebenso unterstützen wir die Einrichtung nur, wenn dadurch die Verfassten Student*innenschaften (VS) nicht geschwächt werden. Das Engagement in bzw. für Nachhaltigkeitsbüros kann ergänzend zu ASten/StuRä sinnvoll sein, um bspw. Kontinuität zu wahren. Außerdem führt gerade die Kooperation von Initiativen, die häufig eher kleine Projekte sowie praktische Themen bearbeiten sowie ASten/StuRä, die häufig vor allem größere Zusammenhänge und strukturelle Bedingungen bearbeiten, zu großen Verbesserungen. Viele der Strukturen können aber auch im AStA oder StuRa selbst sinnvoll verankert und auf jeden Fall wirkungsvoll unterstützt werden. Auch deshalb sollte es ebenfalls Anliegen von entsprechenden studentischen Initiativen sein die VS zu stärken. Fest steht: Bayern muss jetzt endlich die Verfasste Student*innenschaft einrichten! 

Bei gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen wie die Zukunft gestaltet wird, darf eine studentische Stimme nicht fehlen. Deshalb treten wir auch unermüdlich ein für ein politischen Mandat für alle Verfassten Student*innenschaften.

Innerhalb der Hochschule ist es wichtig, dass die Strategieentwicklung von Anfang an partizipativ geschieht. Das heißt auch unter der Berücksichtigung der demokratischen Gremien sowie BottomUp-Initiativen. Das heißt nicht: Das Präsidium legt eine Strategie vor und alle Hochschulangehörigen dürfen diese (meist ungehört) kommentieren. Genau das passiert leider noch viel zu oft und wird zu Marketingzwecken missbraucht. Dabei geschieht Nachhaltige Entwicklung erst dann, wenn auch die Hochschule selbst eine lernende Institution wird, demokratische Grundsätze wahrt und alle Hochschulangehörigen auf Augenhöhe ernst nimmt und wertschätzt. Diese Augenhöhe ist ebenfalls für die internationalen Kooperationen entscheidend. Deshalb fordern wir die aktuelle Praxis dahingehen zu überprüfen sowie sollten deutlich weniger Kooperationen zu Hochschulen und Personen im globalen Süden existieren, diese entsprechend aufzubauen.

Bei den Entscheidungsprozessen innerhalb von Hochschulen ist es außerdem notwendig sich mit den ethischen und moralischen Zielen der eigenen Handlung auseinander zu setzen. Wir fordern, dass alle Hochschulen sich selbst Zivilklauseln geben und über deren Gegenstand regelmäßig in ihren demokratischen Gremien sowie in alltäglichen Gesprächen beraten.

Abhängigkeiten

Um eine Nachhaltige Entwicklung von Hochschulen im Rahmen einer übergreifend gleichberechtigt selbstorganisierten Institution zu ermöglichen, müssen verschiedene Abhängigkeiten abgebaut werden. Im Handlungsfeld Finanzen bedarf es der Ausfinanzierung der Hochschulen, um überhaupt erst Handlungsräume zu schaffen. Solange Drittmittel-Druck besteht und Kosteneinsparungen um jeden Preis notwendig sind, werden Nachhaltigkeitsaktivitäten keinen Stellenwert bekommen können, obwohl sie selbst innerhalb einer neoliberalen Logik mittlerweile notwendig wären, um im Wettbewerb zu bestehen.

Nachhaltige Entwicklung darf deshalb nicht wettbewerblicher Faktor werden, den Hochschulen nur deshalb fördern, weil sie sich dadurch eine bessere finanzielle Ausstattung versprechen. Auch deshalb bedarf es einer verstetigten, auskömmlichen Grundfinanzierung für Hochschulen, die Möglichkeiten zu Innovation und Förderung von Nachhaltiger Entwicklung ermöglicht. Mit Sorge blicken wir auf zunehmende Unternehmensaktivitäten an Hochschulen, die vordergründig altruistisch Mittel bereitstellen, tatsächlich aber Abhängigkeitsverhältnisse schaffen und die Unabhängigkeit wissenschaftlicher Erkenntnis angreifen. Hochschulen befinden sich dadurch nicht mehr nur im – ohnehin schon problematischen – Wettbewerb um staatliche Finanzierung, sondern sehen sich gezwungen auch um die Gunst von Drittmittelgeber*innen zu werben. Wir wollen Konkurrenz und Wettbewerbe abbauen! Die Exzellenzstrategie des Bundes lehnen wir ab. Auch Preise und andere finanzielle Anreize müssen kritisch begutachtet werden – selbst wenn es auf den ersten Blick eine effiziente Methode zu sein scheint, Nachhaltigkeitsanforderungen in diese Programme zu integrieren. Doch auch dort schafft zweckgebundenes Geld neue Abhängigkeiten. Daher sollten Auszeichnungen nur dann in Erwägung gezogen werden, sofern sichergestellt werden kann, dass sie nicht konkurrenzorientiert sind, sondern zur Weiterentwicklung von Vorhaben auch ohne Auszeichnungen anregen. Es geht nicht darum sich besser als andere nachhaltig zu entwickeln, sondern darum gemeinsam, statt im Wettbewerb den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden. 

Damit Student*innen an der Nachhaltigen Entwicklung mitwirken können bedarf es auch an rechtlichen und zeitlichen Freiräumen. Eine Reform des BAföG ist dabei elementar. Aktuell kommt dieses viel zu wenigen Schüler*innen und Student*innen zu Gute und seine Förderung ist nicht auskömmlich. Langfristig muss der Weg zum Vollzuschuss geebnet werden, Abhängigkeiten von Angehörigen abgebaut werden und die Fördersätze dynamisiert steigen. Damit Student*innen, die auf die BAföG-Förderung angewiesen sind auch Freiräume zu gesellschaftlichem Engagement haben müssen einerseits Leistungsnachweise abgeschafft werden und andererseits Engagement besser anerkennungsfähig werden. Um Reflexion und Engagement zu fördern ist die Abwesenheit jeglicher Anwesenheitspflichten sowie Bildungs- und Studiengebühren essentiell. 

Der Kampf gegen Abhängigkeiten an Hochschulen endet aber nicht bei den Student*innen, sondern muss auch mit und für alle Beschäftigten geführt werden. Hier gilt es Befristungen abzubauen, sichere Beschäftigungsverhältnisse und faire Vergütungen zu schaffen. Der Grundsatz muss stets sein: Dauerstellen für Daueraufgaben.

Die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Bedingungen erstreckt sich allerdings nicht nur auf die Studien- und Hochschulfinanzierung. Auch gesellschaftliche Ausschlüsse müssen überwunden werden. Nachhaltige Entwicklung erfordert die Überwindung patriarchaler Geschlechterverhältnisse, ein inklusives Menschenbild, sowie den entschiedenen Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und für eine offene Gesellschaft.

Narrative

Wie und nach welchen Prinzipien eine Gesellschaft sich organisiert wird auch durch so genannte Narrative, also tiefverankerte wiederkehrende Erzählungen, bestimmt. Deshalb ist es auch sehr entscheidend für die gesellschaftliche Transformation hin zur Nachhaltigen Entwicklung die eigenen sowie institutionellen bzw. systemischen Narrative zu überdenken. Viel zu häufig werden eigene Herausforderungen weder kritisch hinterfragt, berichtet noch transparent gemacht. Dort wo über Herausforderungen berichtet wird, wird wiederum häufig verfehlt Erkenntnisse und positive Entwicklungen darzustellen. Dafür ist es zudem notwendig, dass plurale Menschenbilder und Methodenvielfalt aufgezeigt werden (z.B. in den Wirtschaftswissenschaften und der Psychologie).

Hochschulen bilden Narrative zur Umsetzung von Nachhaltiger Entwicklung an Hochschulen vor allem über Öffentlichkeitsarbeit und die enge Zusammenarbeit mit Hochschulangehörigen. Formal sowie als Instrument zur Steuerung stellen Nachhaltigkeitsberichte Narrative über die Tätigkeiten dar. Diese können ein wertvolles Instrument sein, um intern Daten zu erheben und einen Überblick über die Handlungsfelder der eigenen Hochschule zu erlangen. Sie verlieren allerdings ihren Sinn, sobald sie zum Marketing-Instrument verfallen, in dem z.B. Zahlen oder Kriterien nach Belieben veröffentlicht oder zurückgehalten werden. Auch ist stets der Arbeitsaufwand zu beachten, der üblicherweise zur Vernachlässigung anderer Projekte und Vorhaben führt. Deshalb ist eine integrative Verzahnung mit anderen Berichten und die Einbindung von Student*innen in der Bewertung der Daten wichtig. Student*innen unbezahlt Daten für einen Nachhaltigkeitsbericht erheben zu lassen lehnen wir ab, da dies einerseits Aufgabe von Hochschulen ist und wir andererseits geleistete Tätigkeit auch vergütet wissen wollen.

Es gibt die Erzählung zu Elfenbeintürmen im Kontext von Hochschulen und Wissenschaft insgesamt. Dass Hochschulen so nicht sein sollen, ist gesellschaftlich weitestgehend anerkannt, dennoch kommt dem Bildungs- und Wissenschaftssektor eine entscheidende Rolle dabei zu, Reflexion und gesellschaftliche Anbindung zu ermöglichen. Entscheidend finden wir, dass sowohl Raum zum kritischen Denken als auch für eine gemeinsame Praxis der Wissenschafts- und Gesellschaftskritik gibt. Dabei verstehen wir Bildung auch als die Entwicklung mündiger Persönlichkeiten und Kritische Wissenschaft als Prozess der Selbstbefreiung des Menschen durch Aufklärung.  

Wir finden es wichtig, lokale Narrative des Wandels zu entwickeln. Dazu gehört, Begegnungs- und Diskussionsräume für die Ausgestaltung und Diskussion eines Wandels innerhalb und außerhalb der Hochschulgremien zu schaffen, damit der Diskurs hochschulweite Bedeutung entfalten kann. Regionale und Überregionale Vernetzung sorgen für einen Erfahrungsaustausch. Konkrete dafür sinnvolle Formate sind u.a. Open Educational Resources (also offene Bildungsmaterialien für alle), politische Bildung über sozialökologisch wirksame Handlungen sowie die Schaffung von und Mitarbeit in Reallaboren. Reallabore sind eine Kooperation zwischen Wissenschaft und Zivilgesellschaft, die an einem realweltlichen Problem im Kontext der Nachhaltigen Entwicklung transdisziplinär System-, Ziel- und Transformationswissen sowie Interventionen erarbeiten.

Aufruf zum Wandel!

Selbstverständlich muss Nachhaltige Entwicklung auch bei uns im Verband stattfinden. Bereits im August 2017 haben wir den Beschluss „Bildung für eine Nachhaltige Entwicklung verankern und leben“ gefasst. Für die Mitgliederversammlungen und andere fzs-Veranstaltungen existieren Richtlinien in Bezug auf Beschaffung und Verpflegung. Im Frühjahr 2018 gab es eine Positionierung zum Kohleausstieg, indem sowohl auf die ökologische, soziale und auch ökonomische Dimension des Kohletagebaus und der Kohleverstromung sowie auch Handlungsmöglichkeiten an die Student*innenschaften formuliert wurden. Um weiterhin glaubhaft Nachhaltige Entwicklung an Hochschulen und Gesellschaft einzufordern, bedarf es sich weiterhin an den Leitlinien im Verband zu orientieren und die Vorbildfunktion gegenüber Politik, Student*innenschaften und Gesellschaft wahrzunehmen. Gleichzeitig ist es sehr wichtig einen Wandel von Systemen und politischen Entscheidungen zu erreichen. 

Das tun wir mit unserer alltäglichen politischen Arbeit: Fast jeder Ausschuss ist inhaltlich anschlussfähig für das Themengebiet Nachhaltige Entwicklung. Deshalb sind alle Ausschüsse aufgefordert für jedes folgende Arbeitsprogramm ihren Bezug zum Themengebiet Nachhaltige Entwicklung aufzuzeigen. 

Wir können diesen Wandel nicht nur im Verband selbst, sondern auch in unseren jeweiligen Student*innenschaften anstoßen. Deshalb verpflichten wir uns als Verband und als Student*innenschaften darüber hinaus selbst Seminare und Weiterbildungsmöglichkeiten zum Themenkomplex Nachhaltige Entwicklung durchzuführen bzw. andere Themen und Kampagnen damit zu verbinden. In unseren Student*innenschaften richten wir Beauftragte, Referate o. ä. zu Nachhaltiger Entwicklung ein. Arbeitsgemeinschaften und Initiativen an unseren Hochschulen, die sich mit dem Themenfeld beschäftigen, machen wir auf unsere Positionierung aufmerksam und unterstützen diese entsprechend. Den institutionellen Wandel für eine Nachhaltige Entwicklung können wir zusammen voran bringen.

Lasst uns gemeinsam vernetzen, solidarisch handeln und für eine global gerechtere Welt in Gegenwart und Zukunft streiten!