- 1. Neue Studienplätze? – Diskussion erstmal vertagt
- 2. Schwarz-Grün hält an Studiengebühren fest
- 3. Internationalisierung: Mangelnde Integration von Studierenden
- 4. Breites Bündnis fordert Verbesserungen in der Bildungsfinanzierung
- 5. Bundestag beschließt neues Wohngeld – Auswirkungen für Studierende
- 6. Studierende für Serbien: Austausch statt Isolation
- 7. Plakatwettbewerb für das Recht auf Bildung gestartet
- 8. Neue Publikationen: Bericht zur Fachtagung „Soziale Dimension im Bologna Prozess“
1. Neue Studienplätze? – Diskussion erstmal vertagt
Mit dem ersten Hochschulpakt, der vor einem Jahr von Bund und Ländern initiiert wurde, wurden gleich mehrere Ziele verbunden: Einerseits sollte in zahlreichen Bundesländern neue Studienplätze geschaffen werden, um den erwarteten Anstieg von StudienanfängerInnen zu bewältigen. Gleichzeitig diente der Hochschulpakt dazu, die überlasteten Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen durch zusätzliche Gelder zu entlasten, und nicht zuletzt sollte mit den Bundesmitteln verhindert werden, dass in den finanzschwächeren neuen Bundesländern Studienplätze abgebaut werden. Mit einem Finanzvolumen von mehr als 1,3 Milliarden sollen nicht nur rund 90.000 neue Studienplätze entstehen, sondern auch für die Forschung erhebliche Zusatzmittel bereit gestellt werden. Der Hochschulpakt I hat dabei eine Laufzeit von 2007 bis 2010. Für die zusätzlichen Mittel ab dem Jahr 2011 steht also demnächst eine neue Verhandlungsrunde an, die die Zeit bis 2015 abdecken soll.
Schon im Januar dieses Jahres rief der nordrhein-westfälische Innovationssminister Pinkwart nach Milliarden für neue Studienplätze, die der Bund bezahlen sollte, und kurze Zeit später gab sich Bundesbildungministerin Schavan überzeugt: „Im Mai werden wir gemeinsam über einen Hochschulpakt II mit Schwerpunkt des Ausbaus von Studienplätzen diskutieren. Damit zeigen Bund und Länder, dass sie die gemeinsame Verantwortung im Interesse der Studierenden wahrnehmen.“ Nur: Die Sitzung des Wissenschaftsrates, der am 19. Mai diskutieren sollte, wie nach dem Jahr 2010 weitere Studienplätze geschaffen werden könnten, wurde aber erstmal abgesagt und auf unbestimmte Zeit vertagt.
Dennoch ist die Diskussion um einen Hochschulpakt II voll entbrannt. Noch vor der Sommerpause wollen Bund und Länder überlegen, wie die Nachfolge des ersten Hochschulpaktes, bei dem der Bund immerhin 565 Millionen Euro für neue Studienplätze ausgab, aussehen soll. Während sich Ministerin Schavan noch nicht zu konkreten Überlegungen äußerte, forderte die SPD-Bundestagsfraktion im März schonmal 200.000 neue Studienplätze und die Umstellung der Hochschulfinanzierung auf ein Ausgleichssystem ein. Demnach sollte auch der Bund weniger Geld in die Forschungsförderung stecken (und die Länder stärker in die Pflicht nehmen), sondern einen „Pakt für die Lehre“ anvisieren.
Unabhängig davon, ob sich Bund und Länder einigen werden und Bundesministerin Schavan ihren Finanzminister in den anstehenden Haushaltsverhandlungen von zusätzlichen Ausgaben in Milliardenhöhe überzeugen kann: Es waren gerade die Länder, die über Jahre hinweg die 2006 in Kraft getretene Föderalismusreform forcierten und letztlich dazu beitrugen, dass dem Bund nur noch marginale Kompetenzen in der Bildungspolitik blieben. So richtig die Forderung nach mehr Bundesmitteln auch sein mag – einen faden Beigeschmack hat es allemal, wenn sich die ansonsten so föderalismusfreudigen Länder nun lautstark zu Wort melden und mehr Geld wollen. Dass sie selbst die finanziellen Herausforderungen nicht stemmen könnten, war zumindest absehbar…
2. Schwarz-Grün hält an Studiengebühren fest
Die seit dem 7. Mai regierende schwarz-grüne Koalition in Hamburg hat sich in ihrem Koalitionsvertrag auf ein neues Studiengebührenmodell verständigt. Demnach sollen Studierende künftig nach Ablauf ihres Studiums Gebühren in Höhe von 375 Euro/Semester zahlen, sofern sei ein Jahresverdienst von 30.000 Euro brutto erreichen. Die anfallenden Zinsen sollen durch die öffentliche Hand sicher gestellt werden, während gleichzeitig die derzeit bestehenden Ausnahmetatbestände, die die Entlastung einzelner Gruppen von Studierenden, „radikal reduziert“ werden. Für Studierende, die aufgrund ihrer Beteiligung an einem Gebührenboykott von Exmatrikulation bedroht sind, „soll eine Lösung gefunden werden“ – zur vollständigen Rücknahme der Exmatrikulation konnte sich die neue Koalition nicht entschließen.
Das neue Hamburger Gebührenmodell wurde von vielen bildungspolitischen Akteuren deutlich abgelehnt. Der fzs kritisierte die Einigung auf das Schärfste und bedauerte, dass die demokratische Mehrheit von SPD, Grünen und Linken nicht zur Gebührenabschaffung genutzt worden sei: „Der Wählerwille in Hamburg war eindeutig für eine Abschaffung der Studiengebühren“, so Florian Hillebrand vom fzs-Vorstand. Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren wies darauf hin, dass der Kompromiss „sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung“ sei, wie der ABS-Geschäftsführer André Schnepper erklärte; eine Abschaffung sähe allerdings anders aus.
Neben der Einführung eines nachlaufenden Gebührenmodells haben CDU und GAL einzelne weitere Punkte von hochschulpolitischer Relevanz im Koalitionsvertrag angesprochen. Demnach soll das Hamburger Hochschulgesetz zur Mitte der Legislaturperiode insbesondere mit Blick auf die neuen Leitungsgremien evaluiert werden. Zum Hochschulbau soll darüber hinaus eine „Prioritätenliste“ erstellt werden.
3. Internationalisierung: Mangelnde Integration von Studierenden
Mit dem Sonderbericht „Internationalisierung des Studiums“ hat das Deutsche Studentenwerk eine aktualisierte Grundlage zur Situation ausländischer Studierender in Deutschland sowie deutscher Studierender im Ausland vorgelegt. Der auf der 18. Sozialerhebung basierende Sonderbericht kommt zu zwei zentralen Ergebnissen: Erstens sind ausländische Studierende in Deutschlang nicht hinreichend integriert und sind mit erheblichen Schwierigkeiten bei ihrer Studienfinanzierung und ihrem Studienverlauf konfrontiert, häufig beenden sie ihr Studium frühzeitig und ohne Abschluss.
Bei der Untersuchung der Situation deutscher Studierender setzt sich die bekannte soziale Ungleichheit innerhalb der Studierendenschaft fort: „Studierende aus einkommensstarken, hochschulnahen Familien gehen doppelt so häufig ins Ausland wie jene aus einkommensschwächeren, hochschulfernen Familien“, so DSW-Präsident Rolf Dobischat bei der Vorstellung der Studie.
Hinsichtlich der Situation ausländischer Studierender forderte der fzs massive Verbesserungen in der Studienfinanzierung ein. Die einzelnen Verbesserungen gegenüber dem letzten Bericht erkannte der studentische Dachverband zwar an, wies aber gleichzeitig auf die Probleme ausländischer Studierender mit Blick auf ihre Erwerbstätigkeiten hin: „Die arbeitsrechtlichen Beschränkungen müssen aufgehoben werden, damit den ausländischen Studierenden überhaupt möglich ist, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen“, so Regina Weber vom fzs-Vorstand zu der Regelung, wonach Studierende aus dem Nicht-EU Ausland derzeit lediglich 90 ganze oder 180 halbe Tage im Jahr arbeiten dürfen.
Der hochschulpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Kai Gehring, forderte anlässlich der Veröffentlichung des Sonderberichtes eine Verbesserung des BAföG, um mehr Studierenden einen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen: „Der BAföG-Anspruch muss auf Studienaufenthalte in allen Staaten des Bologna-Raums ausgedehnt werden.“
4. Breites Bündnis fordert Verbesserungen in der Bildungsfinanzierung
Ein breites Bündnis bildungspolitischer Akteure hat sich in einer gemeinsamen Erklärung für eine Verbesserung der staatlichen Bildungsfinanzierung auf allen Ebenen ausgesprochen. In der Erklärung vom studentischen Dachverband fzs und dem Bund demokratischer WissenschaftlerInnen (BdWi) sowie zahlreichen weiteren studentischen Organisationen heißt es, das Bildungssystem müsse allen Menschen auf allen Ebenen offen stehen und staatlich finanziert bleiben.
Die Schieflage in der Bildungsfinanzierung sei die Folge einer verfehlten Steuerpolitik der vergangenen Jahre: „Durch Steuersenkung vergangener Jahre können die öffentlichen Finanzen die notwendigen Ausgaben im Bildungsbereich nicht mehr stemmen. Deshalb ist eine Diskussion über die aktuelle Steuerpolitik dringend nötig. Eine gerechte Steuerpolitik muss die, die viel haben, in Zukunft auch stärker belasten. Bildungsausgaben dürfen nicht gegen andere Ausgaben, insbesondere für soziale Leistungen, ausgespielt werden.“
Die Erklärung wurden neben dem fzs und dem BdWi vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS), dem Bundesausschuss der Studentinnen und Studenten in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW-BASS), dem Bündnis Grün-Alternativer Hochschulgruppen (Campusgrün), dem sozialistisch-demokratischen Studierendenverband sowie den die Juso-Hochschulgruppen unterzeichnet.
5. Bundestag beschließt neues Wohngeld – Auswirkungen für Studierende
Ende April hat der Bundestag einen von Bundesbauminister Tiefensee vorgelegten Entwurf für eine Novellierung des Wohngeldes beschlossen. Dabei wird das Wohngeld, das seit 2001 nicht mehr erhöht wurde, deutlich angehoben: Um bis zu 60% mehr sollen BezieherInnen von Wohngeld künftig erhalten. Die Erhöhung wurde als Folge von Mietpreiserhöhungen, vor allem aber von massiven Heizkostenerhöungen in den vergangenen Jahren erforderlich, so Tiefensee bei der Begründung des Programmes, das 520 Millionen jährlich kosten soll. Von diesen Erhöhungen profitieren damit auch Studierende, die als Geringverdiener in einigen Fällen Wohngeld erhalten, sofern sie keine anderen Transferleistungen wie BAföG oder Leistungen nach SGB II beziehen.
Allerdings haben gerade für Studierende die neuen Regelungen auch ihre Kehrseite: Das neue Wohngeld sieht auch eine Veränderung des bisherigen Haushaltsbegriffes vor. Künftig gilt, dass alle BewohnerInnen einer Wohngemeinschaft als ein Haushalt gelten werden. Anders formuliert: Wenn der/die MitbewohnerIn in einer Wohngemeinschaft BAföG bezieht oder zuviel verdient, wird künftig der Anspruch auf Wohngeld wegfallen. Gerade für Studierende, zu deren beliebtesten Wohnformen die Wohngemeinschaft gehört, sind die neuen Regelungen damit zweischneidig.
6. Studierende für Serbien: Austausch statt Isolation
Gemeinsam mit dem AStA der Uni Mainz hat der fzs eine Fotoshow zugunsten der serbischen Jugendinitiative „Evropa nema alternativu – No alternative to Europe!“ veranstaltet. Die Fotoshow unterstützt damit den serbischen Zusammenschluss von Studierenden und Jugendinitiativen, der sich gegen separatistische und nationalistische Bestrebungen in Serbien einsetzt und den Austausch zwischen jungen Menschen in Serbien und anderen europäischen Ländern fördert. Der Zusammenschluss fordert Verbesserungen bei den Visabestimmungen von EU-Ländern und setzt sich für einen verbesserten Austausch von WissenschaftlerInnen sowie verbesserte Mobilität junger Menschen aus Serbien ein.
Der fzs und der AStA der Uni Mainz unterstützen die Forderungen der Jugendinitiative und setzt sich klar gegen die nationalistischen Tendenzen und für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Serbien und den Ländern der Europäischen Union ein. Neben der Aktion in Mainz wurden zeitgleich in fünf anderen europäischen Städten die Siegerfotos des Wettbewerbs „Europe through my eyes“ präsentiert.
7. Plakatwettbewerb für das Recht auf Bildung gestartet
Mit einem Plakatwettbewerb wollen der studentische Dachverband sowie das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) auf die Missachtung des Rechts auf Bildung in Deutschland aufmerksam machen. Mit dem Plakatwettbewerb, der sich an Studierende richtet, möchten die beiden Organisationen das Thema Bildung und Studiengebührenfreiheit in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Diskussionen rücken. „Diskriminierung aufgrund der sozialen und nationalen Herkunft, des Vermögens und der Geburt ist leider noch immer an der Tagesordnung“, begründete André Schnepper vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) den dringenden Handlungsbedarf.
Imke Buß, Vorstandsmitglied im fzs, wies anlässlich der Vorstellung des Plakatwettbewerbes darauf hin, dass Bund und Länder systematisch den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte missachteten: „Zunehmende Individualisierung der Bildungskosten ist nicht nur unter bildungspolitischen, sozialen und volkswirtschaftlichen Aspekten zu kritisieren. Sie steht auch im Gegensatz zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die die Bundesrepublik Deutschland durch Unterzeichnung und Ratifizierung des internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) eingegangen ist.“
Der nun ausgeschriebene Plakatwettbewerb, für den die „taz“ als Medienpartner gewonnen werden konnte, ist mit attraktiven Preisen u.a. vom Künstlerbedarf Boesner dotiert. Einsendeschluss ist der 30. Juni.
Der fzs hat gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Klage gegen die Bundesrepublik eingereicht, da das Recht auf Bildung in Deutschland nicht verwirklicht werden. Genau darauf haben sich Bund und Länder durch die Unterzeichnung des UN-Sozialpaktes 1968 verpflichtet. Die Klage wird derzeit vor dem Überwachungsgremium zur Einhaltung des Paktes geprüft.
8. Neue Publikationen: Bericht zur Fachtagung „Soziale Dimension im Bologna Prozess“
Die soziale Dimension ist seit 2001 als Aktionslinie im Bologna Prozess vorgesehen, doch erst seit 2007 wurde sie konkreter ausgestaltet: Bei der Londoner Konferenz der europäischen BildungsministerInnen im Mai 2007 haben die 46 Unterzeichnerstaaten der Bologna-Erklärung vereinbart, nationale Aktionspläne zur Realisierung der sozialen Dimension im Bologna-Prozess vorzulegen. Bei der im Januar 2008 in Berlin veranstalteten Tagung wurde über die möglichen Maßnahmen eines deutschen Aktionsplanes zur Realisierung der sozialen Dimension im Bologna-Prozess diskutiert. fzs und GEW haben nunmehr einen Tagungsbericht veröffentlicht.
Der Bericht der Fachtagung ist kostenlos verfügbar.