Bundeshochschulgesetz – Zukunft mit Zukunft: Nachhaltige Ausgestaltung legislativer Prozesse

Die Vision eines gemeinsamen internationalen Hochschulraumes ist und bleibt eine Utopie. Bevor der gemeinsame europäische Hochschulraum umgesetzt und vor allem gelebt werden kann, bedarf es einer soliden Grundlage in den einzelnen Mitgliedern einer solchen Gemeinschaft. Der derzeitige bildungspolitische Flickenteppich in Deutschland kann dafür kein Maßstab sein. Eines der großen Ziele der Bildungsreformen war die Verwirklichung eines freieren Studiums und die Möglichkeit problemlos zwischen Hochschulen und Studienrichtungen zu wechseln. Das genaue Gegenteil bewirkt allerdings der vorherrschende Bildungsföderalismus. Als logische Konsequenz der damit einhergehenden Probleme kann es nur sein, die Föderalismusreform zurückzunehmen und bundeseinheitliche Regelungen einzuführen.

Aus Sicht des fzs brauchen wir deshalb nicht die Abschaffung, sondern die Reformierung des alten Hochschulrahmengesetz hin zu einem Bundeshochschulgesetz (BHG).

Das Bundeshochschulgesetz löst die bisher geltenden Landeshochschulgesetze der einzelnen Bundesländer in ihren wesentlichen Inhalten ab und gibt den Hochschulen ihre grundlegenden Strukturen und Aufgaben.

So müssen die einzelnen Aufgaben(-bereiche) der Hochschulen klar geregelt sein, um einen Nutzen für die gesamte Gesellschaft zu erzielen. Dieser Aufgabenkatalog reicht von der Persönlichkeitsentwicklung jedes Individuums bis hin zur Rechenschaftspflicht gegenüber der gesamten Gesellschaft. Die Mitglieder der Hochschule sollten zur Umsetzung ihrer Aufgaben in Statusgruppen unterteilt sein, die auch eine bundesweite Vertretung besitzen müssen. Um die lokalen Gegebenheiten der Hochschulen zu strukturieren bedarf es einer akademischen Selbstverwaltung mit klar definierten Kernaufgaben und paritätischen Verhältnissen in allen beschlussfassenden Gremien.

Auch wird im Bundeshochschulgesetz festgeschrieben, dass das Studium grundsätzlich für alle frei ist. Dies bedeutet keine Zugangs- und Zulassungsvoraussetzungen, aber auch eine grundsätzliche Freiheit von Gebühren und Beiträgen. Die Freiheit des Studiums bedeutet auch, dass das Studium frei von Maximalstudiendauer ist. Die semantisch gewandelte Begrifflichkeit ”Regelstudienzeit” muss wieder zur Verpflichtung für die Hochschulen werden, einen Studiengang in einer bestimmten Zeit überhaupt studierbar zu machen. Das Studium muss dabei grundsätzlich selbstbestimmt sein, ohne Anwesenheitspflicht und Leistungsdruck. Hierzu ist es auch erforderlich, dass Standards für die Studierbarkeit von Studiengängen und Anerkennung von Studienleistungen gesetzlich festgeschrieben werden.

Es ist sowohl die Studienfinanzierung als auch die Hochschulfinanzierung in seinen Grundzügen im BHG verankert. Allen muss ein Studium ermöglicht werden, unabhängig von individuellen, sozialen und finanziellen Voraussetzungen. Des Weiteren gehört es zur Aufgabe der Hochschule, sich für die sozialen Belange aller Mitglieder einzusetzen.

Die Hochschule in gesellschaftlicher Verantwortung

Zentrale Aufgaben der Hochschulen sind Lehre und Forschung sowie Kunst, Sport und Kultur. Gleichzeitig darf dies keine abschließende Auflistung sein; aus studentischer Sicht sind genauso Persönlichkeitsentwicklung, Nachhaltigkeit und die Möglichkeit des kritischen Hinterfragens erforderlich.

Die Einrichtung einer für alle Hochschulen gültigen Zivilklausel ist unumgänglich, um der gesellschaftlichen Verantwortung von Hochschulen gerecht zu werden. Verantwortungsbewusste Lehre und Forschung bedeuten gleichzeitig auch einen enormen Beitrag zum gesellschaftlichen Fortschritt. Diese Verantwortung ist sowohl in regionalen als auch überregionalen Zusammenhängen zu betrachten. Die Persönlichkeitsentwicklung wird durch die Hochschule nur dann umgesetzt, wenn diese einen diskriminierungsfreien Erprobungsraum darstellt, der für ein lebenslanges Lernen genutzt werden kann.

Um neue Gedankengänge und Ideen in die kreativen Prozesse weiterzuentwickeln und andere Perspektiven einbeziehen zu können, ist der Austausch und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene unabdingbar.

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Gruppenhochschule neu denken

Demokratische Partizipation und verantwortliche Mitgestaltung des gesellschaftlichen Lebens sind die notwendige Basis einer demokratischen Gesellschaft, die auf die Teilhabe aller in ihr lebenden Individuen am gemeinsamen Entscheidungsprozess setzt. Die Umsetzung dieser demokratischen Grundprinzipien beginnt vor allem im direkten Lebensumfeld der Menschen als Bürger*innen, die nicht allein auf ihre Pflichten verwiesen werden, sondern auch befähigt sind von ihren Rechten Gebrauch machen zu können.

An der Hochschule setzen die Statusgruppen nicht nur den Rahmen der akademischen Partizipation und Mitgestaltung; sie wirken aktiv an selbiger mit und bilden deren Voraussetzung.

Der rechtliche Status als Teilkörperschaft öffentlichen Rechts ist für die akademischen Statusgruppen zur Wahrnehmung ihrer Aufgabenerforderlich. Sie müssen als Körperschaften in der Lage sein, unabhängig von der Hochschule zu agieren und gerichtlich und außergerichtlich aufzutreten.

Die Aufgaben der Verfassten Statusgruppen müssen dabei insbesondere eine umfängliche Interessenvertretung beinhalten. Eine solche muss mindestens die Vertretung der wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Interessen umfassen.

Die Mitglieder der Hochschulen werden alle gemäß der Aufgaben, die sie innerhalb der Hochschule übernehmen, den einzelnen Verfassten Statusgruppen zugeordnet.

Die Verfassten Statusgruppen sind als Teilkörperschaften öffentlichen Rechts mit Satzungsautonomie, Finanzautonomie samt Beitragshoheit und allgemeinpolitischem Mandat ausgestattet. Sie verwalten sich selbst und wirken an der Verwaltung der Hochschule mit.

Die örtlich verfassten Statusgruppen müssen dabei nicht nur innerhalb der jeweiligen Hochschule eine schlagkräftige Interessenvertretung sein. Vielmehr müssen diese auch eine bundesweite Selbstvertretung organisieren. Den bundesweiten Interessenvertretungen der Statusgruppen müssen selbstverständlich alle Körperschaften der jeweiligen Statusgruppen angehören. Diese müssen damit auch Körperschaften des öffentlichen Rechts mit den entsprechenden Rechten und Pflichten, die für ihre Mitglieder bereits definiert wurden, sein.

Regionale (bspw. landesweite) Zusammenschlüsse können darüber hinaus auf freiwilliger Basis gebildet werden.

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Selbstverwaltung stärken

Bedingt durch die Satzungsautonomie der Hochschulen ergibt sich die Notwendigkeit von selbstverwalteten Hochschulen. Ein Bundeshochschulgesetz kann daher nur ein grundlegendes Modell vorgeben. Die standortspezifischen Gegebenheiten erfordern passgenaue Regelungen, wie die akademische Selbstverwaltung vor Ort ausgestaltet werden muss. Weitere Organisationseinheiten können in der Satzung festgelegt werden.

Die Beibehaltung von Statusgruppen stellt dabei derzeit das einzig sinnvolle Modell dar, um alle Mitglieder der Hochschule angemessen in die Entscheidungsfindung einzubinden. Dafür ist die Verfasstheit aller Statusgruppen eine notwendige Vorraussetzung.

Ein paritätisch besetztes Zentrales Gremium (ZG) als oberstes beschlussfassendes Gremium der akademischen Selbstverwaltung regelt alle hochschulweiten Angelegenheiten einheitlich.

Alle beschlussfassenden Gremien werden grundsätzlich paritätisch besetzt. Dies schließt auch die Hochschulleitung ein. Die Gremienmitglieder der jeweiligen Statusgruppen werden dabei nur durch die Vertreter*innen ihrer eigenen Statusgruppe gewählt. Eine Kreuzwahl findet nicht statt. Die Gremien mit lediglich beratender Funktion bestehen aus mindestens einem Mitglied jeder Statusgruppe. Die gesamte akademische Selbstverwaltung tagt grundsätzlich öffentlich. Die einzigen Ausnahmen bilden dabei Personal- und Prüfungsangelegenheiten.

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Hochschulen ausfinanzieren

Die Hochschulen müssen zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausfinanziert werden. Dabei kommt dem politischen Gemeinwesen nicht nur die Sicherstellung sondern auch die tatsächliche Umsetzung dieser Finanzierung zu. Mittel Dritter, insbesondere durch Beiträge oder Gebühren, dürfen nicht zur Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben herangezogen werden. Damit sind nicht nur Studiengebühren in jeglicher Form sondern auch Drittmittel aus der Privatwirtschaft ausgeschlossen.

Die Forschungsfinanzierung muss durch geeignete steuerliche Modelle staatlich organisiert werden.

Die Subventionierung nichtstaatlicher Hochschulen wird eingestellt.

Bei der Finanzierung der Studienplätze muss sich das Konzept nach dem Prinzip ”Geld folgt den Student*innen” richten. Dabei ist der Maßstab, mittelfristig allen Studierwilligen einen Studienplatz zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Hochschulen dadurch keiner Wettbewerbslogik unterworfen werden und eine ausgeprägte Wissenschaftslandschaft in allen Regionen vorgehalten wird.

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Diskriminierung überwinden

Zur Förderung der Gleichstellung ist eine weiche 50%-Frauenquote in Berufungskommissionen und denbeschlussfassendenGremien der Selbstverwaltung vorzusehen. Diese Quote wird für jede Statusgruppe separat betrachtet, nicht auf das gesamte Gremium.

Des Weiteren gibt das Gesetz vor, dass per Satzung institutionalisierte Interessenvertretungen festgelegt werden sollen. Da es nicht möglich ist eine abschließende Auflistung von zu vertretenden Gruppen festzulegen, wird dies entsprechend der Situation vor Ort angepasst. Mögliche Vertretungen sind zum Thema Gleichstellung im Sinne von Gender, behinderte Menschen und chronischer Erkrankung und Ausländer*innen einzurichten. Die Hochschulen sind verpflichtet den Interessenvertretungen zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben entsprechende Räume und Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.

Die Kleinstaaterei im Bildungssystem ist gescheitert. Dies kann nur durch das bundesweite Festschreiben von demokratischen Prinzipien vor Ort überwunden werden. Deshalb fordert der fzs die Weiterentwicklung des Hochschulrahmengesetzes hin zu einem Bundeshochschulgesetz.

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