Der Vorstand des freien zusammenschlusses von student*innenschaften (fzs) bedauert, dass die Proteste gegen die Vorlesungen von Prof. Dr. Bernd Lucke an der Universität Hamburg bisher nicht zu einer breiten kritischen Auseinandersetzung mit seiner Lehre und Forschung geführt haben. „Lucke nutzt die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zur Selbstinszenierung. Er verkehrt die Kritik an seiner Lehre zu einer Gefahr für die Meinungsfreiheit, obwohl er seine Meinung jederzeit in 20 Tageszeitungen und bei Maischberger frei äußern kann.“, kritisiert Leonie Ackermann. Statt die Proteste pauschal zu verurteilen sei nun eine gute Gelegenheit, eine Diskussion über Luckes Forschungs- und Lehrtätigkeit zu führen und wie in dieser rechte Ideologien bereits enthalten sind.
Im Hamburger Appell der Ökonomen forderte er schon 2005 mit 242 weiteren Wirtschaftswissenschaftler*innen, dass Geringverdiener*innen die Löhne und Sozialleistungen noch weiter gekürzt werden. Die Bezeichnung „Appell der Ökonomen“ weist gleichzeitig schon daraufhin, dass hier zwischen der wissenschaftlichen und politischen Tätigkeit keine Trennung, sondern im Gegenteil ein direkter Zusammenhang gesehen wurde. Diesen Ansatz, Wirtschaftspolitik von einem vermeintlich wissenschaftlichen Standpunkt zu betreiben, führte Lucke mit dem „Plenum der Ökonomen“ fort. Amanda Steinmaus erklärt: „Natürlich hat Lehre auch immer einen politischen Gehalt und Professor*innen sollten ihre Rolle als gesellschaftliche Akteur*innen ernst nehmen. Das bedeutet aber keinen Freifahrtsschein für Menschenfeindlichkeit an den Hochschulen unter dem Deckmantel der Freiheit der Forschung.“
Die Gründung der AfD war eine logische Konsequenz von Luckes wissenschaftlichen und politischen Überzeugungen. Dass die Partei von Anfang an der Versuch war, Sammelbecken für (fast) alles rechts von CDU und FDP zu sein, zeigt sich an der gezielten Zusammenarbeit mit christlichen Fundamentalist*innen und Nationalist*innen. Lucke verhalf der AfD zum Ruf der „Professorenpartei“ und machte zusammen mit seiner antisozialen Wirtschaftspolitik Positionen, die vorher am rechten Rand vertreten wurden, salonfähig. Die Radikalisierung der AfD durch den Neonazi „Landolf Ladig“, besser bekannt als Björn Höcke, durchkreuzte Luckes Pläne. Jetzt möchte er an der Universität Hamburg genau die wirtschaftspolitischen Positionen vertreten, die ihn damals zur Gründung der AfD motivierten. Weil er sie aber nun als „Wissenschaft“ und „Lehre“ verkauft, wird Protest dagegen delegitimiert. Dazu hält Sebastian Zachrau fest: „Obwohl die kritische Auseinandersetzung mit Lehrinhalten ständig als wichtige Kompetenz von Studierenden bezeichnet wird, darf diese scheinbar nicht so weit gehen, dass Lehrinhalte als inhaltlich falsch und politisch untragbar verworfen werden.“ Jacob Bühler ergänzt: „Es ist absurd, wie manche politische Akteur*innen den demokratisch gewählten Studierendenschaften ihr politisches Mandat entziehen wollen und gleichzeitig nach Wissenschaftsfreiheit rufen, sobald Studierende versuchen, gegen menschenfeindliche Positionen von manchen Professor*innen vorzugehen.“