Informationen zu Stiftungshochschulen

Hintergrund zur Diskussion um Stiftungshochschulen

Die Möglichkeit zur Einrichtung von Stiftungshochschulen geht auf die Novellierung des Hochschulrahmengesetzes 1998 zurück. Hier wurde prinzipiell der Weg eröffnet, Hochschulen auch in anderen Rechtsformen als den traditionellen Körperschaften des öffentlichen Rechts unter staatlicher Verantwortung zu organisieren:

§ 58 Rechtsform und Selbstverwaltungsrecht:

Die Hochschulen sind in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen. Sie können auch in anderer Rechtsform errichtet werden. Sie haben das Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze. Die Hochschulen geben sich Grundordnungen, die der Genehmigung des Landes bedürfen. Die Voraussetzungen für eine Versagung der Genehmigung sind gesetzlich zu regeln.

Im Anschluss an diese Gesetzesnovellierung kam es zu einer Diskussion über die Rechtsformen von Hochschulen. Es wurden sowohl juristische Gutachten erarbeitet, als auch ausführliche Untersuchungen gestartet. Dazu zwei Beispiele:

  1. Eine der am weitesten gefassten Stellungnahmen stammt von Professor Erichsen (Universität Münster). Er geht nicht nur auf das Thema Stiftungshochschulen oder Rechtformen allgemein ein, sondern untersucht insgesamt „Zulässigkeit, Grenzen und Folgen der Hochschulprivatisierung“ (Januar 2000). Was Stiftungshochschulen betrifft, so hält er dieses Modell aus juristischer Perspektive für vereinbar mit dem novellierten HRG. Er macht aber deutlich, dass die Regeln genau diskutiert werden müssen.
  1. Im gleichen Jahr wurde von der Hamburger Wissenschaftssenatorin Krista Sager eine Kommission eingesetzt, die sich mit möglichen Rechtsformen der Hochschulen auseinandersetzen sollte. Im Januar 2001 wurde der Bericht vorgestellt (Langfassung / Kurzfassung). Die Kommission hat sowohl privatrechtliche Organisationsformen als auch Organisationsformen des öffentlichen Rechts untersucht. Was die Organisation nach öffentlichem Recht betrifft, so wird keine endgültige Empfehlung abgegeben. Allerdings wird dargestellt, dass vor dem Hintergrund einer Stärkung der Autonomie der Hochschulen die Modelle einer vollrechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts und einer Stiftung des öffentlichen Rechts geeignet scheinen. Bei der Stiftung wird festgehalten, dass diese „mit einem angemessenen Grundvermögen ausgestattet sein müssen“. Eine vollrechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts hätte ganz genauso das Recht, Liegenschaften eigenverantwortlich zu bewirtschaften und Personalentscheidungen zu treffen.

Mit der Novellierung des niedersächsischen Hochschulgesetzes im Juni 2002 wurde dann erstmalig die Einrichtung von Stiftungshochschulen in einem Landesgesetz möglich gemacht.

§ 55 Niedersächsisches Hochschulgesetz

Eine Hochschule kann auf ihren Antrag durch Verordnung der Landesregierung in die Trägerschaft einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts überführt werden.

Die Gesetzesnovellierung wurde von Professor Jörn Ipsen (Universität Osnabrück) juristisch geprüft. Er hält in seiner Stellungnahme fest, dass „der Übergang zu einer Stiftungsuniversität (…) mit erheblichen Rechtsunsicherheiten behaftet ist.“ Insbesondere kritisiert er, dass bis dato noch unklar ist, wie die Regelung der Beschäftigungsverhältnisse aussehen soll. Außerdem fehlt aus seiner Sicht eine europarechtliche Dimension des Stiftungsmodells. Er befürchtet, dass das Modell durch die durch die staatliche Finanzierung verursachten Wettbewerbsverzerrungen, in Kritik kommen könnte.

Konkrete Pläne und Einrichtung von Stiftungshochschulen

Konkrete Diskussionen zur Einrichtung von Stiftungshochschulen gab es vor allem in Niedersachsen, Hamburg und Berlin. Eine Umsetzung ist bisher nur in Niedersachsen erfolgt.

In Hamburg wurde die oben erwähnte Kommission eingerichtet. Interesse an dem Stiftungsmodell bestand vor allem von Seiten des Präsidenten der Universität Hamburg, Professor Lüthje, der die Stiftungsform für eine „klügere Rechtsform“ hält. Allerdings bietet bisher noch nicht einmal das Hamburger Stiftungsrecht dazu die notwendige Grundlage.

In Berlin wurde im August 2000 von der wissenschaftspolitischen Sprecherin der CDU Fraktion Monika Grütters der Vorschlag geäußert, die FU Berlin in eine Stiftungshochschule zu überführen. Dabei ging sie soweit, dass sich eine Stiftungsuniversität vom Tarif- und Arbeitsrecht lösen könne und mit „Sponsoring und Studiengebühren mehr Geld einnehmen kann“. Ausführliche Kritik findet sich in den Anmerkungen von Benjamin Hoff (PDS) zu ihrem Vorschlag. Er hält den Vorschlag finanziell nicht durchführbar. Bei einer staatlich finanzierten Stiftungshochschule würde die notwendige Höhe der staatlichen Zuweisungen zwangsläufig die anderen Hochschulen benachteiligen. Auch aus wissenschaftspolitischer Sicht, hält er die Umwandlung für falsch. Es sei lediglich ein Prestigeprojekt der CDU, aber kein Beitrag zu einer Hochschulreformdiskussion.

In Niedersachsen wurden die Pläne zur Einrichtung von Stiftungshochschulen dagegen bis zur Umsetzung weitergeführt. Im Januar 2002 wurde (unter anderem vom CHE) zu einem Symposium eingeladen, bei dem die (übrigens ausschließlich männlichen) Referenten die Stiftungsorganisation für Hochschulen näher konkretisierten. Dazu gehörte die Fragen nach Entstaatlichung bei gleichzeitiger staatlicher Verantwortlichkeit, die finanziellen Notwendigkeiten und Möglichkeiten und die Regelungen im Bereich des Personals. Grundtenor war, dass ein Stiftungsmodell Risiken beinhaltet, die aber durch klare Regelungen minimiert werden können. Was die Finanzierung betrifft, wurde deutlich gemacht, dass private Mitteleinwerbung erst sehr langfristig gesehen tatsächlich zu großen Teilen zur Finanzierung beitragen können wird.

Nach der Novellierung des Landeshochschulgesetzes im Sommer 2002 entschieden sich fünf Hochschulen dazu, einen Antrag zur Überführung zur „Stiftungshochschule“ zu stellen. Notwendig ist dazu ein Beschluss des Senats mit 2/3 Mehrheit. Zuvor war im Oktober eine Vereinbarung zwischen Land, ver.di und Marburger Bund (Verband der Klinikärzte in Niedersachsen) unterzeichnet worden, die personalrechtliche Fragen (u.a. Kündigungsschutz, mögliche Rückkehr in den Landesdienst bei Verschlechterung der Arbeitsbedingungen …) geklärt hat.

Zum 1. Januar 2003 wurden damit dann die Universitäten Göttingen, Hildesheim und Lüneburg, die Tierärztliche Hochschule Hannover sowie die Fachhochschule Osnabrück in die Trägerschaft öffentlich-rechtlicher Stiftungen überführt. Ende Februar gab der niedersächsische Wissenschaftsminister Thomas Oppermann bekannt, dass die Stiftungen in Zukunft auch über das Berufungsrecht verfügen können. Dies geschah auf Bitte der Stiftungshochschulen. Bei den Diskussionen über das Hochschuloptimierungskonzept (HOK) 2003 gab es auch Kritik von Seiten der Stiftungsräte. Hier wurde deutlich gemacht, dass es gerade für den Erfolg einer Stiftung wichtig sei, sich auf eine langfristige Finanzierungssicherung verlassen zu können. Der Stiftungsrat der Universität Göttingen dazu: „(…) Außerdem ist es gerade für eine Stiftungshochschule, die auch private Mittel einwerben soll, umso wichtiger, dass sie sich (…) in ihrer Finanzplanung auf verlässliche Finanzierungsaussagen der öffentlichen Hand stützen kann. Der Stiftungsrat sieht darin eine wesentliche Voraussetzung für eine Mittelakquisition im nichtstaatlichen Bereich (…).“ Im Rahmen des 2. Nachtragshaushaltes 2003 mussten die fünf Stiftungshochschulen keine Kürzungen vornehmen. Organisation von Stiftungshochschulen

Am Beispiel von Niedersachsen soll im folgenden ein Stiftungsmodell in seiner theoretischen Form dargestellt werden. (Die Übersicht stammt im wesentlichen von Klaus Palandt in seinem Beitrag „Stiftungshochschulen“ für die Ausgabe 6/2002 für „Das Hochschulwesen“)

  • Ein Antrag auf Überführung in eine „Stiftungshochschule“ muss vom Senat mit einer 2/3 Mehrheit beschlossen werden.
  • Von der Landesregierung wird eine Verordnung beschlossen, die die Überführung beinhaltet. Darin müssen alle wesentlichen Informationen zur Stiftung aufgeführt sein.
  • Das Leitungsorgan der Hochschule ist zugleich Vorstand der Stiftung. Anstelle des Ministeriums tritt ein Stiftungsrat, der von Hochschule und Landesregierung gemeinsam eingesetzt und bestätigt wird. Stiftungshochschulen stehen weiterhin in staatlicher Verantwortung (Das Land regelt die Gesamtkoordination der Hochschulentwicklung und bleibt in der Verantwortung für die Finanzierung)
  • Körperschaft und Stiftung bilden eine Einheit. Die Selbstverwaltungsrechte der Hochschule sollen also nicht berührt werden. Anstelle des staatlichen Haushalts wird ein eigener Wirtschaftsplan aufgestellt. Er setzt sich aus staatlichen Mitteln, Drittmitteln und Mitteln durch eigen Erwerb zusammen. Neu bei Stiftungshochschulen ist, dass eben auch die Mittel aus dem Vermögen bzw. aus Spenden hinzukommen (evtl. über Alumni Strukturen)
  • Die staatlichen Mittel werden über Zielvereinbarungen bestimmt Privat eingeworbene Mittel sollen im Finanzierungsplan von staatlicher Seite nicht angerechnet werden.
  • Die Stiftung erhält das Dienstherrenrecht vom Staat übertragen. Damit kann sie selbst über die Einstellung von BeamtInnen entscheiden. Im Fall von Niedersachsen wurde auch das Berufungsrecht zugesprochen.

Pro und Contra Stiftungshochschulen

Im Rahmen der obigen Darstellung sind zahlreiche Stellungnahmen zu Stiftungshochschulen bereits genannt worden. Im folgenden wird versucht, die Argumente gegenüber zu stellen. Die angeführten Pro-Argumente sind direkte Zitate vom niedersächsischen Wissenschaftsministerium .

Die Gegenargumente stammen vor allem aus einer Stellungnahme des BdWi, einer Stellungnahme des AStA der Uni Osnabrück, sowie einer Stellungnahme der LandesAStenKonferenz Niedersachsen. Die Argumentation bezieht sich dabei häufig auf die direkte Situation in Niedersachsen.

„Mit der Überführung in die Trägerschaft einer Stiftung werden die Hochschulen rechtlich eigenständige Organisationen. Die staatliche Verantwortung die Finanzierung bleibt gewahrt. Das Verhältnis Hochschule Staat wird in Zukunft nicht mehr über Erlasse und Verordnungen, sondern über Zielvereinbarungen geregelt.“

  • Es gibt auch andere Möglichkeiten als Stiftungsmodelle, um Hochschulen in eigenständige Organisationen umzuwandeln. Zu nennen ist hier z.B. der im Hamburger Bericht erarbeitete Vorschlag einer vollrechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts.
  • Wenn die Stiftung als Stiftung funktionieren soll, dann müssten die staatlichen Mittelzuweisungen extrem hoch sein. Eine Stiftung soll sich ja gerade durch ihr Stiftungskapital und nicht durch laufende Zuweisungen hauptsächlich finanzieren. Der Aufbau eines staatlichen Stiftungskapitals ist aber in absehbarer Zeit nicht realistisch. Außerdem ist problematisch, wie die Budgetierung, der Parlamente ausgesetzt sind, mit einem Stiftungsmodell in Vereinbarung gebracht werden soll. Es ist zu befürchten, dass die zur Verfügung stehenden Mittel der Universität faktisch geringer werden, da man sich einmal auf einen Betrag geeinigt hatte und der nun so bleibt – ganz egal, ob z.B. durch steigende Studierendenzahlen ein erhöhter Bedarf notwendig wird. Auch im umgekehrten Fall der Kürzungen durch die Landesregierung ist es ungerecht, wenn Stiftungshochschulen von solchen Kürzungen verschont bleiben, während andere Hochschulen zurückstecken müssen.
  • Die Aufhebung der bisher geltenden Erlasse stellt ein großes Problem für die Neuorganisation an der Hochschule dar. So müssen zahlreiche neue Regelungen getroffen werden. Diese betreffen beispielsweise auch Gleichstellungsfragen oder den Lohn von wissenschaftlichen Hilfskräften. Auch ohne volle Rechtsfähigkeit können Zielvereinbarungen mit Hochschulen geschlossen werden. Auch wenn es sich dabei faktisch um Verträge handelt, die das Land mit sich selbst schließt, können diese, wenn auch keine rechtliche Verbindlichkeit, so doch politische Verbindlichkeit haben. Dies wird in zahlreichen Fällen so praktiziert.

„Die Stiftungshochschulen können langfristig ein Stiftungsvermögen aufbauen (etwa durch Spenden von Absolventen, den so genannten „Alumni”) und dabei die Vorteile des Stiftungssteuerrechts nutzen. Die Erträge werden staatliche Mittel nicht ersetzen, sondern ergänzen. Als Startkapital stellt das Land fünf Millionen Euro für den Aufbau eines professionellen Spendenmanagements („Fundraising”) zur Verfügung.“

  • Es gibt in Deutschland bisher noch keine Alumni-Struktur. Man muss sich bewusst sein, dass es sich deshalb bei der genannten Langfristigkeit um einen Zeit handelt, die nicht in einer Generation Wirkung entfaltet. Bis dahin bleibt zu befürchten, dass die staatlichen Mittel zum Aufbau des Stiftungsvermögen verwendet werden, was zu einer Einschränkung der Qualität an den Hochschulen führt.
  • Das Startkapital des Landes ist bei weitem zu klein, um Wirkung entfalten zu können. Zum Vergleich kann man sich amerikanische Universitäten ansehen, bei denen häufig mehrere Hundert MitarbeiterInnen mit Fundraising betraut sind. 5 Millionen Euro sind dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Zumal es sich um eine einmalige Zahlung handelt.
  • Das Fundraising wird sich nach regionalen Gesichtspunkten unterscheiden. Stiftungshochschulen in infrastrukturell benachteiligten Gebieten werden voraussichtlich weniger private Mittel einwerben können, als solche, die sich in einer anderen Region befinden. Solche Standortfragen haben aber mit dem von verschiedener Seite gewünschten Wettbewerb zwischen Hochschulen wenig zu tun.

„Die Stiftung wird Dienstherrin der beschäftigten Beamten und Arbeitgeberin für die Angestellten. Die für den Betrieb der Hochschule benötigten Gebäude und Grundstücke gehen in das Eigentum der Stiftung über und können so ohne bürokratische Fesseln effizienter bewirtschaftet werden. Die Aufgaben, die bislang vom staatlichen Baumanagement erfüllt wurden, gehen in die Zuständigkeit der jeweiligen Hochschulen über.“

  • Eine damit verbundene größere Autonomie der Hochschule ist zu begrüßen, allerdings soll noch einmal deutlich gemacht werden, dass dafür die Organisation einer Stiftung nicht erforderlich ist, sondern sich andere Organisationsmodelle genauso eignen würden. Bedenklich erscheint das Risiko, das die Stiftung damit trägt. Die Entwicklung der Liegenschaften ist nicht abzusehen. Wenn sich Neuerungsbedarf ergibt, dann wird zwangsläufig die Qualität der Lehre und Forschung an der Hochschule darunter leiden.
  • Die Liegenschaften waren bisher zwar Eigentum des Landes, aber trotzdem Räume der Universität. Wenn diese nun nach Effizienzkriterien bewirtschaftet werden sollen, steht zu befürchten, dass die Freiheit an der Hochschule eingeschränkt wird. Vor allem was Räumlichkeiten für studentische Veranstaltungen betrifft, könnten diese schnell zugunsten von Veranstaltungen des Stifterrates zurückgestellt werden. Durch die erhöhte Raumnutzung ergeben sich außerdem auch höhere Abnutzungserscheinungen.

„Im Gegensatz zur bisherigen Anstalt des öffentlichen Rechts (Staatsbetrieb) gilt die Stiftung als Institution der Bürgergesellschaft. Damit besteht die Chance, dass sich Studierende, Beschäftigte und Absolventen stärker mit ihrer Hochschule identifizieren als bisher.“

  • Es ist die Frage, warum eine Stiftung eine höhere Identifikation mit der Hochschule bewirken soll, als ein Staatsbetrieb. Man identifiziert sich normalerweise am ehesten mit etwas, an dem man selbst einbezogen und beteiligt war. Gerade die breite Mitwirkung soll bei Stiftungshochschulen allerdings durch die Vormacht des Präsidiums eingeschränkt werden. Für eine Identifikation reicht eine rein strukturelle Änderung nicht aus. Es muss dabei statt dessen um eine wirkliche Hochschulreform gehen.
  • Die dauerhafte Festlegung des Stiftungszwecks schränkt Entwicklungsmöglichkeiten der Hochschule ein. Was für eine Stiftung in anderen Ländern gilt, ist in Deutschland noch lange nicht zutreffend. Zwar ist die Anzahl der Stiftungen seit der Reform des Stiftungsrechts sprunghaft angestiegen, allerdings gibt es immer noch keine weit verbreitete „Stiftungskultur“

Thesen zur weiteren Diskussion

Stiftungshochschulen und Hochschulfinanzierung

Um eine ausreichende Finanzierung der Hochschulen zu gewährleisten schaden Experimente wie das der Einführung von Stiftungshochschulen. Anstelle einer „Anschubfinanzierung“ für Stiftungen, sind direkte Mittelzuweisungen an die Hochschulen erforderlich. Um eine sichere Grundlage für die Hochschulfinanzierung zu erhalten, brauchen wir eine grundlegende Neuorientierung in der Steuer- und Finanzpolitik. Die Einrichtung von Stiftungshochschulen ist nicht geeignet, die Finanzmisere an den Hochschulen zu lösen.

  • Fehlende Stiftungskultur: In Deutschland gibt es keine mit anderen Ländern wie z.B. den USA vergleichbare Stiftungskultur. Erforderliche Langfristigkeit: Der Aufbau einer Alumni Struktur benötigt Zeit. Erste wirkliche Auswirkungen sind nicht innerhalb einer Generation zu erreichen.
  • Fehlende Kompetenz: Zur Anwerben von privaten Mitteln ist, ganz unabhängig davon ob man so etwas gutheißen möchte, keine Kompetenz vorhanden. Eine einmalige Anschubfinanzierung kann nicht mehr sein als ein Tropfen auf den heißen Stein. An der Harvard Universität sind z.B. 400 hauptamtliche MitarbeiterInnen mit StifterInnen und SponsorInnen Anwerbung beauftragt.
  • Planungsunsicherheit: Die Budgetierung der Landeshaushalte und die dadurch fehlende Planungssicherheit führen zu Unsicherheit bezüglich des Erfolgs der Stiftung und schrecken mögliche Interessierte ab.

Durch die Einführung von Stiftungshochschulen könnte sich die finanzielle Situation an den Hochschulen verschärfen.

Priorität für Stiftungsvermögen

Die staatliche Mittel könnten zum Aufbau des Stiftungsvermögens verwendet werden, anstatt für den laufenden Betrieb der Hochschule.

  • Erhöhte Risiken: Die Risiken bei der Gebäudebewirtschaftung sind nicht abschätzbar. Sicher ist, dass die „effizientere Bewirtschaftung“ zu einer höheren Abnutzung führen wird.
  • Budgetierung: Eine einmal festgeschriebene Mittelzuweisung könnte sich nur schwer wieder rückgängig machen lassen. Steigt der Bedarf (z.B. durch steigende Studierendenzahlen), sinkt die Qualität.

Stiftungshochschulen und „Hochschulautonomie“

Andere Organisationsformen sorgen bei geringeren Risiken und kleinerem Aufwand für die gleiche volle Rechtsfähigkeit, mit der man sich evtl. einen geringeren rechtlichen Aufwand verspricht. Gleichzeitig besteht bei ihnen keine Gefahr der Privatisierung eines öffentlichen Gutes. Die Einrichtung von Stiftungshochschulen trägt damit nicht zu einer sinnvollen „Autonomie“ der Hochschulen bei.

  • Höhere Risiken: Stiftungshochschulen sind wie oben dargestellt höheren Risiken ausgesetzt. Damit verringert sich ihr vor allem auch ihr finanzieller Spielraum. Damit kann mit einer eventuell erreichten größeren Selbständigkeit de facto nichts angefangen werden.
  • Abhängigkeit: Stiftungshochschulen werden trotz staatlicher Finanzierung auf private Mittelanwerbung stärker angewiesen sein, als Hochschulen in ihrer bisherigen Rechtsform. Damit schränkt sich ihre Entwicklungsmöglichkeit ein. Die Fächerstruktur, das Lehrangebot und die Forschungsvorgaben werden nach ihrer wirtschaftlichen Verwertbarkeit hin diskutiert werden.
  • Rechtlicher Aufwand: Die bisherigen Erlasse zwischen Hochschule und Landesregierung werden bei der Überführung in eine Stiftungshochschule aufgehoben. Diese betreffen zahlreiche Bereiche des Hochschullebens wie z.B. Gleichstellung oder Bezahlung von HiWis. Die rechtliche Neuordnung ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden.

Stiftungshochschulen und Hochschulreform

Die Diskussion um die Einführung von Stiftungshochschulen ist keine Diskussion um eine Hochschulreform. Stiftungshochschulen stellen statt dessen einen undurchdachten Schnellschuss dar, dem zwar der Geruch der Fortschrittlichkeit anhaftet, der aber eine wirkliche Hochschulreformdiskussion umgeht. Dadurch und die mit der Einführung verbundene verstärkte Privatisierung bzw. Orientierung an „verwertbarer Wissenschaft“ sind für die weitere Hochschulentwicklung gefährlich.

  • Unlauterer Wettbewerb: Die Einrichtung von Stiftungshochschulen wird nicht zu einer „Profilierung durch Wettbewerb“ führen. Die Startchancen sind für Hochschulen ungleich. Ihre Größe, ihr Standort, eine Konzentration auf bestimmte Fächergruppen etc. befördert oder behindert die Anwerbung privater Mittel. „Wettbewerbsprobleme“ ergeben sich außerdem in einer europäischen Dimension und im Vergleich zwischen Stiftungshochschulen und Nicht-Stiftungshochschulen.
  • Einschränkung der Hochschuldemokratie: Die Einführung von Stiftungshochschulen ist mit einer Stärkung des Präsidiums verknüpft. Damit werden Mitgestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Eine Diskussion über eine grundlegende Reform an der Hochschule kann aber nur dann zielführend und erfolgreich geführt werden, wenn alle Statusgruppen ausreichend einbezogen werden.
  • Festgeschriebener Stiftungszweck: Der einmal festgeschriebene Stiftungszweck ist nur schwer änderbar. Auch wenn er sehr allgemeion gehalten ist, ist damit doch eine grundlegende Festsetzung erfolgt, mit der eine „normale“ Hochschule nicht konfrontiert ist und die ebenfalls Entwicklung hemmen könnte.
  • Privatisierungstendenzen: Die oben dargestellte Priorisierung auf „lohnende“ Wissenschaftszweige verhindert eine ergebnisoffene Diskussion über Ziele und Profile an der Hochschule.