Ihre ersten Äußerungen in den Medien sind sachlich falsch und politisch fatal – ein Beispiel: Die geforderte Ersetzung des BAföG durch ein elternunabhängiges Darlehensmodell. Die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Wissenschaftsministerin Johanna Wanka forderte bei ihrem Amtsantritt unter anderem die Ersetzung des bisherigen BAföG durch ein elternunabhängiges Darlehenssystem. Doch ihre Begründung, das BAföG sei ineffizient, da es zu keiner Steigerung der Bildungsbeteiligung von Studierenden aus so genannten bildungsfernen Schichten geführt habe, ist sachlich falsch. Das Gegenteil ist der Fall!
Um dies nachzuweisen, genügt ein Blick in die Geschichte des BAföG: Soziale Öffnung der Hochschulen Nach der Einführung des BAföG Anfang der 70er Jahre konnte in der ersten Zeit zumindest in Ansätzen eine Öffnung der Hochschulen erreicht werden. Knapp 10 Jahre nach der Einführung kamen so immerhin 23 Prozent der Studierenden aus einer niedrigen Herkunftsgruppe – zuvor waren es deutlich unter 10 Prozent.
Die konservative Kohl-Regierung stellte das BAföG, das bis dahin als Vollzuschuss gezahlt wurde, von 1983 bis 1990 auf ein Volldarlehen um und kürzte darüber hinaus das bis dahin umfassend bestehende SchülerInnen BAföG. Die Folge war ein massiver Rückgang der Bildungsbeteiligung – und insbesondere der Beteiligung von Kindern aus so genanten bildungsfernen Schichten.
Die rot-grüne Bundesregierung hat seit 1998 einige der eklatanten Verschlechterungen rückgängig gemacht und die massive Verschärfung der sozialen Selektivität gestoppt. Nach wie vor kommen aber nur gut 10 Prozent der Studierenden aus so genannten bildungsfernen Schichten. Die vesprochene grundlegende Strukturrefom der Ausbidungsfinanzierung blieb bisher aus. Verschuldungsangst schreckt abDem BAföG kommt bei der Gegesteuerung gegen die Wirkung struktureller Ungleichheit damit eine zentrale Stellung zu.
Die bestehenden und früheren Darlehensregelungen wirken einer Öffnung der Hochschulen und der Realisierung von Chancengleichheit allerdings entgegen – je nach Ausrichtung unterschiedlich stark. Hintergrund ist, dass bei jeder Art von Darlehenssystem ein Zusammenhang zwischen dem Verschuldungsrisiko (also der Höhe der zu erwartenden Rückzahlung von BAföG) und der Bereitschaft, ein Hochschulstudium aufzunehmen, besteht. Trotz der von der rot-grünen Regierung beschlossenen Verschuldungsdeckelung von 10.000 Euro beim BAföG werden Kinder aus so genannten bildungsfernen Schichten damit auch weiterhin von der Aufnahme eines Hochschulstudiums abgeschreckt. Wiedereinführug eines umfassenden SchülerInnen-BAföGAnstatt über mehr Darlehen und die Abschaffung des Zuschuss sollte also über eine Rückkehr zur Vollförderung nachgedacht werden, um dem Ziel eines herkunftsunabhängiges Bildungssystem näher zu kommen.
Wenn das BAföG nicht als Vollzuschuss gezahlt wird, dann entsprechen die ungleichen Ausgangsvoraussetzungen bei Aufnahme des Studiums der ungleichen Verschuldung am Ende des Studiums. Die BAföG-Rückzahlung ist damit eine Belastung all derer, die eigentlich durch das BAföG entlastet werden sollten. Der Vorschlag von Ministerin Wanka würde die Situation gegenüber dem bisherigen 50:50 Modell von Zuschuss und Darlehen noch weiter verschlechtern. Notwendig wäre statt dessen ein Abbau von Selektionshürden – beispielsweise auch durch die Aufhebung des dreigliedrigen Schulsystems. Darüber hinaus müsste eine Ausbildungsfinanzierung mindestens ab der Oberstufe zur Verfügung stehen.
Der fzs spricht sich deshalb für die Wiedereinführung eines umfassenden SchülerInnen BAföG aus. Interview mit Johanna Wanka bei Spiegel Online:www.spiegel.de/unispiegel/geld/0,1518,335505,00.html
Beschluss des fzs zur Wiedereinführung eines umfassenden SchülerInnen-BAföG:www.fzs-online.org/article/1208/de/