Stellungnahme des fzs zum baden-württembergischen Studiengebührengesetz

Einleitung

Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) lehnt jegliche Form von Studiengebühren kategorisch ab. Er fordert daher die bedingungslose Aufhebung des bestehenden Landeshochschulgebührengesetzes (LHGebG). Die jetzt vorgelegten Änderungen stellen dagegen eine weitere Verschlechterung der sozialen Situation der StudentInnen und einen erheblichen gesellschaftlichen Rückschritt dar. Die Erhebung von Gebühren ist im Sinne einer fortschrittlichen Bildungspolitik nicht zur Finanzierung der Hochschulen geeignet. Daher ist auch das Änderungsgesetz konsequent und in seiner Gesamtheit abzulehnen.

Das populäre Konstrukt sogenannter „sozialverträglicher“ Studiengebühren stellt einen logischen Widerspruch in sich selbst dar. Stattdessen wird damit versucht, die aus der Erfahrung aller Länder, die bereits allgemeine Studiengebühren eingeführt haben, bekannten, desaströsen sozialen Auswirkungen zu kaschieren und ein falsches, marktorientiertes Bildungsideal zu propagieren.

I. Allgemeiner Teil

Emanzipatorische Bildungspolitik versus soziale Ausgrenzung

Im Sinne einer emanzipatorischen Bildungspolitik muss nicht nur das Ziel sein, Studienfinanzierung zu gewährleisten, sondern auch, jeglicher strukturellen Diskriminierung durch gesellschaftliche und ökonomische Zwänge entgegen zu treten. Dazu bedarf es eines grundsätzlich gebührenfreien Studiums und einer zwangfreien Sicherung des Lebensunterhalts. Studiengebühren dagegen fördern dank des angestrebten Konkurrenzkampfes maßgeblich die soziale Ausgrenzung.

Allgemeine Studiengebühren sind klar selektiv und vermutlich die abschreckendste Art von Gebühren an Hochschulen. Das jüngste Beispiel dazu stammt aus Österreich. Dort wurden zum Wintersemester 2001/02 Gebühren in Höhe von 726 EUR eingeführt. Das ist augenscheinlich wenig im Vergleich zu den angelsächsischen Systemen – dennoch ging im darauf folgenden Sommersemester die Zahl der Neuimmatrikulationen um 16% zurück, nachdem sie drei Jahre lang um 8% gestiegen war. Allein die Ankündigung, allgemeine Studiengebühren einführen zu wollen, muss mitverantwortlich gemacht werden für einen Rückgang der StudienanfängerInnen in Baden-Württemberg um 5,8% zum Wintersemester 2004/2005. Dies musste auch die KultusministerInnenkonferenz einräumen und spricht von einem Abschreckungseffekt.

In Deutschland wird der Diskriminierung von Kindern aus einkommensschwächeren Familien durch Studiengebühren nicht durch staatliche Transferleistungen entgegen gewirkt. Im Gegenteil: Da die Bildungsfinanzierung durch das BAföG zumindest teilweise auf Darlehensbasis geleistet wird, kommt es zu einer doppelten Verschuldung und damit zu einer verstärkten Diskriminierung von StudentInnen aus bildungsfernen Schichten.

Die Erhebung auch nachlaufender Studiengebühren wird außerdem direkt eine abschreckende Wirkung auf Studierwillige mit sozial schwächerer und schwacher Herkunft haben und demnach zu weiterer sozialer Selektion führen. Im Rahmen der 2001 durchgeführten BAföG-Novellierung wurde u.a. eine Höchstverschuldungsgrenze (10.000 Euro) eingeführt, um Verschuldungsängste zu minimieren. Die Einführung nachlaufender Studiengebühren wirkt diesem Ziel diametral entgegen: Statt den potentiellen Schuldenberg möglichst gering zu halten, führen nachlaufende Studiengebühren zu einer verstärkten Belastung finanziell benachteiligter Menschen, wie sich in Australien gezeigt hat. Jedoch soll nach dem Gesetzentwurf die Gebührenschuld nicht wie beim australischen Modell HECS nur mit einem inflationsbedingten Aufschlag zurückgezahlt werden, sondern als vollverzinsliches Bankdarlehnen realisiert werden.

Das australische Modell wird deshalb als angeblich sozialverträglich dargestellt, weil die Rückzahlungspflicht erst ab einem gewissen Mindesteinkommen besteht. Dieses ist jedoch so niedrig (20.000 A$ (ca. 11.700 Euro) im Jahr Brutto) angesetzt, dass im Endeffekt alle Erwerbstätigen zahlen müssen. Bei einem solchen Mindesteinkommen ist es für AbsolventInnen kaum möglich, die hohen Schulden abzubezahlen. Nach einer Modellrechnung dauert die Rückzahlung bei einer angenommenen Verschuldung von 20.000 A$ im Durchschnitt für einen Mann 17 Jahre. Dabei ist zu beachten, dass erstens zu diesem Zeitpunkt noch keine Zinsen bestanden und zweitens dieser angenommene Betrag sehr niedrig ist. Erschreckend ist hier die spezielle Diskriminierung von Frauen: Durch das deutlich niedrigere Einkommen benötigen sie bei einer gleich hohen Verschuldungssumme durchschnittlich 51 Jahre zur Tilgung ihrer Schulden.

In der Frage der Verschuldungsbereitschaft Studierwilliger zeigt sich ein deutlicher Unterschied zwischen den sozialen Schichten. In der Argumentation der GebührenbefürworterInnen stellen Studiengebühren eine Investition in das eigene Humankapital dar. In sozial schwächeren Schichten wird jedoch zu einem weit höheren Anteil konsumiert als investiert. Dies führt dazu, dass diese kapitalistische Denkweise natürlich nur von denen geteilt wird, die zu Studienbeginn auch über den entsprechenden finanziellen Rückhalt verfügen. Sie haben keine hohe Verschuldung durch das Studium zu befürchten. Bei allen anderen ist die Bereitschaft, zu investieren – was in ihrem Fall heißt, Schulden aufzunehmen – deutlich geringer. Damit bewirkt die Nachläufigkeit nicht, dass StudentInnen stärker motiviert werden, ein Studium aufzunehmen als bei einem Modell mit Sofortzahlung. Die in den (gebührenpflichtigen) angelsächsischen Ländern deutlich höhere allgemeine Verschuldungsbereitschaft resultiert dagegen aus der Tatsache, dass dort lediglich die Hochschulen berufsqualifizierende Ausbildung liefern können, da das kontinentaleuropäische duale Ausbildungssystem nicht existiert.

Bisher konnte nicht nachgewiesen werden, ob nachlaufende Studiengebühren weniger stark die soziale Selektivität im Bildungsbereich voran treiben als es direkt zu zahlende Gebühren tun. Sie können wohl nur als populistisches Gedankenkonstrukt verstanden werden, mit dessen Hilfe die enorme Abschreckungswirkung allgemeiner Studiengebühren abgeschwächt werden soll.

Marktradikale Neuorientierung

Durch allgemeine Studiengebühren wird versucht, im Bildungsbereich künstlich marktwirtschaftliche Strukturen aufzubauen. Damit sind Studiengebühren nicht erst in ihren Auswirkungen sozial selektiv, sondern bereits von ihrer Konzeption der Rückführung auf die Diktatur des Marktes. Ursprünglich ist Bildung dadurch charakterisiert, dass sie ein öffentliches Gut, d.h. zum einen frei zugänglich und zum anderen nicht konkurrierend ist. Jedoch wird gerade versucht, den im Widerspruch zu den kapitalistischen Leitmotiven stehenden freien Zugang zu bekämpfen. Denn ein Grundbedarf an Bildung besteht immer, und erst durch künstliche Verknappung kann diesem Gut sein öffentlicher Charakter teilweise entzogen und damit ein Preis für Bildung geschaffen werden. Bildung wird von wenigen Kaufkraftstarken konsumiert und wird zum privaten Gut. Hat sich erst ein Preis etabliert, soll über ihn die Nachfrage gesteuert werden. Das hat wiederum zur Folge, dass jede Entscheidung über eine Studienaufnahme im Kosten-Nutzen-Kalkül auf ihre finanzielle Bedeutung und damit auf eine potentielle Rendite reduziert wird. Nur noch für die wenigen Begüteten bleibt diese Frage im Hintergrund, für alle anderen ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit die finanziell weitaus lohnendere Alternative zum Studium, da die Studiengebühren zu den ohnehin schon hohen Opportunitätskosten zur Finanzierung des Lebensunterhalts hinzu kämen.

Nachlaufende Studiengebühren bedeuten eine weitere Zuspitzung auf dem Weg zu einem rein an Kapitalinteressen ausgerichteten Hochschulwesen und stehen einer emanzipatorische Bildungspolitik diametral entgegen. Man muss erkennen, dass Studiengebühren längst keinen Gebührencharakter mehr besitzen, sondern tatsächlich ein Entgelt für die zur Ware degradierte Bildung darstellen.

Bereits durch das bisherige System der Studienfinanzierung wird keinesfalls ein Recht auf Bildung gesichert. Vielmehr sollen mit Hilfe von Leistungskomponenten StudentInnen zu einem zügigen und damit in den Augen der Wirtschaft erfolgreichen Studium gezwungen werden. Wer etwa nach der bestehenden Logik zu lange studiert oder schlicht zu alt ist, fällt aus dem Netz heraus. Die finanzielle und ideologische Abhängigkeit der Individuen gegenüber dem herrschenden System wird so bestärkt. Damit lassen sich die Studierenden bereitwillig auf eine von kurzfristigen Marktbedürfnissen gesteuerte Ausbildung ein.

Die Einführung nachlaufender Studiengebühren wird die Studien- und die Berufswahl von StudentInnen stark beeinflussen. Wenn StudentInnen zusätzlich zu den Lebenshaltungskosten Schulden für ihr Studium aufnehmen, werden sie ihre Studienwahl nicht von persönlichen Eignungen und Neigungen, sondern verstärkt aufgrund der Verwertbarkeit des jeweiligen Studienganges abhängig machen, um ihre Schulden möglichst bald bzw. überhaupt begleichen zu können. Das Studium als Investition in das eigene Humankapital wird somit der Logik des „Return on Investment“ folgen: Rechnet sich das Studium und insbesondere die Schuldenaufnahme im Hinblick auf das zu erwartende Einkommen? Hier muss schon die Studienplatzwahl unter einem Investitionskalkül erfolgen. Von einer freien Studienwahl kann bei einem solchen Szenario nicht mehr die Rede sein. Zugleich wird eine hohe „Nachfrage“ nach ökonomisch verwertbaren Studiengängen einen breiten Fächerkanon unmöglich machen. Die Einführung (nachlaufender) Studiengebühren wird damit auch schwere Konsequenzen für ein breites Bildungsangebot haben.

Mit der Einführung nachlaufender Studiengebühren ist ein Paradigmenwechsel in der Studienfinanzierung fest zu stellen: Wurden bisher Nachteilsausgleiche für die soziale Diskriminierung durch Studiengebühren dadurch versucht um zu setzen, dass Ausnahmetatbestände geschaffen wurden, so findet sich in der Systematik der Nachläufigkeit nur noch die „Gnade“ eines Rechtsanspruchs auf einen verzinsliches Bankdarlehen.

II. Zu den Detailregelungen

Gebührenbefreiung

Es ist festzustellen, dass es mit dem neuen Gesetzentwurf keinerlei Ausnahmetatbestände für strukturell Benachteiligte gibt. Um im Terminus des bisherigen LHGebG zu bleiben: Bisherige Regelungen zur Befreiung von der Gebührenpflicht wurden bestenfalls in Möglichkeiten des Erlasses in Einzelfällen umgewandelt. Betroffene StudentInnen sind somit der Willkür ihrer Hochschule unterworfen.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass die eingeworbenen Entgelte der Hochschule zur eigenen Verfügung stehen. Diese sind also unmittelbar von Ausfällen betroffen. Den Hochschulen bleibt die Abwägung je nach ökonomischer Verwertbarkeit ihrer StudentInnen. Die Erlassregelung kann wohl kaum mehr als ein Placebo sozialer Gerechtigkeit sein, da ihr in der marktradikalen Neuorientierung des Bildungswesens lediglich die Rolle präsidialer Gnade zukommt. Vielmehr ist eine weitere Diskriminierung bereits diskriminierter Gruppen gegeben. So bleibt der bisherige Umgang mit StudentInnen mit Behinderung oder chronischer Krankheit in Form von Einzelfallentscheidungen bestehen, für Kinder erziehende StudentInnen findet eine Verschlechterung statt, da diese bisher befreit wurden. Keine Berücksichtung mehr finden Opfer einer Straftat.

StudentInnen mit Behinderung oder chronischer Krankheit

Das MWK hat bereits in der Vergangenheit klar gestellt, dass es nicht an einer Verbesserung des Studienzugangs und der Studienbedingungen behinderter oder chronisch kranker StudentInnen interessiert ist. So wurden Anfang des vergangenen Jahres in einem Anschreiben an die Hochschulen strengere Maßstäbe für den Erlass der Langzeitstudiengebühren gefordert. Diese Politik wird mit der Neuregelung zumindest weiter geführt, wenn nicht verschärft. Dabei gehören gerade StudentInnen mit Behinderung oder chronischer Krankheit zu den strukturell Benachteiligten im Bildungssystem.

Studienfortschritte bzw. -ausfallzeiten sind meistens unmöglich oder nur mit erheblichem Aufwand zu quantifizieren. So können diese Menschen beispielsweise auf Grund ihrer Krankheit mitten in der Vorlesungszeit für mehrere Wochen komplett ausfallen, während sie ansonsten voll studierfähig sind. Dass ein Studium sich in der Regel länger gestalten wird als bei nicht-benachteiligten StudentInnen sollte offensichtlich sein. Als einfaches Beispiel würde sich die mobilitätseingeschränkte Studentin anbieten, die von zwei benötigten Veranstaltungen nur eine besuchen kann, da die Wege zwischen den beiden Veranstaltungsorten zu weit und in der verbleibenden Zeit nicht zurückzulegen sind. Oder beispielsweise der sehbehinderte Student, der das doppelte oder dreifache an Zeit benötigt, um einen Text überhaupt gelesen zu haben.

Darüber hinaus hat der aktuelle Bericht der Bundesregierung zur Lage behinderter Menschen festgestellt, dass StudentInnen mit Behinderung oder chronischer Krankheit bereits an ersten Studienfortschritten gehindert werden, da die Beantragung der Eingliederungshilfe nach SGB XII, ohne die sie nicht studieren können, ein sehr langwieriger Prozess ist. Die Bewilligung der Finanzierung von studiennotwendigen Hilfen wie z.B. Studienassistenz, PC-Ausstattungen oder GebärdendolmetscherInnen zieht sich häufig über ein bis drei Semester hin.

In der bisherigen Praxis hat sich gezeigt, dass die Gewährung gebührenfreier Semester immer einen Kraftakt darstellt. Es müssen ärztliche Atteste zum Beleg der verminderten Studierfähigkeit erbracht werden. Mitunter werden auch amtsärztliche Bescheinigungen oder eidesstattliche Versicherungen verlangt. Schwerbehindertenausweise oder Bescheide der SozialhilfeträgerInnen reichen meist nicht aus. Teilweise wurden gar wider der ärztlichen Schweigepflicht Details des Krankheitsbildes verlangt. Eine für Hochschulen und Betroffene gleichsam akzeptable Verfahrensweise konnte nicht gefunden werden.

Finanzielle Härtefälle

Der vorgelegte Gesetzentwurf sieht keine Befreiung der Studiengebühren für StudentInnen vor, die sich in einer wirtschaftlichen Notsituation befinden. Damit werden zahlreiche StudentInnen, die ohnehin finanziell benachteiligt sind, weiter diskriminiert. Dies trifft insbesondere EmpfängerInnen einer staatlichen Ausbildungsförderung sowie erwerbstätige StudentInnen.

Nach der 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks werden 23% aller StudentInnen nach dem BAföG gefördert und gehören damit entsprechend der BAföG-Regelungen jener Gruppe von StudentInnen an, die aufgrund des geringen elterlichen Einkommens finanziell benachteiligt sind. BAföG-EmpfängerInnen werden im Vergleich zu anderen StudentInnen durch die Zahlung von Studiengebühren verstärkt benachteiligt, da sie zusätzlich zu den durch die Ausbildungsförderung anfallenden Schulden dazu gezwungen sein werden, zur Finanzierung der Studiengebühren einen Kredit aufzunehmen. Wird darüber hinaus berücksichtigt, dass gerade Kinder aus einkommensschwachen Familien in der Regel nicht bereit sind, sich zu verschulden, muss ein starker Rückgang finanziell benachteiligter StudentInnen zumindest befürchtet werden.

Im Jahr 2003 waren 63% aller StudentInnen erwerbstätig; für 56% aller Erwerbstätigen ist die Erwerbstätigkeit nach eigener Aussage unbedingt notwendig zur Bestreitung des Lebensunterhaltes. Damit wird einmal mehr die schwierige finanzielle Situation zahlreicher StudentInnen deutlich. Etwa jede/r dritte StudentIn ist darauf angewiesen, zur Finanzierung der eigenen Lebenshaltungskosten neben dem Studium zu jobben. Eine weitere finanzielle Belastung durch die Einführung von Studiengebühren wird demnach zu einer deutlichen Verschärfung der individuellen Situation dieser StudentInnen führen. Der Gesetzentwurf nimmt auch hierauf keinerlei Rücksicht. Die finanzielle Situation gerade erwerbstätiger StudentInnen verschärft sich mit der Dauer ihres Studiums. Schon während der Regelstudienzeit beträgt der durchschnittlicher Zeitaufwand für erwerbstätige StudentInnen etwa sieben Stunden wöchentlich, was sich negativ auf die Studiensituation bzw. den für das Studium verbleibenden Zeitaufwand auswirkt. 38% aller erwerbstätigen StudentInnen geben demnach auch an, dass ihre Erwerbstätigkeit zu einer Studienzeitverlängeurng führe.

Mit Ablauf der Regelstudienzeit steigt der Aufwand für die Erwerbstätigkeit bis auf das doppelte an , was neben den individuellen Lebensumständen insbesondere mit dem Ablauf bestehender Förderungmöglichkeiten (BAföG, usw.) zusammenhängt. Je länger StudentInnen also auf Erwerbstätigkeit angewiesen sind, umso mehr müssen sie arbeiten, was sich wiederum auf ihre Studienzeit auswirkt. Eine zusätzliche Belastung durch Studiengebühren, insbesondere durch eine Strafgebühr mit verschärften Modalitäten würde diesen Teufelskreis zementieren (vgl. dazu „Langzeit-StudentInnen“).

Gremiensemester

Der Wegfall der sog. Gremiensemester in der Neuregelung stellt darüber hinaus eine Benachteiligung jener StudentInnen dar, die sich aktiv in die demokratische Gestaltung der Hochschulen oder der StudentInnenwerke einbringen. Damit wird die studentische Teilhabe an der demokratischen Mitgestaltung von Hochschule und weiterführend gesellschaftlichem Umfeld weiterhin eingeschränkt.

Mit der zuletzt vorgelegten Neufassung des Landeshochschulgesetzes hat die Landesregierung ihre endgültige Abkehr von der demokratischen und selbstverwalteten Hochschule vollzogen. Tiefe Einschnitte in die akademische Selbstverwaltung und die fortlaufende Blockade studentischen Engagements durch die Weigerung der Einrichtung rechtlich abgesicherter Studierendenschaften machen die Missachtung ehrenamtlichen, demokratischen Engagements durch die Landesregierung deutlich.

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird das vielfältige politische, soziale und kulturelle Engagement von StudentInnen innerhalb ihrer Hochschule weiter eingeschränkt. Angesichts fehlender Kompensationsmöglichkeiten wie Freisemester oder sog. Gremiensemester werden StudentInnen noch weniger Zeit in die Gestaltung ihres akademischen und gesellschaftlichen Umfeldes investieren können. Politisches Engagement durch die aktive Mitarbeit in den Strukturen der akademischen Selbstverwaltung sowie den Allgemeinen Studierendenausschüssen oder soziales Engagement, beispielsweise durch die Ermöglichung ehrenamtlicher Beratung „von StudentInnen für StudentInnen“ wird damit zusätzlich erschwert.

Übergangsregelungen

Es existieren keine Übergangsregelungen zwischen den beiden Fassungen des LHGebG. Wer etwa vor 2007 Urlaubssemester in Anspruch genommen oder sog. Gremiensemester abgeleistet hat, hätte nach bisheriger Rechtslage mit einem (nach Hochschulsemestern) längeren gebührenfreien Zeitraum rechnen können. Nun entfällt die Grundlage für diese Ansprüche. Somit werden die StudentInnen, die vor 2007 ein Urlaubssemester nehmen, gegenüber denen, die sich nach der Einführung der allgemeinen Studiengebühren beurlauben. StudentInnen mit Gremiensemester werden unmittelbar für ihr Engagement bestraft, da sie diese Arbeit unter anderen Rahmenbedingungen angetreten hatten. Ob hier der Vertrauensschutz gewährleistet ist, wird rechtlich zu prüfen sein.

Darlehensbedingungen

Bei der Betrachtung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Darlehens fällt auf, dass einem großen Teil der StudentInnen dieses kategorisch verweigert wird. Damit werden zahlreiche StudentInnen – gesetzlich abgesichert – benachteiligt.

Teilzeitstudium

Die besonderen Umstände, die sich durch ein Teilzeitstudium ergeben, werden in Bezug auf eine Darlehensgewährung nicht berücksichtigt. Dabei muss zunächst grundsätzlich unterschieden werden zwischen StudentInnen, die einen regulären Studiengang in Teilzeit absolvieren und StudentInnen, die in einem explizit als Teilzeitstudiengang konzipierten Studiengang immatrikuliert sind.

StudentInnen, die in einem regulären Studiengang eingeschrieben sind und diesen in Teilzeit absolvieren, tun dies aus individuell verschiedenen Gründen – als Beispiele seien hier Kindererziehung oder wirtschaftliche Notsituationen genannt. Die Absolvierung eines Studiums in Teilzeit stellt StudentInnen (unabhängig von Studiengebühren) damit vor besondere Herausforderungen, die durch den vorliegenden Gesetzentwurf in keiner Hinsicht berücksichtigt werden.

StudentInnen, die in einem als solchen explizit konzipierten Teilzeitstudiengang immatrikuliert sind, wird ebenfalls jegliche Darlehensgewährung verweigert. Auch hier gilt, dass unterschiedlich begründete individuelle Lebensentwürfe nicht berücksichtigt werden. Damit werden StudentInnen in Teilzeitstudium im direkten Vergleich zu KommilitonInnen explizit benachteiligt. Die Rechtmäßigkeit dieser Ungleichbehandlung wird zu prüfen sein.

Masterstudiengänge

Im vorgelegten Entwurf soll in einem Masterstudiengang nur dann ein Darlehen gewährt werden, wenn dieser Master konsekutiv, d.h. eine unmittelbare Weiterführung des Bachelorstudienganges ist. Damit wird der vom MWK politisch intendierte Grundsatz, den aus studentischer Sicht nicht zureichend qualifizierenden Bachelor-Abschluss zum Regelabschluss zu machen, verfestigt. Das angebliche politische Ziel, jungen Menschen eine verbesserte Hochschulbildung zugängig zu machen, wird damit ad absurdum geführt.

Die Aufnahme eines (nicht-konsekutiven) Master-Studienganges nach einem erfolgreichem Bachelor-Abschluss wird damit nicht zu einer Frage von Qualifikation oder Studienschwerpunkt, sondern primär zu einer Frage der individuellen Finanzkraft. Damit widerspricht dieser Schritt dem Ziel der gestuften Studiengangsstruktur (Bachelor-/Master-Umstellung), wodurch eine Erhöhung der Durchlässigkeit theoretisch möglich wäre. Rechtlich ist die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Regelung zumindest insofern fragwürdig, als StudentInnen, die in einen Bachelor-Studiengang eingeschrieben sind, zu dem kein konsekutiven Master-Abschluss gehört, keinerlei Anspruch auf Darlehensgewährung für einen ggf. angestrebten Master-Studiengang haben. Dies wird juristisch zu prüfen sein.

AusländerInnen

Einen Anspruch auf Darlehen erhalten nur StudentInnen mit deutscher StaatsbürgerInnenschaft bzw. nach EU-Recht Gleichgestellte sowie sog. BildungsinländerInnen. EU-AusländerInnen werden per Gesetz von der Aufnahme eines Darlehens nach dem LHGebG ausgenommen.

Betroffene sind primär die sog. free movers, StudentInnen also, die aus unterschiedlichen Gründen außerhalb von bestehenden Austauschprogrammen in der Bundesrepublik ein Studium aufnehmen möchten. Die Mehrzahl solcher free movers stammt aus Staaten, in denen keine oder kaum internationale Kooperationsverträge bestehen – dies betrifft beispielsweise die Mehrzahl afrikanischer Staaten. StudentInnen aus betroffenen Ländern werden demnach massiv an der Aufnahme eines Studium in der Bundesrepublik behindert. Damit wird zum einen der politische Grundsatz der Internationalität baden-württembergischer Hochschulen geschmälert. Zugleich hält der fzs die weitere Verschärfung der ohnehin schwierigen Studienaufnahme eines Studiums in der Bundesrepublik für ausländische StudentInnen aus entwicklungspolitischer Perspektive für fatal.

Altersgebundene Darlehensaufnahme

Die Aufnahme eines Darlehens für das Erststudium ist StudentInnen bis zum 35. Lebensjahr vorbehalten. Aus Sicht des MWK sei die Aufnahme eines Studiums für Menschen ab dem 35. Lebensjahr „weniger schützenswert“, wie es in der Begründung des Gesetzentwurfes heißt. Darüber hinaus sei davon auszugehen, dass Menschen ab dem 35. Lebensjahr in der Lage seien, ihr Studium selbst zu finanzieren.

Letzterem kann nicht gefolgt werden. Die falsche Annahme, wonach das Lebensalter von Menschen Rückschlüsse auf ihre individuelle finanzielle Situation erlaube, widerspricht der gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Realität und entbehrt jeglicher Grundlage. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung und der Arbeitsmarktsituation sollte die Landesregierung ein Interesse an einer qualitativ hochwertigen Bildung aller Menschen haben.

Der fzs widerspricht darüber hinaus entschieden der Begründung des „nicht schützenswerten“ Studieninteresses vieler Menschen. Jenseits ökonomischer Überlegungen muss Bildung als Grundrecht verstanden werden, zu dem der Zugang nicht durch künstliche Hürden eingeschränkt werden darf. Der vom MWK vorgelegte Gesetzentwurf diskriminiert damit breite gesellschaftliche Gruppen und widerspricht jeglichem Grundsatz von Lebenslangem Lernen.

„Langzeit -StudentInnen“

Wie bereits angekündigt werden die bisherigen Langzeitstudiengebühren durch allgemeine Studiengebühren ersetzt. Dies ist jedoch nicht konsequent umgesetzt, da vier Semester nach Ende der Regelstudienzeit kein Anspruch mehr auf ein Darlehen besteht. Somit bleibt die Diskriminierung der StudentInnen in diesem Studienabschnitt bestehen.

StudentInnen haben ein längeres Studium nicht selbst zu verantworten. Vielmehr geraten gerade diejenigen in den Strudel der Langzeitstudiengebühren, die schon vor und während ihres bisherigen Studiums benachteiligt wurden. Daraus folgt, dass es auch nicht möglich sein kann, einem zukünftigen direkten Anfallen der Gebühren vorzubauen. Ansonsten hätten sie bereits vorher keinen Bedarf an einer Kreditfinanzierung. Grundsätzlich gilt, dass die direkte Gebührenbelastung gerade dann eintrifft, wenn ohnehin die Finanzierung des weiteren Studiums schwierig wird. So endet die studentische Krankenversicherung mit dem 14. Hochschulsemester, die Förderung nach BAföG bereits mit der Regelstudienzeit. Auch kann es sein, dass Unterhaltszahlungen der Eltern geringer als vorher ausfallen. Das gebührenfreie Studium wird nur denen ermöglicht, die auch die finanziellen Mittel dazu haben.

Dagegen bedeutet das für die Betroffenen einen Teufelskreis. Durch die direkte Erhebung der Gebühren haben sie einen erhöhten Finanzbedarf, welcher nur durch vermehrte Erwerbstätigkeit kompensiert werden kann. So steigt die Erwerbstätigenquote bei StudentInnen im 15. oder höheren Hochschulsemester schon ohne Studiengebühren auf 80% und der mittlere Zeitbedarf auf 19 Stunden in der Woche. Mit dem zusätzlichen Aufwand verzögert sich das Studium weiter. Stattdessen sollten StudentInnen in höheren Semestern mindestens genauso gefördert werden wie in früheren Semestern, statt dass ihnen weitere Hürden auf den Weg zum Studienabschluss gelegt werden.

„LangzeitstudentIn“ wird man nicht erst in erhöhtem Semester, sondern die Tendenz, dass ein Studium länger dauern wird, steht schon zu Beginn des Studiums mehr oder minder durch die soziale Herkunft fest. Die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks zeigt, dass bei UniversitätsstudentInnen im 13. oder höheren Semester die Herkunftsgruppe „hoch“ im Vergleich zur Verteilung unter allen StudentInnen 15% unterrepräsentiert ist, die Gruppen „mittel“ und „niedrig“ jedoch 15% bzw. 25% überrepräsentiert. Angehörige der Gruppe „niedrig“ bestreiten 32% ihres Einkommens aus eigener Erwerbstätigkeit. Der durchschnittliche Aufwand für Erwerbstätigkeit liegt bei 7,4 Stunden pro Woche. So allein hat das noch keine große Aussage. Diese Werte sind Mittelwerte über alle StudentInnen, also auch solche, die gar nicht erwerbstätig sind. Daher ist zu klar, dass die Arbeitszeit Einiger weitaus höher ausfällt. Dabei zu beachten ist auch, dass diese Rechnung sich nur auf die tatsächliche Arbeitszeit und nicht auf den Zeitaufwand für Fahrt zur und von der Arbeit als auch für die Erholung von der Erwerbstätigkeit bezieht. Auch gilt, dass die Erwerbstätigkeitsquote während der Vorlesungszeit und der vorlesungsfreien Zeit in etwa gleich sind und damit Erwerbstätigkeit fast immer zum Nachteil der für das Studium zur Verfügung stehenden Zeit ausfällt.

Hinzu kommen unzählige andere Faktoren, welche zu Verzögerungen im Studium führen. Dazu gehört auch ein Wechsel des Studienortes oder -ganges. Hier kann es vorkommen, dass einige Studienleistungen nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Aber auch mit der vollständigen Anerkennung führen die veränderten Rahmenbedingungen zu Anlaufschwierigkeiten. Nicht zuletzt wird auch Zeit benötigt, eine Wohnung zu suchen u.Ä. – dadurch können mehrere Monate Studium und damit ein ganzes Semester ausfallen. Ähnlich verhält es sich bei StudentInnen, die zwischenzeitlich im Ausland waren. 30% der „LangzeitstudentInnen“ haben einen studienbedingten Auslandsaufenthalt hinter sich.

Offensichtlich ist die Verzögerung des Studiums durch Elternschaft. Schon während der Schwangerschaft ist ein Studium nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt möglich. Auch danach besteht ein beträchtlicher Geld- und Zeitaufwand für beide Elternteile. Sowohl Betreuung des Kindes als auch der zusätzliche Finanzbedarf müssen sicher gestellt werden und damit wieder mehr Zeit in die Erwerbstätigkeit investiert werden. Gerade fehlende Betreuungsangebote und die Kostenpflichtigkeit selbiger verstärken diese Probleme weiter. Es ist auch zu beobachten, dass selbst heute noch die Hauptlast der Kindererziehung von Frauen getragen wird. Damit belasten Studiengebühren Mütter ganz besonders.

Rückzahlungsmodalitäten

Zum Komplex Rückzahlung des Darlehens sind noch viele Fragen offen. Die genauen Modalitäten sind im Gesetz nicht enthalten. Stattdessen wird die Landesregierung ermächtigt, diese zu einem späteren, nicht terminierten Zeitpunkt eigenhändig fest zu schreiben.

Bei den bereits im Gesetzentwurf formulierten Regelungen ist festzustellen, dass diese wenig Rücksicht auf soziale Hindernisse und einen möglichen Studienerfolg nehmen. Beginnt etwa beim BAföG die Rückzahlungsphase fünf Jahre nach dem Ende des Anspruchs. Die Rückzahlung des Darlehens der L-Bank hingegen wird deutlich früher fällig. So kann es noch durchaus häufiger passieren, dass diese bereits während des laufenden oder eines zweiten Studiums gefordert wird. Vorgesehen sind zwei Jahre nach Ende des Darlehenanspruchs. Nun endet dieser nicht nur nach einem erfolgreichen Abschluss des Studiums. 21% der StudentInnen wechseln – auch auf Grund fehlender Studienfinanzierung – mindestens einmal ihren Studiengang. Sie, aber auch viele andere, die einen Abschluss innerhalb der vier Toleranzsemester nicht mit ihrem Leben vereinbaren können – sei es aus Krankheit, aufgrund von Erwerbstätigkeit oder Kindererziehung – werden somit möglicherweise noch während ihres Erststudiums zur Rückzahlung ihrer Schulden genötigt. Die Erfahrungen mit den bisherigen Studiengebühren haben gezeigt, dass ein Studienabbruch meist die einzige Möglichkeit ist, einer solchen finanziellen Krise zu begegnen.

Kritisch zu betrachten und wohl kaum durchdacht ist die Tatsache, dass der Anspruch auf das Darlehen mit dem Wechsel des Bundeslandes oder ins Ausland ebenfalls erlischt. StudentInnen, die einen solchen Wechsel vollziehen, können damit bereits in einer sehr frühen Studienphase in finanzielle Bedrängnis geführt werden. Mit der Nichtberücksichtigung wird die in der Bologna-Erklärung geforderte studentische Mobilität effektiv unterbunden.

Hochschulfinanzierung

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Gebühren den einnehmenden Hochschulen zustehen. Doch gerade diese Regelung schafft sowohl weitere Ungleichheit zwischen den Hochschulen und ihren StudentInnenschaften als auch eine längerfristige Planungsunsicherheit in den Hochschuletats.

Die empirischen Erfahrungen, insbesondere auch aus Australien, zeigen eindeutig, dass die öffentliche Bildungsfinanzierung durch den Anstieg privater Mittel (z.B. Studiengebühren) zurückgefahren wird. Der Anteil von Studiengebühren stieg beispielsweise zwischen 1996 und 2001 von 19,6% auf 34,5% am Gesamtbudget der australischen Hochschulen. Parallel dazu sanken die staatlichen Zuschüsse im genannten Zeitraum um 1.200 A$ (ca. 722 Euro) pro StudentIn. Die Studie Students pay more, universities get less, the government pockets the difference der australischen HochschullehrerInnengewerkschaft NTEU kommt zum Schluss, dass die australische Regierung durch die Erhöhung der Studiengebühren im wesentlichen eine Konsolidierung ihres Haushaltes anstrebt.

Ein grundsätzliches Problem der nachlaufenden Studiengebühren ist die Unsicherheit bezüglich des künftigen Verdienstes der Studierenden. Es lassen sich jedoch statistische Mittelwerte und Wahrscheinlichkeiten errechnen, die von Fach zu Fach differieren: Je besser ökonomisch verwertbar ein Studienabschluss ist, desto geringer ist das Ausfallrisiko, das anfällt. Daher werden sich die Hochschulen, die sich teilweise über derartige Gebühren finanzieren müssen, zwei Dinge überlegen:

  • Die Abschlüsse welcher Studienfächer lassen sich am besten vermarkten?
  • Welche Kalkulation bringt uns selbst die höchste Sicherheit im Rückfluss der Studiengebühren?

Den ersten Punkt wird man grob mit Wirtschaftswissenschaften, Jura, Naturwissenschaften und einigen weiteren Fächern definieren. Beim zweiten Punkt wird man sich das Ausfallrisiko ganzer Gruppen überlegen und vermutlich zu einer Mischkalkulation der genannten Fächer kommen. Die Hochschulen werden durch die nachlaufenden Studiengebühren eine „Profilbildung“ vornehmen, die die ökonomischen Verwertbarkeiten widerspiegelt.

Ein zweites Problem ist die Menge der Studierenden: Je mehr Studierende in einem Fachbereich eingeschrieben sind, desto mehr Geld bekommt dieser nachlaufend als Einnahmen. Demnach entfalten die nachlaufenden Studiengebühren hier die gleiche Wirkung wie die nachfrageorientierte Hochschulfinanzierung. Dies bedeutet, dass sich nur „große“ Studiengänge rechnen, da sich hier entsprechend Geld eintreiben lässt. Dies bedeutet weiter, dass im Falle zu geringer Nachfrage einzelnen Fachbereiche geschlossen werden müssten, was eine weitere Konzentration auf die oben genannten Fächer nach sich ziehen dürfte. Das Problem der Qualität des Studiums soll nur gestreift werden – klar scheint aber, dass im Falle einer nachfrageorientierten Hochschulfinanzierung Massenveranstaltungen dominieren werden.

„Demokratische Gestaltung“

Der Gesetzentwurf sieht die Beteiligung der StudentInnen an der Ausgestaltung des Verwendungszwecks der Gebühren vor. Wie diese aussehen soll, wird nicht klar. Durch die Bezugnahme auf das LHG ist angedeutet, dass dies wohl über die studentischen Sitze im Senat erfolgen soll. Ein ständisches und mehrheitlich nicht-studentisches Gremium wie der Senat kann dem Anspruch einer effektiven Vertretung der studentischen Interessen nicht gerecht werden. Gerade mit der Novellierung des Hochschulrechts, die Anfang des Jahres rechtskräftig wurde, wurden die Kompetenzen des Senates weiter zu Gunsten einer bestärkten Exekutivgewalt ( Vorstand , Aufsichtsrat ) massiv beschnitten. Die Neufassung des Landeshochschulgesetzes sieht überdies keine Anzahl von studentischen VertreterInnen im Senat vor; dies ist durch eine entsprechende Regelung in der Grundordnung zu klären. Von einer ernsthaften Mitwirkung an der akademischen Hochschulselbstverwaltung durch studentische SenatorInnen kann daher keine Rede sein.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird unmissverständlich erläutert, dass die Vorstände der Hochschulen für die hochschulinterne Verteilung zuständig sind. Jeglicher Anspruch von StudentInnen in Bezug auf eine Mitwirkung bei der Mittelverteilung ist damit geklärt. Auch über den sog. Aufsichtsrat als dem Vorstand übergeordnetes Gremium kann keinerlei studentische Mitsprache über die hochschulinterne Mittelverteilung erfolgen: Studierende als die mitgliederstärkste Gruppe an der Hochschule sind in diesem Gremium gar nicht erst vorgesehen.

Inwiefern die Einführung allgemeiner Studiengebühren einer Demokratisierung der Hochschulen und einer Beteiligung ihrer Angehörigen zuträglich sein soll, wird im vorliegenden Gesetzentwurf und seiner Begründung weder erklärt noch ist dies logisch nachvollziehbar. Wenn es der Landesregierung tatsächlich darum ginge, die Mitsprache der Studierenden zu stärken, sollte sie die seit 1977 verbotene Verfasste Studierendenschaft mit politischem Mandat wieder einführen.

Der fzs fordert weiterhin eine Verfasste StudentInnenschaft mit Pflichtmitgliedschaft, einer echten Satzungshoheit ohne Einschränkung auf bestimmte Demokratiemodelle, Finanzhoheit sowie einem politischen Mandat. Eine studentische Vertretung muss das Recht haben, sich zu allen politischen Themen äußern zu können. Eine Kontrolle und Reglementierung durch übergeordnete Stellen wird als äußerst undemokratisch abgelehnt. Die StudentInnen als relevante gesellschaftliche Gruppe haben eine politische Meinung. Es muss gewährt werden, diese Meinung auch zu vertreten.