Mit dem Kabinettsbeschluss vom 5. Mai 2006 plant Hessen als erstes Bundesland neben den allgemeinen Studiengebühren auch die Einführung von laufenden Promotionsgebühren (1). Dieses Detail hat in der öffentlichen Diskussion um die energischen Vorhaben der Landesregierung bisher wenig Beachtung gefunden.
Konkret sieht der Gesetzesentwurf vor, dass die Hochschulen ermächtigt werden, Gebühren bis zu 1500 Euro pro Semester zu erheben. Die Promotion wird dabei wie der Masterstudiengang als Aufbaustudium betrachtet. Als Begründung für die laufenden Promotionsgebühren nennt die Landesregierung erhöhten „Lehr- und Betreuungsaufwand“ im Zuge der gegenwärtig entstehenden Graduiertensysteme. Diese an das US-amerikanische Bildungswesen angelehnten Schulen sind jedoch keineswegs unumstritten, haben sie doch eine Verschulung der Promotion zur Folge. Die ursprünglichen Ziele des freien, eigenständigen wissenschaftlichen Arbeitens in Forschung und Lehre spielen im Rahmen der Graduiertenschulen eine untergeordnete Rolle. Die Begründung, dass in heutiger Zeit erhöhter Betreuungsaufwand anfalle, ist fraglich, da der wissenschaftliche Betrieb in vielen Bereichen ein Wechselspiel zwischen DoktorandInnen und ProfessorInnen darstellt. Eine solche Zusammenarbeit ist nämlich nicht nur für die PromovendInnen von Vorteil, sondern auch für die BetreuerInnen, die oftmals auf die Erkenntnisse der gemeinsamen Forschung angewiesen sind.
In der Regel ist die Promotion mit einem erheblichen Aufwand an Forschung und Lehre verbunden, der meist einer Ganztagsbeschäftigung gleichkommt. Ohne eine der wenigen Mitarbeiterstellen, die dem sogenannten Mittelbau zugerechnet werden, lässt sich bereits heute ein Promotionsvorhaben kaum noch umsetzen. Da grenzt es geradezu an Hohn, wenn die DoktorandInnen auch noch für die Arbeit bezahlen sollen, die sie an den Instituten leisten. Zudem überrascht der Vorstoß zur Fiskalisierung der Promotion, zumal in Deutschland immer wieder Forderungen nach mehr „Forschung und Innovation“ laut werden. Weil dieser Bereich der wissenschaftlichen Arbeit aber zum wesentlichen Teil vom Mittelbau und besonders von den DoktorandInnen getragen wird, ist es offensichtlich, dass die Promotionsgebühren jenem Ziel nicht dienlich sein können.
Für die geplanten „Promotionsbeiträge“ gilt der gleiche Einwand wie für alle anderen Formen von Gebühren an Bildungseinrichtungen. Sie erschweren es KommilitonInnen aus finanzschwachen Schichten, ihren Bildungsweg zu verfolgen. Hierbei ist es wenig hilfreich, auf kaum existierende Stipendien zu verweisen, die ohnehin Gefahr laufen, durch eine ideologische Prägung Einfluss auf Forschungsvorhaben zu nehmen. Es ist also verwunderlich, warum die DoktorandInnen noch nicht stärker den Schulterschluss mit den Studierenden suchen.
(1) Der Begriff der laufenden Promotionsgebühren wurde hier bewusst gewählt, um ihn von den bereits bestehenden Verwaltungskostenbeiträgen zum Abschluß der Promotion (z.B. 200€ an der JLU Gießen) abzugrenzen.