Newsletter 7/2007

+++ THEMEN

1. G8-Alternativgipfel kritisiert EU-Bildungssystem
2. Hinterm Zaun der G8!
3. Studiengebühren zweimal gekippt
4. „Wer Studienbeiträge nicht zahlt, wird nicht immatrikuliert“
5. Fehlende Finanzen und knappe Studienzeiten verhindern Mobilität
6. Sicher durch die Zwangsberatung[bbr] 7. Elite: Doppelte Belohnung für StipendiatInnen
8. 40. Todestag von Benno Ohnesorg

+++ TICKERMELDUNGEN

9. Weg für Volksklage gegen Studiengebühren frei
10. Unangemeldet zur Amtseinführung der Präsidentin? – Strafbefehl!
11. HRK und BDA warnen vor „Bachelor Professional“
12. Wer die Ziele nicht erreicht, spürt finanzielle Folgen
13. Abitur plus Eignungstest
14. „Aufsichtsräte für Universitäten“: Privatisierung voran!
15. „Die Uni droht zur Fachhochschule zu werden“
16. Die Alma Mater und die Freiheiten des UnternehmerInnentums
17. Wissenschaftsrat rät: Zusatzlohn für firmennahe Professoren
18. Ausländerfeindliche Attacke gegen US-Studenten in Sachsen
19. Zehntausende (nur noch) als Gäste an deutschen Universitäten
20. Globalisierung: Ungeliebt bei den Lerninhalten
21. G8-Spezial: Die blutigen Tage von Genua im Jahr 2001 (Dokumentation)
22. Kind und Karriere: Deutschland ist Schlusslicht
23. Lecturer und Lehrprofessur: Neue Personalmodelle für die Hochschulen
24. fzs-Stellungnahme zur Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes
25. „Alarmierender Rückgang“: Uni Bonn verliert ausländische Studierende

+++ TERMINE


+++ THEMEN

1. G8-Alternativgipfel kritisiert EU-Bildungssystem

Mehrere ReferentInnen haben sich auf dem alternativen G8-Gipfel am 5. bis 7. Juni in Rostock gegen die Bildungspolitik der EU ausgesprochen [1]. Mit dem Bologna- und Lissabon-Prozess verankere Europa den Wettbewerbsgedanken im Bildungswesen. Dadurch werde Bildung immer mehr zur Ware, kritisierte Konstantin Bender vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs). Die Bildungspolitik der EU-Mitgliedstaaten sei widersprüchlich, machten die TeilnehmerInnen des Podiums „Ökonomisierung der Bildung und Zukunft der Arbeit“ in der Rostocker Petrikirche deutlich: Einerseits würden einige Bildungsbereiche mit öffentlichen Mitteln ausgebaut, andererseits würden an anderer Stelle Privatleute zur Finanzierung herangezogen. „Allen wird genau eine Chance eingeräumt. Wer sie nicht nutzt, hat Pech gehabt“, kommentierte Bender diese Politik. Er halte es lieber mit dem Bildungsbegriff der Vereinten Nationen. Dort werde Bildung als Menschenrecht und als Schlüssel zur Demokratisierung angesehen.

[1] www.zwd.info/index.php?PHPSESSID=&group_id=102&id=6434&content_id=83&action=show_news

2. Hinterm Zaun der G8!

Die deutsche G8-Initiative zum „Schutz des geistigen Eigentums“ [1] bedroht die medizinische Behandlung tausender HIV-kranker Kinder. Die Bundesregierung trat beim Gipfeltreffen in Heiligendamm für einen verschärften Patentschutz für deutsche Industriegüter ein; damit wendet sie sich insbesondere gegen China und Indien, die mit kostengünstigen Nachahmerprodukten erfolgreich als Konkurrenten deutscher Konzerne auftreten. Ein ausgeklügeltes Patentsystem soll dies unterbinden und deutschen Firmen weiterhin Wettbewerbsvorteile und hohe Extraprofite garantieren. Auf dem Gebiet der Arzneimittelproduktion hat das Vorhaben tödliche Auswirkungen. Das deutsche Unternehmen Boehringer Ingelheim etwa beantragte in Indien Patentschutz für ein Kinder-Medikament gegen HIV/AIDS. Sollte dem Antrag entsprochen werden, würden sich die Preise für das Pharmakon drastisch erhöhen. Bereits jetzt ist die medizinische Versorgung nach westlichen Standards für Armutspatienten aus Entwicklungsländern kaum erschwinglich. Eine weitere Erhöhung der Pharmapreise wird sie endgültig dem Tod überantworten. Boehringer Ingelheim wurden bereits in der Vergangenheit unmenschliche Geschäftspraktiken vorgeworfen; gesundheitspolitische Aktionsgruppen rufen zum Protest gegen den Pharmariesen auf. Auch die deutsche Afrika-Politik [2] setzt sich nach dem G8-Gipfel primär als Ressourcenausbeute fort.

[1] 2] www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56881

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3. Studiengebühren zweimal gekippt

Seit einigen Wochen zahlen Studierende in mehreren Bundesländern flächendeckend Studiengebühren – doch bei der Einführung der Beiträge haben einige Universitäten offenbar gesetzeswidrig gehandelt. Gerichte in Nordrhein-Westfalen haben jetzt binnen weniger Tage gleich zwei Hochschulen zurückgepfiffen: Die Richter kippten die Gebührensatzungen der Unis in Bielefeld [1] und Siegen [2]. Als „großen Sieg“ feiert Patrick Schnepper vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren in NRW die Urteile – und fordert beide Unis auf, den Studenten die Gebühren umgehend zu erstatten. Schnepper hat die Klagen mitkoordiniert. Am Gebührenmodell Bielefelds kritisierte das Verwaltungsgericht Minden die Staffelung der Sätze. Bielefeld nutzt eine Besonderheit in NRW: Die Unis dürfen dort – anders als etwa in Baden-Württemberg oder Niedersachsen, wo das Ministerium die Beiträge einheitlich vorschreibt – selbst entscheiden, wie viel Geld sie bis zu einem Limit von 500 Euro pro Semester nehmen. Bielefeld hatte entschieden, nur von Anfängern den vollen Satz zu kassieren. Ältere Studierende müssen weniger zahlen, im achten Semester etwa nur 100 Euro. Diese Kriterien verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, urteilten die Richter. Die Sätze dürften sich nicht nach der Semesterzahl richten. Vielmehr sei „das Maß der Inanspruchnahme der Hochschuleinrichtungen entscheidend“. Im Fall Siegen ging es um die Frage, inwieweit Hochschulen unter Ausschluss der Öffentlichkeit über Gebühren entscheiden dürfen. Weil die Uni Störungen befürchtete, war bei der entscheidenden Sitzung des Senats zur Einführung von Gebühren die Öffentlichkeit nicht zugelassen. Zu Unrecht, urteilte das Verwaltungsgericht Arnsberg. Es habe „ausreichende Möglichkeiten gegeben, um den Störungen im Sitzungsraum, die nach früheren Protesten zu erwarten waren, effektiv zu begegnen.“ Ein Urteil, das weitreichende Konsequenzen haben könnte. Gegen acht Hochschulen laufen laut dem Aktionsbündnis ähnliche Klagen, darunter gegen große Unis wie Köln, Münster und Bochum. Da die Hochschulen in NRW selbst über die Einführung der Gebühren entscheiden konnten, richtete sich der Zorn der Gebührengegner hier direkt gegen die Unileitungen – und nicht wie anderswo gegen die Wissenschaftsminister. An fast allen Hochschulen des größten Bundeslandes besetzten im letzten Sommer Studenten Rektoratszimmer oder sprengten Sitzungen der Unigremien. „Wir glauben, dass das Gericht die Umstände vor der entscheidenden Sitzung nicht richtig gewürdigt hat“, kritisiert ein Sprecher der Uni Siegen das Urteil. Dass die Studierenden ihre Gebühren tatsächlich schnell zurückbekommen, ist allerdings zweifelhaft. Die Uni Bielefeld kündigte an, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Auch Siegen werde „wahrscheinlich“ in die nächste Instanz gehen, heißt es. Vorsichtshalber will man in Bielefeld aber die bisher nicht ausgegebenen Gelder aus den Gebühren auch weiterhin zurückhalten. Derweil kam es in einem anderen Studiengebührenstreit in Bochum [3] zur ersten – laut Aktionsbündnis gegen Studiengebühren „rechtswidrigen“ – Zwangsexmatrikulation.

[1] 2] www.abs-bund.de/presse/2402.html www.abs-bund.de/aktuelles/2909/

4. „Wer Studienbeiträge nicht zahlt, wird nicht immatrikuliert“

Der Hessische Minister für Wissenschaft und Kunst, Udo Corts, hat bekräftigt [1], dass Studierende, die die Zahlung der allgemeinen Studienbeiträge von 500 Euro je Semester verweigerten, nicht immatrikuliert werden beziehungsweise exmatrikuliert würden. „Die Rechtslage ist eindeutig.“ Entscheidend für die Immatrikulation sei einzig und allein der Eingang der Beiträge auf dem Konto der jeweiligen Hochschule, fügte er im Hinblick auf Boykottdrohungen und die Diskussion über Treuhandkonten hinzu. Die Zahlung auf ein solches Konto sei auch nicht mit der Inanspruchnahme eines Studiendarlehens bei der Landestreuhandstelle vereinbar, weil diese ein Darlehen nur an die Hochschule direkt auszahle. Das vom Hessischen Landtag im Oktober 2006 beschlossene Studienbeitragsgesetz regele außerdem unmissverständlich, dass die Studienbeiträge vom Wintersemester 2007/2008 an erhoben werden. Wenige Tage darauf sicherte Corts der Öffentlichkeit zu [2]: „Die Studierenden können vom Wintersemester 2007/2008 an mit spürbaren Qualitätsverbesserungen in Studium und Lehre rechnen.“

[1] www.hmwk.hessen.de; Pressemitteilung vom 1. Juni 2007 [2] www.hmwk.hessen.de; Pressemitteilung vom 4. Juni 2007

5. Fehlende Finanzen und knappe Studienzeiten verhindern Mobilität

Vor allem fehlende Finanzmittel und knappe Studienzeiten verhindern Auslandsaufenthalte interessierter deutscher Studierender. Wert von vornherein nicht ins Ausland wolle, möchte zudem keine Trennung von Familie oder Partner. Dies sind Ergebnisse der Studie „Internationale Mobilität im Studium. Studienbezogene Auslandsaufenthalte deutscher Studierender in anderen Ländern“ [1], die der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) Mitte Mai in Berlin vorstellte. Von allen Studierenden im Wintersemester 2006/2007 waren 23 Prozent im Ausland.

[1] www.go-out.de/downloads/HIS-Bericht_final.pdf

6. Sicher durch die Zwangsberatung

Seit kurzem gibt es im Internet den neuen Leitfaden „Sicher durch die Zwangsberatung“ [1], zusammengestellt von der Hochschulberatung des AStA der FU Berlin. Erstmals existiert damit ein unabhängiger und studentischer Ratgeber zum Umgang mit dem Repressionsinstrument Prüfungsberatung. Dieses wurde im Jahre 2002 gegen studentischen Widerstand an der FU Berlin eingeführt und dient seitdem dazu, Langzeitstudierende mit Zwangsberatungen, Auflagen und letztlich Zwangsexmatrikulation aus der Uni zu vertreiben. Der Leitfaden vermittelt einen Überblick über die Rechtsgrundlagen und die Praxis des Beratungsverfahrens und enthält viele Hinweise, etwa wie illegale oder zu umfangreiche Auflagen vermieden werden können. Ziel ist es, die Studierenden über ihre Rechte zu informieren und vor Willkür seitens der Beratenden und der Universitätsverwaltung zu schützen.

[1] www.astafu.de/service/info/zwangsberatung/leitfaden

7. Elite: Doppelte Belohnung für StipendiatInnen

Vom Sommersemester 2007 an erheben die Hochschulen in Baden-Württemberg Studiengebühren. Doch nicht alle müssen bezahlen: Hochbegabte oder Leistungsstarke können befreit werden [1]. In Konstanz bspw. können Hochbegabte, Ausländer mit Stipendien sowie Stipendiaten der elf bundesweiten Begabtenförderungswerke den Gebühren entgehen. Die Förderwerke fordern zum Teil auch direkt von den Hochschulen, dass ihre Stipendiaten nichts zahlen müssen. Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung wirbt offen für eine Gebührenbefreiung der von ihr geförderten Studenten. Davon profitieren die Hochschulen, sagt Günther Rüther, Leiter der Begabtenförderung der Adenauer-Stiftung: „Es ist ein Anreiz für die Universitäten, möglichst viele Stipendiaten zu haben.“ Das steigere die Effizienz der Hochschule, weil Stipendiaten eher die Regelstudienzeit einhielten. Andere Förderwerke, wie die Heinrich-Böll-Stiftung, halten nichts von der „als ungerecht empfundenen doppelten Privilegierung“ ihrer Stipendiaten. Wer ein Stipendium bezieht, müsse nicht noch von den Gebühren befreit werden, sagt ein Sprecher der den Grünen nahe stehenden Stiftung.

[1] www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/1436083/artikel_bildlinks_versenden

8. 40. Todestag von Benno Ohnesorg

Am 2. Juni 1967 starb der Student Benno Ohnesorg in Berlin an einem Pistolenschuss. Sein gewaltsamer Tod durch die Waffe eines Polizisten, während einer Demonstration gegen den Schah von Persien [1], prägte eine ganze Generation und löste unter den Studierenden der damaligen Zeit einen Mentalitätswechsel sondergleichen [2, 3, 4] aus. Das Foto [5] mit Friedericke Hausmann, die sorgsam Benno Ohnesorgs blutenden Kopf in Händen hält, ging in die Geschichte ein.

[1] 2] www.kalenderblatt.de/index.php?what=thmanu&manu_id=157&tag=2&monat=6&weekd=&weekdnum=&year=2005&lang=de&dayisset=1 4] www.youtube.com/watch?v=jPmyIT_wphU www.dhm.de/lemo/objekte/pict/KontinuitaetUndWandel_photoTodBennoOhnesorg/

+++ TICKERMELDUNGEN

9. Weg für Volksklage gegen Studiengebühren frei

www.hr-online.de/website/rubriken/nachrichten/index.jsp?rubrik=15662&key=standard_document_31291066 www.uebergebuehr.de/de/aktuell/news/meldung/ansicht/2007/05/hessens-offizielle-unterschriftskampagne-endet-ueberragend/

10. Unangemeldet zur Amtseinführung der Präsidentin? – Strafbefehl!

www.taz.de/dx/2007/05/19/a0289.1/textdruck

11. HRK und BDA warnen vor „Bachelor Professional“

idw-online.de/pages/de/news211886

12. Wer die Ziele nicht erreicht, spürt finanzielle Folgen

www.tagesspiegel.de/magazin/wissen/uni/Uni;art296,2314935

13. Abitur plus Eignungstest

www.merkur.de/2007_22_Abitur_plus_Eignu.20966.0.html?&no_cache=1

14. „Aufsichtsräte für Universitäten“: Privatisierung voran!

www.handelsblatt.com/news/_pv/_p/204455/_t/ft/_b/1274675/default.aspx/text.html

15. „Die Uni droht zur Fachhochschule zu werden“

www.abendblatt.de/daten/2007/05/31/748277.html

16. Die Alma Mater und die Freiheiten des UnternehmerInnentums

www.vdi-nachrichten.com/vdi_nachrichten/aktuelle_ausgabe/akt_ausg_detail.asp?source=rss&cat=4&id=33426

17. Wissenschaftsrat rät: Zusatzlohn für firmennahe Professoren

www.handelsblatt.com/news/default.aspx?_p=200275&_t=ft&_b=1273843

18. Ausländerfeindliche Attacke gegen US-Studenten in Sachsen

www.netzeitung.de/deutschland/667511.html

19. Zehntausende (nur noch) als Gäste an deutschen Universitäten

www.netzeitung.de/deutschland/664030.html

20. Globalisierung: Ungeliebt bei den Lerninhalten

www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/632848/

21. G8-Spezial: Die blutigen Tage von Genua im Jahr 2001 (Dokumentation)

video.google.de/videoplay?docid=-8876259762606192748&q=genua

22. Kind und Karriere: Deutschland ist Schlusslicht

idw-online.de/pages/de/news212187

23. Lecturer und Lehrprofessur: Neue Personalmodelle für die Hochschulen

www.bundestag.de/bic/analysen/2007/Lecturer_und_Lehrprofessur.pdf

24. fzs-Stellungnahme zur Novellierung des Hessischen Hochschulgesetzes

www.fzs.de/aktuelles/news/115444.html

25. „Alarmierender Rückgang“: Uni Bonn verliert ausländische Studierende

www.asta-bonn.de/561.html

+++ TERMINE

26. Treffen der AuslaenderInnenreferate NRW, 22. Juni 2007, Köln

Infos via

27. Nachbereitung Bologna-Folgekonferenz London, 22. – 24. Juni 2007, Augsburg

www.fzs.de/termine/event_176.html

28. Studentisches Vorbereitungstreffen zur DAAD-Mitgliederversammlung, 26.06.2007, Bonn

Infos via

29. Mitgliederversammlung des DAAD, 26. Juni 2007, Bonn

www.fzs.de/termine/event_246.html

30. Tagung „klasse.bildung.klassenbildung II“, 29. Juni – 1. Juli 2007, Dresden

www.fzs.de/termine/event_228.html

+++ IMPRESSUM

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