Forderungen des studentischen Dachverbands und der Bildungsgewerkschaft zum Bologna-Prozess

Berlin – Soziale Öffnung der Hochschulen und Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Das sind die zentralen Schlussforderungen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und des freien zusammenschlusses von studentInnenschaften (fzs) aus der Fachtagung „Die soziale Dimension im Bologna-Prozess“, die beide Organisationen am 17. und 18. Januar gemeinsam in Berlin veranstaltet haben.

Imke Buß vom fzs-Vorstand sieht mit Besorgnis die immer größer werdende Chancenungleichheit im deutschen Bildungssystem. „Der große Mangel an Studienplätzen muss endlich angegangen werden. Die derzeitige Untätigkeit vieler Landesregierungen hindert viele junge Menschen daran, ihr Berufsziel zu erreichen“, so Buß. Dies – ebenso wie die Abschreckungseffekte durch Verschuldung – gelte im besonderen Maße für Kinder mit niedriger sozialer Herkunft. Die Studienfinanzierung muss -als Vollzuschuss und elternunabhängig gewährt werden.

Steine in den Weg werden den Studierenden auch aus dem EU-Ausland gelegt. „Durch die Kombination aus dem an einem Stichtag nachzuweisenden Vermögen von über 7.000 Euro sowie dem Verbot, eine kontinuierliche Arbeit aufzunehmen, wird ein Studium in Deutschland für junge Menschen ohne reiche Eltern unerreichbar. Hier besteht dringender Handlungsbedarf“, sagte Buß.

Andreas Keller, im GEW-Vorstand für Hochschule und Forschung verantwortlich, kritisierte, dass die Arbeitsbedingungen der Hochschulpersonals immer noch nicht auf der Agenda des Bologna-Prozesses stünden: „Der Arbeitsplatz Wissenschaft muss in ganz Europa attraktiver werden, Forschungs- und Lehrerfahrungen im Ausland müssen anerkannt werden.“ Der Schutz sozialer Sicherungssysteme dürfe nicht vor nationalen Grenzen Halt machen, sondern von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Ausland mitgenommen werden können. „Darüber hinaus muss die Promotion als erste Phase wissenschaftlicher Arbeit anerkannt, Doktorandinnen und Doktoranden die gleichen Rechte wie promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gegeben werden“, sagte Keller.

GEW und fzs führten die Fachtagung im Rahmen des DAAD-Projekts „Promoting Bologna in Germany“ mit Unterstützung der Europäischen Kommission und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durch. Vertreterinnen und Vertreter von Bund und Ländern sowie aller wichtigen am Bologna-Prozess beteiligten „Stakeholder“ von der Hochschulrektorenkonferenz bis zum Deutschen Studentenwerk diskutierten mit. „Wir fordern Bund und Länder auf, im Aktionsplan zur sozialen Dimension wirkliche Maßnahmen zur Verbesserung der Chancengleichheit festzuschreiben und sich nicht auf einem Lobpreisen der bestehenden Aktionen auszuruhen“, erklärten Buß und Keller, die beide Bologna-Experten im Rahmen des DAAD-Projekts sind. Sie erinnerten an die im Mai 2007 in London eingegangene Verpflichtung, bis zur nächsten Bologna-Konferenz 2009 in Leuven einen Aktionsplan zur Stärkung der Chancengleichheit vorzulegen.

Info: Im Bologna-Prozess haben sich 46 europäische Staaten innerhalb und außerhalb de Europäischen Union auf die Schaffung eines Europäischen Hochschulraums bis 2010 verständigt. Die europaweite Einführung eines vergleichbaren Systems von Hochschulabschlüssen (Bachelor und Master) und die Förderung der Mobilität von Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gehören zu den Zielsetzungen des 1999 gestarteten Bologna-Prozesses. Seit 2001 steht die soziale Dimension auf der Agenda. Die Länder sind bis zum Jahr 2009 aufgefordert, einen Aktionsplan zur Sozialen Dimension zu erarbeiten.