Derzeit ist die studentische PM-Szene kreativer denn je in der Schöpfung von Varianten eines (unserer Kenntnis nach unbelegten) Zitats des NS-Marinerichters und CDU-Ministerpräsidenten zum Austrocknen des linksterroristischer Sympathisantensumpf der Studierendenschaften Baden-Württembergs. Zitat hin oder her, Fakt ist: Das neue Universitätsgesetz von 1977/78 sah keine Studierendenschaften mehr vor und enteignete die vorhandenen studentischen Strukturen damit de facto, das Verfasste-Studierendenschafts-Gesetz vom Juli 2012 führte sie jüngst wieder ein. Was bedeutet dies nun für die studentischen Strukturen vor Ort?
Noch vor nicht allzu langer Zeit zauberte die Ankündigung, in Baden Württemberg die VS wieder einführen zu wollen, lediglich ein müdes Lächeln auf die Gesichter der studentischen Aktiven Baden-Württembergs – doch nun ist es, nach einigen Monaten harter Arbeit, tatsächlich soweit gekommen: Das Gesetz zur Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft wurde am 27. Juni vom Landtag verabschiedet. Trotz einiger Defizite aus studentischer Sicht ist der Gestaltungsraum einer realen Selbstverwaltung jetzt zum größten Teil wieder in studentischer Hand (Selbstverwaltung als Körperschaft öffentlichen Rechts) und die konkrete Organisationsform ist dabei weitgehend freigestellt. Diesen Gestaltungsspielraum gilt es nun zu nutzen.
Das von fzs und LAK BaWü koordinierte TANDEM-Projekt spielt für die konkrete Einführung an den jeweiligen Hochschulen eine wesentliche unterstützende Rolle. Es zielt auf die Bildung von „Tandems“ zwischen jeweils einer BaWü-Studischaft, die sich aktuell müht, die gesetzlichen Vorgaben möglichst schnell in eine für sie akzeptable Praxis umzusetzen und einer Nordstudischaft mit 35 Jahren längerer Erfahrung in Sachen Beitrags- und Finanzhoheit, Satzungen und allem Drum und Dran. So klären sich Fragen zur Praxis bereits oftmals in einem kurzen Telefongespräch, falls dies nicht ausreicht, lassen sich wechselseitige Besuche organisieren, um an den Prozessen vor Ort teilzuhaben und Eindrücke und Erfahrungen mit nach Hause zu nehmen. Satzungsgebung, Finanzverwaltung, Rechtsfähigkeit, Arbeitgeberschaft und Streitigkeiten um das politische Mandat gehören jetzt tagtäglich zu Realität auch baden-württembergischer Studierendenschaften. Über die Jahrzehnte der Abhängigkeit studentischer Aktiver von den jeweiligen Hochschulleitungen sind in Baden-Württemberg verschiedene unabhängige studentische Selbstverwaltungen aufgebaut worden, um dem Knebel der gesetzlich vorgeschriebenen Pseudo-ASten zu entgehen. Unter diesen Rahmenbedingungen sind viele Praktiken studentischer Selbstverwaltung entwickelt und umfangreiche Erfahrungen gemacht worden, aus denen auch Nordstudischaften mittels Tandempartnerschaft einiges an Ideen und Anregungen aus der Zusammenarbeit mitnehmen können.
Über die Homepage www.fzs.de/tandems werden im TANDEM-Projekt interessierte Studierendenschaften zusammengebracht. Ein erstes Tandem hat die Arbeit bereits aufgenommen: Studierendenvertretungen der Universität Bielefeld und Universität Mannheim fanden sich vom 19.-20.07. zu einem ersten fruchtbaren Treffen in Bielefeld zusammen.
In diesem Sinne der Aufruf an alle verfassten und nicht verfassten Studierendenschaften: Bildet Tandems!