Wir widersprechen; OECD Bericht kein Grund zum feiern!

Der gestern veröffentlichte Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird von Politiker*innen und Presse als Nachweis des Erfolgs des deutschen Bildungswesens gefeiert. Der Vorstand des freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) widerspricht an dieser Stelle.

Dazu Isabella Albert, Vorstandsmitglied des fzs: „Der Bildungsbericht ist kein Grund zu feiern. Das deutsche Bildungssystem gehört weiterhin zu den selektivsten in Europa. Die Bildungsmobilität ist in kaum einem anderen OECD Staat so gering wie in der BRD. Die Investitionen in Bildung in den letzten Jahren haben erste Löcher gestopft. Von einem gerechten Bildungssystem ist die BRD aber noch weit entfernt. Zwar haben wir mehr Hochschulabsolvent*innen als vor ein paar Jahren, das Wachstum gehört jedoch zu den geringsten in den untersuchten Ländern.“

Der OECD-Bericht fordert höhere Investitionen in Bildung.

„Der Bund muss Schulen und Hochschulen in Zukunft finanziell unterstützen. Die mangelnde Finanzierung des gesamten Bildungswesens, die auch im OECD Bericht festgestellt wird, ist nicht nur an den Hochschulen deutlich zu spüren. Die von der Bundesregierung angekündigte Lockerung des Kooperationsverbots im Bereich der Hochschulen reicht deshalb nicht aus. Unser Bildungssystem braucht eine gemeinsame Finanzierung von Bund und Ländern. Deshalb ist das Kooperationsverbot im gesamten Bildungsbereich vollständig abzuschaffen“, ergänzt Daniel Gaittet, ebenfalls Vorstandsmitglied im fzs.

Geschlechterungerechtigkeit an Hochschulen: Aus dem OECD Bericht geht hervor, dass inzwischen 34% der Frauen gegenüber 31% der Männer im Alter bis 29 über einen tertiären Bildungsabschluss verfügen.

„Von einer Gleichstellung der Geschlechter ist die BRD noch weit entfernt: Zwar sind erstmals mehr Studienabschlüsse von Frauen registriert als von Männern. Trotzdem verdienen Frauen in der Gruppe mit tertiärem Abschluss laut dem glas-ceiling index des Economist weiterhin 5% weniger als Männer in vergleichbaren Positionen. Weithin überkommen geglaubte Geschlechterrollen sind laut des Bildungsbericht 2014 an den Hochschulen noch immer präsent. So scheidet sich das akademische Feld in Fächer, die eher von Männer dominiert werden und solchen, in denen vorwiegend Frauen zu finden sind. Dabei zeigt sich, dass männlich besetzte Berufe gleichzeitig die besser bezahlten sind. Dieses traurige Machtverhältnis spiegelt sich auch darin wider, dass die Promotion laut OECD Bericht noch immer eine männlich Domäne ist.”, kommentiert Danielle Lichere.

Der OECD Bericht vergleicht Studienanfänger*innenquoten ohne den angestrebten Abschluss im Auge zu behalten. Im deutschen Studiensystem liegt beim Übergang vom Bachelor zum Master eine weitere Hürde. Der fzs hat daher ergänzend in seiner Bologna-Umfrage erhoben, warum Studierende nach dem Bachelorstudium ihr Studium abbrechen: www.bolognaumfrage.de

„Die Darstellungen der OECD sind nicht immer einwandfrei. Der Übergang vom Bachelor in den Master ist eine neue Hürde, die die gestuften Studienabschlüsse mitsichbringen. Bislang wird sie vorwiegend von sozial Privilegierten genommen. 50% aller Studierenden nehmen gemäß der Bologna-Umfrage des fzs keinen Masterstudiengang auf, weil sie sich diesen Bildungsabschnitt finanziell nicht leisten können“, sagt Isabella Albert und Sandro Philippi erläutert: “ Die OECD stellt die Situation in Deutschland verzerrt da, indem sie bloß sogenannte Erstabschlüsse an den Hochschulen vergleicht. Allerdings wird für manche Länder der Master als Erstabschluss gezählt. Dies lässt sich nicht seriös mit der Situation in der BRD vergleichen. Tatsächlich wird damit ausgeblendet, dass es in Deutschland zu einer massiven Verkürzung der allgemeinen Bildungsdauer gekommen ist. Schließlich halten die aktuellen Rahmenbedingungen weite soziale Kreise in der BRD von einem Masterstudium ab. Ohne eine Garantie auf einen Masterplatz, lassen sich die Werte nicht zwischen den OECD-Staaten vergleichen.“

Der Vorstand steht unter den angegebenen Kontakten zur Verfügung:

Isabella Albert: Mobil: +49( 0) 178 2859741

Daniel Gaittet: Mobil: +49 (0) 176 61956843

Danielle Lichères:

Sandro Philippi: Mobil: +49 (0) 178 2324494