Rechtsgutachten: fast 500 Medizin-Studienplätze mehr ohne Finanzaufwand

Im Zuge des kommenden Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Numerus Clausus in Medizin ist für Konstantin Korn, Mitglied im Vorstand des fzs, ein Überdenken der Kapazitäten von Studienplätzen dringend notwendig: „Die Kapazitäten halten schon seit Langem nicht mehr mit der Bewerber*innenzahl Schritt, in Medizin zum Beispiel wird heute nur jede*r fünfte Studienbewerber*in angenommen. Hier kann man nicht mehr von einer kurzfristigen Lösung des Kapazitätsproblems durch den NC sprechen. Man sollte sich viel eher fragen, ob nicht das Recht auf freie Studienwahl durch Selektionsmechanismen wie den Numerus Clausus beschränkt wird.“

Seine Vorstandskollegin Nathalie Schäfer pflichtet ihm bei: „Eine Maßnahme gegen die fehlenden Kapazitäten könnte ein Angleichen der Semesterwochenstunden für Professor*innen in Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Sachsen auf die Lehrwochenstunden in den übrigen Bundesländern von 8 auf 9 Wochenstunden sein. Diese Umstrukturierung würde zusätzlich nichts kosten, aber etwa einen Zuwachs von 258 Studienplätzen bringen.“

„Durch eine Angleichung des Lehrdeputats unbefristet beschäftigter Wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen an das Lehrdeputat für Hochschullehrer*innen auf ebenfalls 9 Semesterwochenstunden könnten weitere Studienkapazitäten gestellt werden. Außerdem könnten zusätzliche Studienplätze geschaffen werden, wenn der Trend zunehmender Befristung Wissenschaftlicher Mitarbeiter*innen beendet und wieder mehr unbefristete Stellen eingerichtet werden. An einigen Hochschulen sind im medizinischen Bereich etwa 50% der Wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen unbefristet und leisten das volle Lehrdeputat (8 Semesterwochenstunden). An anderen medizinischen Fakultäten sind deutlich mehr Beschäftigte befristet, diese leisten nur die Hälfte (4 Semesterwochenstunden) des Lehrdeputats. Würde dieses Verhältnis überall auf etwa 50% an allen Hochschulen angeglichen werden, könnten 180 neue Studienplätze geschaffen werden und zudem die Anzahl prekär Beschäftigter reduziert werden“, ergänzt Eva Gruse, Mitglied im Vorstand des fzs.

Im Gutachten wird vor allem Licht auf das Studienfach Medizin geworfen. Die vorgestellten Maßnahmen lassen sich aber auch auf andere Studienbereiche übertragen: „Selbstverständlich führen die vorgeschlagenen Maßnahmen auch in anderen NC Fächern zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der Studienplätze. Insgesamt können allein durch diese beiden Maßnahmen mehrere Tausend zusätzliche Studienplätze geschaffen werden. Dazu bedarf es nicht zusätzlicher Geldmittel“, so der Auszug aus dem Gutachten von Fachanwalt Wilhelm Achelpöhler.

Hintergrund

Der freie zusammenschluss von student*innenschaften beruft sich auf ein Gutachten, in dem die Maßnahmen der Lehrdeputatserhöhung an den Universitäten Duisburg-Essen, Münster, Köln, Düsseldorf, Bonn, Bochum, Aachen, Mainz, Halle, Magdeburg, Leipzig, Dresden, Rostock, Greifswald, Marburg, Gießen und Frankfurt durchgerechnet wurden.