Offener Brief an die demokratischen Fraktionen des Bundestages.
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
wir sind zutiefst besorgt über die von der Bundesregierung eingeleitete Sparpolitik und fordern Sie nachdrücklich zu einer Kurskorrektur auf. Der vom Kabinett beschlossene Haushalt für das kommende Jahr geht mit drastischen sozialen Kürzungen – von Hilfen für Arbeitslose über die Kinder- und Jugendhilfe bis zur Unterstützung Geflüchteter – mit Streichungen beim Umweltschutz sowie der Verweigerung erforderlicher Zukunftsinvestitionen einher. Mit diesem Kurs gefährdet die Bundesregierung den Erfolg der sozial-ökologischen Transformation.
In einer Zeit, in der antidemokratische Kräfte immer stärker Raum greifen, die Klimakrise sich verschärft und die soziale Ungleichheit wächst, brauchen wir nichts dringender als Investitionen in die Zukunft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Stattdessen beschneidet die Bundesregierung die soziale Infrastruktur und schwächt mit ihren Kürzungsplänen die Stabilität unserer Demokratie. Mit der angekündigten Rückkehr zur “fiskalpolitischen Normalität” verkennt sie nicht nur die aktuellen konjunkturellen und transformativen Erfordernisse, sondern knüpft an eine Finanz- und Haushaltspolitik vor Beginn der Corona-Krise an, die schon damals weder sozial gerecht noch zukunftsfest und an ökologischen Zielen orientiert war.
Bereits 2019 waren der Investitionsstau und der Modernisierungsdruck bei der öffentlichen Infrastruktur, im Bildungs- und Kulturbereich, bei bezahlbarem Wohnraum und im Gesundheitswesen groß. Seither sind die Bedarfe weiter gewachsen. Um die Umwelt- und Klimaziele zu erreichen, brauchen wir deutlich höhere Investitionen in die Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft und ihre soziale Flankierung.
Was heute an notwendigen Investitionen unterlassen und bei der Daseinsvorsorge eingespart wird,
schadet nicht nur unmittelbar, sondern belastet gerade auch künftige Generationen mit den Kosten ungelöster Aufgaben und vertaner Chancen.
Statt unsere Gesellschaft und Wirtschaft mit einem Konsolidierungskurs zu schwächen, braucht es
eine zukunftsfeste und gerechtere Finanz- und Steuerpolitik, die staatliche Handlungsfähigkeit und
Demokratie stärkt und mutig in die Zukunft investiert.
Deshalb müssen kurzfristig alle vorhandenen Spielräume genutzt werden. Mittelfristig bedarf es
gleichermaßen einer investitionsfreundlichen Reform der Schuldenbremse, den schrittweisen
sozialverträglichen Abbau umweltschädlicher Subventionen sowie einer stärkeren Beteiligung sehr
hoher Einkommen und Vermögen an der Finanzierung des Gemeinwesens und der Transformation.
Wir rufen Sie daher auf, sich mit Ihrer Stimme gegen den von der Bundesregierung anvisierten
Sparkurs einzusetzen.
Mit erwartungsvollen Grüßen
- AWO Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V.
- Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V.
- Deutscher Bundesjugendring e.V.
- Deutscher Gewerkschaftsbund
- Deutscher Kulturrat e.V.
- Deutscher Mieterbund e.V.
- Deutscher Naturschutzring
- freier zusammenschluss von student*innenschaften e.V.
- Der Paritätische Gesamtverband
- Sozialverband Deutschland e.V.