Der freie zusammenschluss von student*innenschaften (fzs) e.V., Dachverband von Studierendenvertretungen in Deutschland, kritisiert den heute im Bundestag debattierten Gesetzesentwurf für ein 29. BAföG-Änderungsgesetz grundlegend. In Zeiten verschiedener wirtschaftlicher Krisen dramatisierte sich auch die soziale Lage der Studierenden in Deutschland: mehr als drei von vier Studierenden, die alleine oder in einer WG wohnen, waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 2021 armutsgefährdet. Von einer Dramatisierung dieser Lage ist in Anbetracht der Inflation und konstant steigender Mieten [vgl. Moses Mendelssohn Institut] leider auszugehen.
Ein BAföG, das für Bildungsgerechtigkeit sorgt und zugleich den Fachkräftemangel in Deutschland bekämpft, muss die Kosten für Lebenshaltung und Ausbildung decken. Die Bedarfssätze für den Lebensunterhalt dürfen nicht unter dem Niveau des Bürgergelds liegen, anders ist eine Absicherung des Existenzminimum von Studierenden und Schüler*innen nicht möglich. Völlig unklar bleibt, warum staatliche Leistungen wie Bürgergeld, Renten und Abgeordnetendiäten automatisch an die Einkommensentwicklung angepasst werden, Studierenden dies aber verwehrt bleibt.
Das 29. BAföG-Änderungsgesetz ist so nicht haltbar. Studierenden eine Nullrunde bei den Bedarfssätzen und der Wohnkostenpauschale vorzusetzen ist fernab jeglicher Realität. Studierende stehen durch die andauernde hohe Inflation und steigende Mieten für studentischen Wohnraum unter einem hohen finanziellen Druck. Die Mehrheit der in WGs lebenden Studierenden ist von Armut bedroht oder akut betroffen – hier muss die Ampelkoalition ansetzen. Studieren muss unabhängig der finanziellen Mittel möglich sein.
Rahel Schüssler, Referentin für BAföG und studentisches Wohnen des fzs
Es stehen 150 Millionen Euro bereit, jedoch sollen weniger als die Hälfte ausgegeben werden – das ist gegenüber den Studierenden nicht erklärbar. Die im Koalitionsvertrag vollmundig angekündigte „grundlegende Reform“ wird ein weiteres Mal verpasst und damit fpr diese Legislatur beerdigt. Der Bundesrat hat bereits scharfe Kritik geübt, die sich mit der des fzs zu großen Teilen deckt. Wir fordern die sozial-progressiven Stimmen der Koalition auf, im parlamentarischen Verfahren wesentliche Änderungen durchzusetzen. Es ist weiterhin wichtig zu betonen: Die Kritik des Bundesrats darf nicht zum Papiertiger werden.
Niklas Röpke, Vorstandsmitglied des fzs
Der Koalitionsvertrag setzte 2021 die Zielstellung eines „grundlegend reformierten BAföG“ und eines „Jahrzehnts der Bildungschancen“. Bei dem heute vorgelegten Entwurf handelt es sich um die letzte Novelle dieser Koalition und somit Finalisierung dieses Vorhabens – das Gesetz soll noch vor der Sommerpause durch Bundestag und Bundesrat beschlossen werden, damit es zum neuen Schuljahr und Wintersemester 24/25 in Kraft treten kann.
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme vom 12. April 2024 grundlegende Kritik an dem vorgelegten Gesetzesentwurf geübt und Verbesserungen angemahnt. Beim BAföG handelt es sich um ein Einspruchsgesetz – dem Bundesrat steht somit die Möglichkeit offen, den Vermittlungsausschuss anzurufen und Änderungen am Gesetz zu verhandeln.