Internationalisierung der Hochschulen erfordert öffentliche Gestaltung

Am vergangenen Wochenende trafen sich über 50 VertreterInnen der nationalen studentischen Dachverbände Europas in Düsseldorf. Auf Einladung des deutschen Dachverbandes fzs sowie des europäischen Dachverbandes ESIB – The National Unions of Students in Europe – diskutierten die KonferenzteilnehmerInnen über den Umgang mit dem wachsenden Angebot transnationaler Bildung insbesondere im Hochschul- und Weiterbildungsbereich.

Ziel der Konferenz war, aus studentischer Sicht Probleme in der Entwicklung transnationaler Bildung zu benennen und Lösungsansätze zu finden. Schwerpunktthemen waren e-learning, Regulierung transnationaler Bildung, Qualitätssicherung sowie die Herausforderungen für die nationalen Bildungssysteme. Als Gastrednerinnen legten Vertreterinnen von EU-Kommission, Europäischer Hochschulrektorenkonferenz (EUA) und der Britischen Qualitätssicherungsagentur ihre Vorstellungen dar.

Transnationale Bildung heißt, dass der einen Abschluss verleihende Bildungsanbieter in einem anderen Land ansässig ist als die Studierenden. Beispiele hierfür sind e-learning via Internet, Ableger von Hochschulen im Ausland (sog. branch campus) oder auch gemeinsame Studienprogramme mehrerer Hochschulen. In Deutschland wie in vielen Staaten weltweit erleben transnationale Bildungsangebote derzeit einen Boom: als Ableger einer texanischen Hochschule wurde vor einiger Zeit die International University Bremen eröffnet, die TU München hat vor kurzem einen Ableger in Singapur gegründet, internationale Studienprogramme existieren mittlerweile an vielen deutschen Hochschulen.

Transnationale Bildung ist bislang weitgehend unreguliert. Für Studierende ergeben sich hierbei häufig Probleme bei der Anerkennung von Studienabschüssen: so wurde das Beispiel eines bulgarischen Studenten diskutiert, der bei einem Ableger einer ausländischen Hochschule in Bulgarien studiert hatte. Sein Abschluss wurde vom Staat nicht anerkannt, sein Studium war damit weitgehend wertlos. Neben der Anerkennung sind aber auch Qualität und offener Zugang vielfach nicht oder nur unzureichend gesichert.

Im Zuge der Diskussion um das GATS (Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen, Teilvertrag der WTO) gewinnt das Regulierungsdefizit nach Ansicht der KonferenzteilnehmerInnen eine neue Qualität. Das GATS bezweckt die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen. Bildung ist von der Primar- bis zur Erwachsenenbildung erfasst. Als grenzüberschreitende Angebotsform fällt damit die transnationale Bildung unmittelbar unter die GATS-Regeln.

Heiner Fechner, Mitglied des fzs-Vorstandes, meint dazu: „Das GATS gefährdet den Versuch, die Internationalisierung des Hochschul- und Weiterbildungsbereichs in geregelte Bahnen zu lenken. Ziel ist die Liberalisierung, nicht die Regulierung. Die Forderung nach gesicherter Qualität sowie offenem und gleichem Zugang stehen in Widerspruch zu einem „freien Bildungsmarkt“. Daher muss es ein sofortiges Moratorium für die laufenden GATS-Verhandlungen geben. Bildung darf kein Spielball wirtschaftlicher Interessen werden.“

Nach Ansicht der TeilnehmerInnen ist allerdings ein reines Abwehrverhalten nicht ausreichend. Die Studierendenvertretungen müssten den Problemen mit eigenen Gestaltungsvorschlägen begegnen. Hierzu sei eine intensivierte Zusammenarbeit und Auseinandersetzung auf der jeweils nationalen wie auf der europäischen und internationalen Ebene notwendig.

Die Ergebnisse der Konferenz sollen in Kürze zu einem Positionspapier ausgearbeitet werden. Damit will der europäische studentische Dachverband ESIB Druck auf die europäischen Regierungen entfalten, sich der Regulierung transnationaler Bildung unter Ausschluss des GATS endlich anzunehmen.