Mit nur 31 Ja- zu 90 Gegenstimmen fügten die Delegierten Flierl auf einem Landesparteitag eine schwere Schlappe zu. Der Senator hatte zuvor noch einmal vehement für sein Modell als beste Alternative zu allgemeinen Studiengebühren geworben. Die Mehrheit sah dagegen in Studienkonten einen Türöffner für Studiengebühren. Die PDS müsse weiterhin den kostenlosen Zugang zum öffentlichen Gut Ausbildung garantieren, hieß es.
Flierl hatte für den Fall einer Abstimmungsniederlage schon vor dem Parteitag einen Rücktritt ausgeschlossen. Er äußerte sich aber anschließend enttäuscht über das Ergebnis. Die Gegner hätten vor allem aus wahltaktischen Überlegungen so entschieden. „Die PDS will am Status quo festhalten“, sagte der Senator. Beschädigt fühle er sich durch das Abstimmungsergebnis aber nicht. Er habe nur in einem Einzelpunkt nicht die Unterstützung seiner Partei erhalten. Auch Wirtschaftssenator Harald Wolf wertete das Ergebnis als „Niederlage in einem konkreten Punkt“.
Die Gegner des Modells um den wissenschaftspolitischen Sprecher der Fraktion, Benjamin Hoff, und Fraktionsvize Klaus Lederer setzten sich damit gegen alle drei PDS-Senatoren und den Landes- und Fraktionsvorsitzenden Stefan Liebich durch. Nach einer kurzen Beratung des Landesvorstands stellte Liebich klar: „Wir respektieren die Entscheidung des Parteitages.“ Zugleich sei dies ein Handlungsauftrag an den Vorstand, jetzt eine Einigung mit dem Regierungspartner SPD herbeizuführen.
Der PDS droht ein Konflikt mit der SPD, da sich diese bereits für Studienkonten ausgesprochen hat. Liebich hatte allerdings schon im Vorfeld betont, dass bei Ablehnung der Studienkonten der Koalitionsvertrag gelte. Danach bleibt das Erststudium kostenlos. Die Gegner von Studienkonten warnte Liebich am Sonntag, diesen Beschluss für das Ende der gesellschaftlichen Debatte über Studiengebühren zu halten. In einer Koalition lasse sich der PDS-Beschluss nicht eins zu eins umsetzen.
Sowohl Liebich als auch Hoff bemühten sich, den Eindruck auszuräumen, die PDS habe ihren eigenen Senator beschädigt. Beide betonten, dass auf dem Parteitag über Sachpositionen und nicht über Personen entschieden wurde. „Flierl hat in der PDS Berlin einen Rückhalt, von dem mancher SPD-Senator nur träumen kann“, versicherte Hoff. Liebich wies darauf hin, dass der Parteitag am Vormittag mit überwältigender Mehrheit den Leitantrag Flierls zur Hochschulpolitik angenommen habe.
Das Modell von Flierl sah vor, dass die Regelstudienzeit plus 20 Prozent gebührenfrei bleiben. Mit dem Studienkontenmodell lehnte die PDS auch eine vom Senat bereits beschlossene Übergangsregelung ab. Danach sollten Langzeitstudenten ab dem 15. Semester mit maximal 500 Euro pro Semester zur Kasse gebeten werden. Dafür waren bereits Einnahmen von 10 Millionen Euro in den Haushalt 2005 eingestellt worden, über die jetzt Rot-Rot erneut verhandeln muss.