Stellungnahme des fzs zur Änderung des BAföG

1) Einleitung

Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) e.V. ist der Dachverband von Studierendenvertretungen in Deutschland. Mit rund 90 Mitgliedshochschulen vertritt der fzs über eine Million Studierende in der Bundesrepublik. Der fzs ist Mitglied im europäischen Dachverband ESIB – The National Unions of Students in Europe und auf internationaler Ebene in der International Union of Students (IUS).

Als studentischer Dachverband der Studierendenschaften in Deutschland nimmt er jedoch die Interessenvertretung aller rund zwei Millionen Studierenden wahr. So arbeitet der fzs zu allen Aspekten des studentischen Lebens in der Gesellschaft. In dieser Eigenschaft ist die folgende Stellungnahme zu verstehen. Diese ist wie folgt aufgebaut. Zunächst wird eine kurze Stellungnahme des fzs zum BAföG abgegeben aus welcher die grundlegende Beurteilung des BAföG deutlich werden wird. Hieran anschließend erfolgt eine knappe Bewertung des Reformvorschlages. Danach erfolgt die Darstellung der Forderungen des fzs zur Ausgestaltung des Bafög. Abschließend werden die einzelnen geplanten Änderungen hinsichtlich ihrer sozialpolitischen Wirksamkeit aus Sicht des fzs beurteilt.

Aus Sicht des Verbandes ist es erfreulich bei der Erarbeitung der längst überfälligen Novellierung des BAföG beteiligt zu werden.

Grundsätzliches zum BAföG

Das BAföG wurde 1971 als vollständiger Zuschuss von der Bundesregierung unter Kanzler Willy Brandt eingeführt. Es brachte erstmals das individuelle Recht auf einkommensabhängige Ausbildungsförderung mit sich und leistete zusammen mit der Abschaffung von Hörergeldern einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der für die gesamte Gesellschaft wichtige Bildungsbeteiligung großer Teile der Bevölkerung. Das BAföG stellte also eine wichtige Säule der Erhöhung der Chancengleichheit im extrem selektiven bundesrepublikanischen Bildungssystem dar. Mit immer weiteren Fördereinschränkungen, Ausweitung der Darlehensanteile und insbesondere durch die Überführung des BAföG zum Volldarlehen 1983 von der Bundesregierung unter Kohl, sank die Gefördertenquote bis Ende der 90er Jahre immer weiter. Erst mit der 20. und 21. Novelle des BAföG und dem Ausbildungsförderungsreformgesetz von 2001 wurden die Leistungen des BAföG und der Kreis der Anspruchsberechtigten wieder ausgeweitet. Obwohl diese Nachbesserungen lediglich das kompensierten was zuvor nicht vollzogen wurde. Nach dem Ausbildungsförderungsreformgesetz von 2001 wurde es bedauerlicherweise lange versäumt weitere dringende Verbesserungen vorzunehmen um das BAföG an die Realitäten der Studierenden anzupassen. Aus diesem Grund ist es aus Sicht des fzs zunächst grundsätzlich zu begrüßen, dass die Bundesregierung nun ansatzweise Anzeichen erkennen lässt, längst überfällige Nachbesserungen vorzunehmen.

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2) Kurzbeurteilung des vorgelegten Entwurf aus Sicht des fzs

Grundlegendes Prinzip der geplanten Novellierung des BAföG

„Die Bundesregierung sieht sich angesichts des überragend wichtigen Ziel der Haushaltskonsolidierung, das gerade auch den jungen Menschen eine Anhäufung von weit in die Zukunft reichenden Belastungen erspart, jedoch nicht in der Lage, eine umgehende Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge vorzuschlagen.“

Dies ist aus Sicht des fzs als politische Willensbekundung der Bundesregierung für Haushaltskonsolidierung und damit gegen eine Aufstockung der Mittel die für das BAföG zu werten. Politik soll und muss bei der Auswahl von zu entscheidenden Sachverhalten Prioritäten setzen. Dies ist hier geschehen. Nach unserer Auffassung ist dies jedoch gesellschaftlich eine bildungspolitische Bankrotterklärung. Statt in Köpfe und deren Entwicklung zu investieren berauben sich der Staat und damit die Gesellschaft selbst der eigenen Zukunft. Hier ist eine Neuordnung der Prioritäten anzustreben.

Fazit

Obwohl einige Forderungen des fzs nun endlich aufgegriffen und umgesetzt werden sollen greift der vorgelegte Entwurf an den entscheidenden Stellen zu kurz. Es scheint so, als wird an einigen Symptomen gewerkelt ohne sich jedoch an die Ursachen heranzuwagen. So sind die vorgeschlagenen Reformen aufkommensneutral für Bund und Länder und damit ohne große Mühen durchzusetzen, aber insgesamt zu kurz greifend.

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3) fzs-Forderungen zur Ausgestaltung des BAföG

Es ist aus Sicht des fzs notwendig im Rahmen einer gesellschaftliche Debatte die Studienfinanzierung dahingehend umzugestalten, dass sie sie folgenden Eigenschaften erfüllt.

Herkunftsunabhängigkeit

Aus Sicht des fzs ist es Ziel mittels der staatlichen Studienfinanzierung weg zukommen von der Eltern- bzw. der Herkunftsabhängigkeit des individuellen Bildungsweges und des Bildungserfolgs. Allerdings unterliegt die Gewährung der staatlichen Unterstützung in Form von BAföG eben diesen Prinzipien. Hiervon muss sich nach Auffassung des fzs verabschiedet werden. Es muss endlich gewährleistet werden, dass es die einzelnen Individuen und nicht deren Verwandte sind die gefördert werden sollen oder eben nicht. Dies gilt im Übrigen auch für die Nationalität der Studierenden. Mit einer Umstellung auf eine herkunftsunabhängige Förderung ist auch eine Abkehr des Konzeptes der sozialen Schließung im Bezug auf die Nationalstaaten und die Staatsangehörigkeit mitzudenken.

Bedarfdeckend/ Automatische jährliche Anpassung

Die letzte Anpassung der BAföG-Sätze an die gestiegenen Kosten erfolgte vor mehr als 5 Jahren. Dies ist als sozial-, gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Gründen mehr als fatal. In der Zwischenzeit hat es mehrere Preissteigerungen, Steuer- sowie Abgabenerhöhungen gegeben. Nimmt man alle Preissteigerungen zusammen und betrachtet die gleich gebliebenen Förderhöhen und Freibeträge so wird eines deutlich: Das BAföG ist faktisch gekürzt worden.

Die Preissteigerungen wurden somit von den Studierenden und deren Eltern getragen. Dies ist aber als Widerspruch zum Ziel des BAföG als Mittel zur Verbesserung der Chancengleichheit im Bildungssystem und damit der Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Menschen aus sog. Bildungsfernen Schichten zu werten.

Obwohl mit §35 BAföG eine Verpflichtung zur Überprüfung und Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge besteht, ist die Bundesregierung dieser nicht nachgekommen. In den Berichten der Bundesregierung wurde 2003 und 2005 jeweils ein Anpassungsbedarf der Bedarfssätze von 3% (2003) und 3,5% (2005) sowie der Freibeträge von 3% (2003) und 4,5% (2005) festgestellt.

Der Anfang 2007 erscheinende 17. Bericht der Bundesregierung wird angesichts der positiven Entwicklung der gesellschaftlichen Einkommens- und Vermögensentwicklung sowie den weiterhin ansteigenden Lebenshaltungskosten Rechnung tragen und einen ähnlichen Anpassungsbedarf feststellen.

Der fzs fordert daher die Bundesregierung dringend auf ihrer Pflicht zur Anhebung der Bedarfssätze und Freibeträge um mindestens jeweils 10% nachzukommen, damit mindestens das Niveau der BAföG-Förderung von 2001/02 wieder erreicht und die staatliche Ausbildungsförderung nicht weiter ausgehöhlt wird.

Nach Auffassung des fzs ist eine gesetzlich verankerte, jährliche Anpassung der Förderhöhen und Bedarfssätze an die allgemeine Preisentwicklung darüber hinaus ein absolut notwendiger Schritt um das BAföG regelmäßig an die Gegebenheiten der Studierenden anzupassen und damit seine Wirksamkeit zu erhalten.

Vollzuschuss

Das BAföG wurde bei seiner Einführung im Jahr 1971 als Vollzuschuss konzipiert. Ziel war es die gesamtgesellschaftliche Aufgabe der Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Menschen aus finanzschwachen bzw. bildungsfernen Schichten zu erhöhen. Hintergrund war die Erkenntnis, dass drohende Verschuldung von ~ 10.000 EUR, nach einem Studium und zu Beginn einer Berufslaufbahn extrem hohe Abschreckungswirkung im Bezug auf die Aufnahme eines Studiums haben. Dies gilt insbesondere für Menschen auf finanzschwachen Herkunftsschichten. Für gerade diese Schichten ist aber eine gesicherte Studienfinanzierungsmöglichkeit elementar wichtig für die Aufnahme eines Studiums. Der Abschreckungswirkung von Verschuldung für die Aufnahme und den Abschluss eines Studiums ist in jedem Fall durch die (Re-)Konzeption des BAföGs als Vollzuschuss zu begegnen. Nur so kann gewährleistet werden, dass Jede/r unabhängig vom finanziellen Background ein Studium beginnen kann welches den individuellen Neigungen und Fähigkeiten am ehesten entspricht. Ganz so wie es 1971 die Zielsetzung der Einführung des BAföGs gewesen ist.

Ausreichend hohe Freibeträge

Die derzeitige, durchschnittliche Förderungshöhe über alle BAföG-EmpfängerInnen hinweg beträgt ~ 370 EUR. Dies ist jedoch bei weitem nicht ausreichend für die Finanzierung der Lebenshaltungskosten. Aus diesem Grunde sind viele BAföG-EmpfängerInnen zur Erwerbsarbeit verpflichtet. Allerdings sind die derzeit gewährten Freibeträge von 5200 EUR viel zu gering gestaltet. Hier ist eine politische Entscheidung gefordert. Entweder das BAföG wird auch hinsichtlich der Vergabepraxis so umgestaltet, dass alle EmpfängerInnen eine ihren Lebensumständen angemessene Förderung erhalten oder die Freibeträge für durch eigene Erwerbsarbeit erworbene finanzielle Mittel werden ebenfalls an die tatsächlichen Realitäten angepasst und damit in der Konsequenz ausgeweitet. Untätigkeit in diesem Fall wirkt sich sozial als auch gesellschaftlich fatal aus. Aus Sicht des fzs ist jedoch die ausreichend hohe individuelle Förderung zu bevorzugen.

Studierende mit Kind

Das Absolvieren eines Studiums ist ebenso wie die Kindererziehung eine gesamtgesellschaftlich als wünschenswert einzuschätzende Leistung, die die besondere Unterstützung der Gesamtgesellschaft erfordert. Fällt beides zusammen so ist hierauf besonders einzugehen um Mehrfachbelastungen abzuschwächen. Einer hohen Wertschätzung dieser beiden Aufgaben widerspricht es jedoch Studierende bei der Kindererziehung finanziell und strukturell allein zu lassen, wie es bisher leider der Fall ist. Um hier entgegenzuwirken müssen aus Sicht des fzs hier Vorkehrungen geschaffen werden das ein Studium auch mit Kind studierbar bleibt. Hier müssen KiTa-Plätze ebenso wie angemessene finanzielle Regelungen in ausreichendem Maße vorhanden sein, die den finanziellen Mehraufwand studierender Eltern ausgleichen. Von einer Rückforderung der gewährten Unterstützung ist aus Sicht des fzs abzusehen.

Durchschnittliche Regelstudienzeit

Ein wichtiger Aspekt bei der Planung und Durchführung eines Studiums ist die Verlässlichkeit und Dauerhaftigkeit der individuellen Studienfinanzierungsmöglichkeit. Wenn das BAföG an die Realitäten der Studierenden angepasst werden soll, so muss auch die Dauer der Gewährung des BAföG diesem Anspruch genügen. Die derzeitigen Regelungen tun dies jedoch nicht. Eine einfache Möglichkeit wäre hier die Dauer der Förderung an die tatsächliche durchschnittliche Regelstudienzeit des jeweiligen Studienfaches und damit an die Realitäten der StudentInnen anzugleichen.

Gesellschaftliche Debatte

Bildung und damit auch die individuelle Studienfinanzierung ist und bleibt gesellschaftliche Aufgabe. Als Solche muss die demokratischen Ansprüchen genügen. Elementar in diesem Zusammenhang ist der Grundsatz „nichts über sie ohne sie“. Die derzeitige Debatte ist geprägt von Sachzwangargumentationslinien und der Auffassung von Bildung als Verhandlungsmasse. Hier muss im Interesse aller ein Breit angelegter gesellschaftlicher Diskurs erfolgen. Innerhalb dieses Diskurses könnten auch Finanzierungsmöglichkeiten wie beispielsweise die Teilgegenfinanzierung durch Zusammenlegung aller staatlichen Leistungen an Eltern und die Bündelung zum BAföG diskutiert werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings die gleichberechtigte Einbeziehung aller von Bildung betroffenen gesellschaftlichen Gruppen.

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4) Bewertung der einzelnen Aspekte des vorgelegten Entwurfes

Einführung eines Kinderbetreuungszuschlags

„Auszubildende mit Kindern erhalten künftig bereits während der Ausbildung einen pauschalen Kinderbetreuungszuschlag zum Bedarfssatz und werden so stärker unterstützt. Der derzeitige Kinderteilerlass beim Darlehensanteil Studierender, soll nach einer Übergangszeit für bereits freigestellte Darlehensnehmer daher durch den neuen Kinderbetreuungszuschlag abgelöst werden.“

Studierende mit Kind benötigen besondere Unterstützung. Deshalb ist der von der Bundesregierung geplante Kinderzuschlag zum BAföG zunächst einmal ein gesellschaftspolitisch richtiger Schritt.

Allerdings ist zum einen die Höhe viel zu gering und zweitens geht eine Pauschalierung an den Realitäten der Studierenden weitgehend vorbei. So werden die 113€ auch dann zugewiesen wenn mehrere Kinder betreut werden müssen. Ein höherer Zuschussbedarf ließe sich insbesondere auch mit der Schlechterstellung von Studierenden durch die Einführung des Elterngeldes begründen: Statt eines Erziehungsgeldes in Höhe von 300 Euro monatlich für zwei Jahre bzw. 450 Euro monatlich für ein Jahr werden Studierende mit Kindern künftig nur noch ein Jahr lang 300 Euro Mindestelterngeld erhalten.

Des Weiteren wird dieser richtige Schritt jedoch nicht von der Gesellschaft finanziert, sondern erneut von den Studierenden – über den zurück zu zahlenden Darlehensanteil – selbst. Dies Widerspricht aus Sicht des fzs dann jedoch dem Solidarmodell der Gesellschaft. Zudem weist der Darlehensanteil eine sozialpolitisch wirksame Abschreckungswirkung auf, welche sich in der in die Zukunft gerichteten Verschuldung in nicht unerheblicher Höhe niederschlägt. Die Konzeption als Darlehen ist aus Sicht des fzs nicht geeignet die Akzeptanz des BAföG gegenüber Krediten als Möglichkeiten der Studienfinanzierung dauerhaft sicherzustellen. Dies ist jedoch unabdingbar um das gesamtgesellschaftlich wichtige Ziel der Erhöhung der Bildungsbeteiligung zu erreichen. Darüber hinaus werden vor allem Eltern, die nicht oder nur in geringem Maße erwerbstätig sind bei der Rückzahlung des Darlehens durch Abschaffung der Erlassmöglichkeit schlechter gestellt.

Anhebung der Zuverdienstgrenze auf einheitlich 400 EUR.

„Zur Stärkung freiwilliger Eigenfinanzierungsmitverantwortung von Auszubildenden werden deren Hinzuverdienstgrenzen ohne Anrechnung auf das BAföG für alle einheitlich und ohne Differenzierung nach Ausbildungsart auf die Höhe der auch für sog. „Minijobs“ geltenden Grenze von 400 EUR monatlich ausgedehnt.“

Die von der Bundesregierung geplante Anhebung der Freibeträge für den Zuverdienst aus Erwerbstätigkeit ist in jeden Fall eine Änderung, die wir begrüßen. Allerdings bleibt die Ausbildungsförderung ohne die Anhebung der Bedarfssätze weiter hinter ihrem Anspruch zurück, allen Studieninteressierten eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung zu ermöglichen. Erwerbsarbeit nimmt Zeit in Anspruch, die für das Studium nicht aufgewendet werden kann. Grundsätzlich muss nach unserer Auffassung eine staatliche Studienfinanzierung so ausgestaltet sein, dass Studierende gar nicht erst einer Erwerbstätigkeit nachgehen müssen. Allein die Möglichkeit der Mehrarbeit, damit Studierende ausreichend Geld für Lebensunterhalt und Studium zur Verfügung haben, ist daher der falsche Ansatz. An dieser Stelle entsteht der Eindruck, dass sich die Bundesregierung nicht in der Verantwortung sieht, alle Studierenden ausreichend finanziell zu unterstützen, um insgesamt eine Erhöhung der Bildungsbeteiligung zu erreichen. Stattdessen wird hilflos auf eine private Ersatzfinanzierung hingewiesen, sodass die einzelnen Individuen zunehmend selber für eine ausreichende individuelle Studienfinanzierung sorgen. Nicht anders ist der Begriff der „Eigenfinanzierungsmitverantwortung“ zu verstehen. Vor allem Studierende aus der sozial niedrigeren Herkunftsgruppe, die an der Hochschule derzeit stark unterrepräsentiert sind, können von ihren Eltern nicht in hohem Maße unterstützt werden. Sie sind daher auf eine staatliche Studienfinanzierung oder Erwerbsarbeit angewiesen.

Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund

„Ausländische Auszubildende, die bereits langfristig aufenthaltsberechtigt sind oder lange in Deutschland leben und eine dauerhafte Bleibeperspektive haben, sollen künftig auch ohne Anknüpfung an eine vorherige Mindesterwerbsdauer der Eltern nach dem BAföG gefördert werden können.“

Diese geplante Maßnahme ist zur Gänze richtig, allerdings ist nach unserer Auffassung eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Aufenthaltszeiträume anzustreben um damit die teils willkürlichen Hürden für ausländische Studierenden in Gänze zu beseitigen. AusländerInnen mit befristeten Aufenthaltstiteln, wie „Aufenthalt zum Zweck des Spracherwerbs oder Duldung“ sind von dieser Regelung ausgenommen. Der fzs sieht hier die Gefahr, dass AusländerInnen, deren Titel zwar regelmäßig verlängert werden und nur de-facto „langfristig in Deutschland aufenthaltsberechtigt“ sind, davon nicht profitieren (Kettenregelung). Darüber hinaus sollte nach unserer Auffassung auch jungen Menschen, die sich „zum Schutz“ in Deutschland aufhalten, die Möglichkeit eröffnet werden ein Studium zu beginnen und keine Lebenszeit zu verschwenden.

Internationalität der Ausbildung durch Ausdehnung der Förderung im Ausland

„Durch Wegfall der Orientierungsphase sollen auch komplett im europäischen Ausland durchgeführte Ausbildungsgänge nach dem BAföG förderfähig werden; zugleich sollen künftig Praktika auch außerhalb Europas ohne die zusätzliche Bescheinigung der „besonderen Förderlichkeit“ gefördert werden können.“

Eine BAföG-Förderung ist schon ab dem ersten Semester an einer ausländischen Hochschule möglich, wenn vorher ein mindestens dreijähriger Aufenthalt in Deutschland nachgewiesen wird. Allerdings bleibt die Möglichkeit zur Förderung auf Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkt. Dies ist gerade in Zeiten zunehmender Internationalisierung entschieden abzulehnen, da es dem Aspekt des außereuropäischen Erfahrungsaustausches und der Völkerverständigung unnötig einschränkt.

Verbessert wird ferner die Möglichkeit von Praktika im Ausland: Für Auszubildende sind sie nun generell – und nicht mehr nur zum Erwerb von Sprachkenntnissen möglich. Weiter entfallen besondere Nachweise zum Erhalt der Förderung bei der Absolvierung von Praktika im außereuropäischen Ausland. Schließlich werden Änderungen bei der Verlängerung der Förderungshöchstdauer bei Auslandsaufenthalten vorgeschlagen: Bisher konnte bei Studierenden, die am Ende ihres Studiums einen Auslandsaufenthalt planten, der Fall eintreten, dass sie – sofern sie mit den Auslandssemestern ihre Förderdauer überschritten – keine Förderung mehr erhielten, aber nach ihrer Rückkehr nach Deutschland theoretisch noch einmal ein bis zwei Semester Förderung erhalten hätten. Nun soll die zur Verfügung stehende Verlängerung der Förderdauer aufgrund eines Auslandsaufenthaltes auch für die Zeit im Ausland verwendet werden können.

Neben diesen richtigen Schritten, werden die Möglichkeiten für ein Auslandsstudium oder -praktikum jedoch auch eingeschränkt: Negativ ist erstens, dass es auch bei mehreren Auslandsaufenthalten und Wechseln generell nur noch maximal ein Jahr Verlängerung geben soll. Weiter fallen bei Auslandspraktika die wichtigen Auslandszuschläge weg.

Noch gravierender ist die Änderung bei der Darlehensart für das Auslands-BAföG: Während Zuschläge im Rahmen eines Auslandsstudiums bisher als Vollzuschuss gezahlt wurden, soll auch hier – wie bei der „Normalförderung“ – zukünftig ein hälftiger Darlehensanteil enthalten sein. Bei Studiengebühren, die im Ausland zu zahlen sind, soll sogar gar keine Zuschussförderung, sondern nur noch ein Bankdarlehen zur Verfügung gestellt werden. Damit unterstützt die Bundesregierung die Kommerzialisierung von Bildung auf europäischer Ebene und bricht damit erneut den von ihr unterzeichneten Weltsozialpakt. Darüber hinaus ist bei der Förderung über Bankdarlehen ein höheren Zinssatz und kein Rückzahlungsmoratorium von fünf Jahren gegeben.

Für die Studierenden bedeuten die Neuerungen faktisch, dass Mobilität noch stärker vom Geldbeutel abhängt und gerade finanziell schlechter gestellte Studierende noch größere Schwierigkeiten haben werden ein Auslandssemester zu absolvieren.

Gegenfinanzierung der Maßnahmen

„Als Beitrag zur Gegenfinanzierung der vorgesehenen Maßnahmen […] werden die Sonderfälle elternunabhängiger Förderung beim Besuch von Abendgymnasien und Kollegs künftig auf den eigentlichen Kern des zweiten Bildungswegs konzentriert. […] Elternunabhängig werden Auszubildende gefördert, die zuvor bereits mehrjährig erwerbstätig gewesen sind, bevor sie über ein Kolleg oder Abendgymnasium einen höheren Schulabschluss anstreben. Dagegen soll nicht länger allein der Besuch einer dieser Ausbildungsstättenarten als solcher genügen, die Förderung unabhängig vom Elterneinkommen zu gewähren.“

Die elternunabhängige Förderung wird zukünftig eingeschränkt: Dieser Schritt geht in die falsche Richtung. Wer ein Kolleg oder Abendgymnasium besucht, soll nicht mehr elternunabhängig gefördert werden. Mit dieser Maßnahme ignoriert sie jedoch die Tatsache, dass der Besuch eines Abendgymnasium oder Kollegs dennoch nach wie vor aufgrund einer besonderen Lebenssituation erfolgt, zu der in den meisten Fällen die Unabhängigkeit vom Elternhaus gehört. Die vorgeschlagene Einschränkung der elternunabhängigen Förderung wird vielen Jugendlichen deshalb die Entscheidung für den Besuch eines Abendgymnasiums oder Kollegs – und damit einen der wesentlichen alternativen Wege zu einer Hochschulzugangsberechtigung – erschweren. Dies stellt aus unserer Sicht eine Einschränkung von alternativen Bildungswegen dar, die der fzs aus sozial, und gesellschaftspolitischen Überlegungen heraus ablehnt. Aus unserer Sicht sollten die Möglichkeiten elternunabhängiger Förderung stattdessen ausgeweitet werden. Das bedeutet, die elternunabhängige Förderung an Abendgymnasien und Kollegs mindestens zu erhalten und zudem die erforderliche Dauer einer Erwerbstätigkeit vor Studienaufnahme zu verkürzen. Die Voraussetzung für eine elternunabhängige Förderung ist bisher eine abgeschlossene Ausbildung und eine darauf folgende Berufstätigkeit von insgesamt mindestens 6 Jahren.

Perspektivisch muss das BAföG insgesamt auf eine elternunabhängige Förderung umgestellt werden. Aus Sicht des fzs ist es unvertretbar,, dass die Gewährung von staatlicher Studienfinanzierung von den Geldbeuteln der Eltern abhängt. Die Abhängigkeit vom Geldbeutel der Eltern widerspricht dem Ziel der individuellen und unabhängigen Ausgestaltung von Bildungswegen.

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