Newsletter 6/2007

INHALT

THEMEN

1. BAföG-Erhöhung?
2. Bologna-Folgekonferenz in London
3. Mehr ProfessorInnen für die Hochschulen?
4. Studiengebühren treiben VerbraucherInnenpreise
5. Noteninflation im Hochschulbereich?
6. Studierende unter Terrorismus-Generalverdacht
7. Soziologie der Uni Münster kämpft ums Überleben

TICKERMELDUNGEN

8. Verwaltungs- und Studiengebührenboykotte im Sommer
9. Es ist Ranking-Zeit – und somit Zeit für Rankingkritik
10. Jugend- und Studierendenverbände gegen G8
11. Von fzs-Mitgliedshochschulen unterstützt veröffentlicht BdWi Buch „gegen“ Bertelsmann
12. Säumnisgebühr adé, Verwaltungsgebühr ok
13. Viele Lehrbeauftragte leben auf Hartz-IV-Niveau
14. Studiengebühren: Den Kopf voll Schulden
15 Sicherheitsgefährdender Zustand der Hochschulgebäude in München
16. Zweite Runde des „Exzellenzspuks“
17. Verwaltungsgericht Arnsberg kippt Studiengebühren in Siegen
18. Münster: NS-Vergangenheit holt Uni ein
19. „Abschaffung“ der Studierendenvertretung in Österreich?
20. Kindergeld bald nur noch bis zum 18. Lebensjahr?

TERMINE


THEMEN

1. BAföG-Erhöhung?

Kommt eine BAföG-Erhöhung? In den letzten Wochen hatte sich abgezeichnet, dass es 2008 eine solche geben könnte [1, 2]. Dies wurde vor allem von der SPD gefordert, von Seiten der CDU wurde dem im Prinzip zugestimmt, auch wenn zum Umfang der Erhöhung bei der CDU keine Aussagen gemacht wurden bzw. Zurückhaltung angemahnt wurde. Es steht daher weiter zu befürchten, dass die Erhöhung zu gering ausfallen könnte. Oder irgendwo eine Verschlechterung eingebaut wird. Wie dies von den vor den Bildungsausschuss geladenen Sachverständigen nun auch der geplanten 22. BAföG-Änderungsgesetz attestiert wurde: „Man kommt sich dabei vor wie auf einem Verschiebebahnhof“, äußerte dazu einer der Sachverständigen. Verbesserungen auf der einen Seite werden durch Verschlechterungen an anderer Stelle erkauft. Auch der fzs gab eine Stellungnahme [3] ab.Am 25. Mai stellte Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) gegenüber dem Südwestrundfunk eine schrittweise BAföG-Erhöhung um 10 Prozent bis 2009 in Aussicht gestellt.

[1] www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-640-bafoeg-anhoerung.php

[2] www.zwd.info/index.php?group_id=102100001&id=6385&content_id=74

[3] www.fzs.de/news/108431.html

2. Bologna-Folgekonferenz in London

Die europäischen BildungsministerInnen haben auf der Bologna-Konferenz in London eine positive Zwischenbilanz gezogen [1]. In praktisch allen Ländern liefe die Umstellung auf die internationalen Abschlüsse Bachelor und Master, betonte EU-Bildungskommissar Jan Figel zum Abschluss der 4. Bologna-Nachfolgekonferenz, die vom 17. bis 18. Mai in London stattfand. Allerdings haben bisher erst etwa ein Drittel der Staaten vollständig auf das zweistufige System umgestellt. 1999 hatten die BildungsministerInnen vereinbart, bis 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum zu schaffen. In Deutschland wurden zum Sommersemester 2007 über 5.660 Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten. Das entspricht 48 Prozent des gesamten Studienangebots an deutschen Hochschulen. Bei fast zwei Dritteln von ihnen wird das europäische Punktesystem (ECTS) angewendet. Kritik [2] kam jedoch auch auf: In einer Untersuchung zur Umsetzung in den einzelnen Ländern [3] kommt der Dachverband der europäischen Studierendenschaften (ESIB) zu dem Ergebnis, dass zwar in vielen Ländern das einheitliche europäische Punktesystem formal eingeführt ist, es aber nicht korrekt angewendet wird. In der Praxis sind Studienleistungen innerhalb Europas weiterhin nicht ausreichend vergleichbar, sagte Bruno Carapinha von ESIB. Der GEW-Vorsitzende Ulrich Thöne warnte Bund und Länder davor [4], die Einführung der neuen Bachelor- und Masterstudiengänge bis 2010 unter Zeitdruck vorzunehmen. „Qualität geht vor Tempo – die Akzeptanz der neuen Abschlüsse bei den Studierenden und auf dem Arbeitsmarkt darf nicht aufs Spiel gesetzt werden“, sagte Thöne vor dem Hintergrund, dass erst 12,5 Prozent aller deutschen Studierenden in Bachelor- oder Masterstudiengänge eingeschrieben sind. „Bei der Sicherung der Berufsbefähigung der neuen Studiengänge müssen neben Arbeitgebern auch die Gewerkschaften einbezogen werden“, forderte der GEW-Vorsitzende. Er kritisierte, dass im Londoner Kommunikee die Gewerkschaften als Partner gar nicht vorkämen. Auch der fzs trat während der Konferenz mit einer klaren Position an die Öffentlichkeit [5]. Die nächste Bologna-Folgekonferenz findet im April 2009 im belgischen Leuven statt.

[1] www.zwd.info/index.php?group_id=102100001&id=6383&content_id=74

[2] www.jungewelt.de/2007/05-19/018.php

[3] www.esib.org/index.php?option=com_content&task=view&id=186&Itemid=1

[4] www.gew.de/GEW_Bildungsminister_sollen_soziale_Dimension_staerken.html

[5] www.fzs.de/aktuelles/positionen/101516.html

3. Mehr ProfessorInnen für die Hochschulen?

Mehr Professorinnen an den Hochschulen soll eine neue Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bringen [1]. Laut der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen [2] will der Bund die 15 Millionen Euro dafür freigeben, die er bisher in das Hochschul-Wissenschaftsprogramm „Chancengleichheit“ investiert. Wenn möglich, sollen sich die Länder mit dem gleichen Betrag beteiligen. Die Pläne sind zwar noch nicht ausgereift, Ziel sei es jedoch, die Hochschulen zu fördern, die sinnvolle Chancengleichheitsprogramme aufweisen. In der sozial-ökologischen Forschung wolle die Regierung zum zweiten Mal ein Nachwuchsprogramm fördern, dass sich speziell an Wissenschaftlerinnen richte.

[1] www.online-marketing24.com/10759-mehr-professorinnen-an-den-hochschulen-.html

[2] www.kai-gehring.de/uploads/media/04-25_KA_Frauen-in-der-Wissenschaft_Aw.pdf

4. Studiengebühren treiben VerbraucherInnenpreise

Allein die Einführung der allgemeinen Studiengebühren in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen hat die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr um 0,2% erhöht, bestätigte nun das Statistische Bundesamt [1, 2]. Bezogen auf die privaten Ausgaben für Bildung führen die Gebühren zu einer Steigerung von 28,5%. Insgesamt sind die Verbraucherpreise im April 2007 1,9% höher als im April 2006.

[1] www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-638-verbraucherpreise.php

[2] www.destatis.de/presse/deutsch/pm2007/p2030051.htm

5. Noteninflation im Hochschulbereich?

Nachdem der Wissenschaftsrat Mitte Mai [1] attestiert hatte, die Notengebung an deutschen Hochschulen sei „wenig differenziert“, zu viele Studierende würden zu gute Noten erhalten, stimmten Presse und Wirtschaft gleich mannigfaltig in diesen Kanon mit ein. Einen Kanon, der inzwischen dazu angetan ist, Druck auf Hochschulen und ProfessorInnen zu entfalten, um zukünftig „differenzierter“, was in diesem Falle leider primär „schlechter“ meint, zu bewerten. Der SPIEGEL [2] sprach gar von einer „Inflation der Kuschelnoten“ und versuchte sich somit in der Legitimation „schlechterer“ Bewertungen, die auch in seinen Augen differenzierter und somit „gerechter“ sind. Beim Institut der deutschen Wirtschaft [3] in Köln zeigte man sich gar besorgt ob der „anhaltenden Traumnoten-Inflation“ und argumentierte: „Wenn die Abschlussnoten zunehmend an Aussagekraft verlieren, werden bei Bewerbungen Kriterien wie außeruniversitäres Engagement, Praktika und Auslandsaufenthalte immer wichtiger“. Deshalb würden Absolventen aus sozial schwächeren Verhältnissen, die an der Uni wirklich gut seien, aber nicht die Möglichkeit zu teuren Auslandsaufenthalten hätten, durch allgemein zu gute Noten eher benachteiligt. Diese ganze Debatte lässt (bisher) jedoch vieles außer Acht: Zum einen ist es Teil der Wissenschaftsfreiheit, vielen guten AbsolventInnen auch gute Noten zu erteilen. Zum zweiten führte eben das hier Vorgeschlagene zu einer stärkeren Benachteiligung der so genannten „bildungsfernen Schicht“, weil eben: diese niemals genauso „leistungsstark“ wie Kinder aus bürgerlichen Verhältnissen sind. Die Krux an dieser Debatte ist daher: Noten werden hier fälschlich und zudem als „Lösung“ verkauft – anstatt als das angesehen: als Selektionsinstrument [4], dass auch mittels der Studienstrukturreform durch Bachelor- und Masterstudiengänge weiter ausgebaut werden soll [5].

[1] bildungsklick.de/pm/52951/notengebung-an-hochschulen-weiterhin-wenig-differenziert/

[2] www.spiegel.de/spiegel/0,1518,482849,00.html

[3] www.netzeitung.de/arbeitundberuf/649690.html

[4] www.studis-online.de/HoPo/Hintergrund/pisa_chancenungerechtigkeit.php

[5] www.studis-online.de/HoPo/Hintergrund/studienreform_selektion.php

6. Studierende unter Terrorismus-Generalverdacht

Am 9. Mai 2007 fand an der Universität Bremen im Rahmen einer bundesweiten Aktion der Bundesanwaltschaft eine Hausdurchsuchung statt [1]. Diese richtete sich gegen den Lehrbeauftragten Dr. Fritz Storim, welchem nach §129a die „Bildung einer terroristischen Vereinigung zur Verhinderung des G8-Gipfels“ vorgeworfen wird. Die Bundesanwaltschaft kommentierte Ihr Handeln mit den Worten: „Die heutigen Untersuchungen sollten Aufschluss bringen über die Strukturen und die personelle Zusammensetzung von diesen Gruppierungen, und dienten nicht in erster Linie zur Verhinderung von konkreten Anschlägen. Dafür gab es keine Anhaltspunkte”. Bei der zeitgleichen Durchsuchung von Privaträumen Dr. Fritz Storims stellte das Bundeskriminalamt (BKA) unter anderem sämtliche TeilnehmerInnenlisten sowie Arbeitsmaterialien der von ihm in den letzten Jahren an der Universität Bremen angebotenen Seminare sicher. Damit sind nun auch Studierende der Uni Bremen ins Fadenkreuz der Ermittlungen geraten. Ihre Daten liegen den deutschen Strafverfolgungsbehörden nun in Verbindung mit dem Vorwurf des Terrorismus vor. Es muss davon ausgegangen werden, dass alle SeminarteilnehmerInnen Dr. Fritz Storims von der Polizei und dem Staatsschutz überprüft und die gewonnenen Erkenntnisse sowie die Verbindung zu einem potenziellen Terroristen (ihrem Dozenten) in den entsprechenden Datenbanken gespeichert werden [2].

[1] www.asta.uni-bremen.de/news/detail.php?nr=1617&kategorie=news

[2] www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,484785,00.html

7. Soziologie der Uni Münster kämpft ums Überleben

Das Institut für Soziologie der Universität Münster ist in Aufruhr, denn ihm droht die Schließung [1, 2]. Studierende und Lehrende haben Proteste angekündigt. Bekannte WissenschaftlerInnen haben sich bereits für den Erhalt der Soziologie ausgesprochen und Stellungnahmen verfasst. Auch Ihr könnt die Resolution [3] unterschreiben, um so dazu beizutragen, dass die Soziologie an der Uni Münster bleibt.

[1] Pressemitteilung des AStA der Uni Münster

[2] egora.uni-muenster.de/soz/studieren/resolution_stellungnahmen.shtml

[3] egora.uni-muenster.de/soz/studieren/resolution.shtml

TICKERMELDUNGEN

8. Verwaltungs- und Studiengebührenboykotte im Sommer

9. Es ist Ranking-Zeit – und somit Zeit für Rankingkritik

10. Jugend- und Studierendenverbände gegen G8

11. Von fzs-Mitgliedshochschulen unterstützt veröffentlicht BdWi Buch „gegen“ Bertelsmann

12. Säumnisgebühr adé, Verwaltungsgebühr ok

13. Viele Lehrbeauftragte leben auf Hartz-IV-Niveau

14. Studiengebühren: Den Kopf voll Schulden

15. Sicherheitsgefährdender Zustand der Hochschulgebäude in München

16. Zweite Runde des „Exzellenzspuks“

17. Verwaltungsgericht Arnsberg kippt Studiengebühren in Siegen

18. Münster: NS-Vergangenheit holt Uni ein

19. „Abschaffung“ der Studierendenvertretung in Österreich?

Das Verbreiten von Stumpfsinn geht bei den Regierungsparteien weiter. Das BZÖ fordert laut einer APA-Presseaussendung der ÖH eine Abschaffung der Hochschülerschaft. Stattdessen sollen gewählte Professoren deren Part übernehmen. Weiterer oranger Mumpitz: Studiengebühren sollen zukünftig leistungsabhängig werden. Ein bestimmter Notenschnitt und eine Mindeststundenanzahl sollen vorausgesetzt werden. Dass sich dann niemand mehr in schwere Vorlesungen setzen wird und die desolaten Studienbedingungen und unverschuldet bedingte Verzögerungen noch schwerer zum Tragen kommen, interessiert die Herren Westenthaler & Co wohl nicht.

20. Kindergeld bald nur noch bis zum 18. Lebensjahr?

TERMINE

An exemplarischen Beispielen (Südafrika, EU) sollen einerseits globale Trends der Ökonomisierung von Bildung verglichen/dargestellt und in ihrem Zusammenhang mit der Deregulierung von Erwerbsarbeit beleuchtet werden. Ergänzend sollen politische Versuche anderer Entwicklungsszenarien (Venezuela) ebenso diskutiert werden wie politische Widersprüche innerhalb des herrschenden neoliberalen Politik-Settings (Gleichzeitigkeit von Privatisierung und selektivem Ausbau öffentlich finanzierter Bildung). Veranstaltet vom BdWi.


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