Newsletter 9/2007

THEMEN

1. BAföG-Erhöhungsschwindel
2. Ausgebrannt: Burn-out bei Studierenden nimmt zu
3. Geschlechterquoten für die Wissenschaft
4. Hausdurchsuchungen gegen antifaschistische Zusammenhänge in Heidelberg
5. Für Praktika nach dem Bachelor kein Geld vom Staat

TICKERMELDUNGEN

6. Die Linke will Studiengebühren ins BAföG einbeziehen
7. Rektoren warnen vor Super-Uni
8. Unfug macht nicht exzellent
9. Studierende aus Zuwandererfamilien scheitern oft
10. Studis als „Zwangsarbeiter“? Juso-Hochschulgruppe kritisiert CDU
11. Corts befürchtet Niederlage vor Gericht
12. Studierendenproteste bei der documenta-Eröffnung
13. Interview mit fzs-Vorstand Konstantin Bender: „Verheizen wäre das Schlimmste“
14. Durchlässigkeit Bachelor/Master: Schlagabtausch in Hamburg
15. Neue Düsseldorfer Tabelle noch ohne Studiengebühren-Anteil
16. Pläne für Frauenhochschule für Ostdeutschland
17. Gestufte Studienstruktur für gymnasiales Lehramt
18. Broschüre zur Geschichte der IG Farben neu aufgelegt
19. „Frauenrausch in der Lehre“
20. Slowakei: Uni-Gebühren für Externisten und „Bummelstudenten“
21. Gesellen in die Hochschulen locken
22. TU Illmenau übertrifft Quorum für Verwaltungsgebührenboykott
23. fzs solidarisiert sich mit den Hamburger Boykotteuren
24. Antrag auf Auflösung des fzs gestellt


THEMEN

1. BAföG-Erhöhungsschwindel
Bildungsministerin Annette Schavan verkündete letzte Woche stolz in der Presse, dass die Bundesregierung die Ausgaben für Bildung und Forschung 2008 stark erhöhen wird. Für den Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (Einzelplan 30) würden 8 Prozent mehr gegenüber dem Vorjahr eingestellt. Das klingt erst einmal gut; ein näherer Blick auf die Vorhaben sorgt aber schnell für Ernüchterung. Um den BAföG-Rückstand aufzuholen und die BAföG-Sätze an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen müssten Freibeträge und Bedarfssätze sofort um rund 10 Prozent angehoben werden. Der Kostenpunkt dafür wären mindestens 300 Millionen Euro. Diesen Betrag verspricht Ministerin Schavan zwar in ihrer Pressemitteilung – allerdings erst „mittelfristig“. Für den Haushalt 2008 sind im BAföG-Titel nur 110 Millionen Euro mehr eingeplant. Hier fallen aber auch gegebenenfalls ansteigende Ausfälle bei den Rückzahlungsforderungen darunter. Zudem sollen auch weitere Vorhaben finanziert werden – etwa eine verbesserte Förderung für Migrantinnen und Migranten oder ein Kinderbetreuungszuschlag. Wer sich jetzt schon darauf eingestellt hatte, von diesen Ankündigungen im nächsten Semester zu profitieren, wird erst einmal weiter hingehalten. Frühestens zum Wintersemester 2008/09 wird es zu einer Erhöhung der BAföG-Sätze kommen und auch dann voraussichtlich erst einmal nur zu einem Teil der erforderlichen 10 Prozent. Zur Erhöhung der BAföG-Sätze hat die Bundesregierung bisher noch keine konkreten Zahlen genannt. Sie spricht lediglich von einer angestrebten „spürbaren Erhöhung“. Von den minimalen Aufwüchsen beim BAföG abgesehen, fließen die vorgesehenen zusätzlichen Mittel so gut wie ausschließlich in die Forschung. Auch die in früheren Jahren noch für Gemeinschaftsaufgaben zur Verfügung stehenden Mittel (Bildungsplanung, Hochschulbau etc.) sind aufgrund der neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern nicht mehr vorgesehen. Schulen und Hochschulen werden somit voraussichtlich unter dem Strich mit weniger Mitteln auskommen müssen, als in den Vorjahren. Vor diesem Hintergrund wird man der großen Herausforderung, die erschreckende soziale Ungleichheit im deutschen Bildungssystem abzubauen und allen das Recht auf eine gute Bildung zu sichern, nicht gerecht.

2. Ausgebrannt: Burnout bei Studierenden nimmt zu
Wie das Deutsche Studentenwerk (DSW) mitteilte [1, 2], leiden immer mehr Studierende unter dem für Manager typischen Burnout-Syndrom wie Depressionen, Angstattacken, Versagensängsten, Schlafstörungen oder Magenkrämpfen. DSW-Präsident Prof. Dr. Rolf Dobischat spricht von einer „Besorgnis erregenden Entwicklung“. Er sagte: „Die Studierenden stehen unter immer stärkerem Erwartungs-, Leistungs- und vor allem Zeitdruck. Die vielen laufenden Hochschulreformen dürfen aber nicht dazu führen, dass ein Studium krank macht.“ Dobischat appellierte an die Hochschulen, insbesondere die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge nicht zu überfrachten. Gemäß der aktuellen 18. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks haben zwei Drittel der Studierenden generell Informations- und Beratungsbedarf; jeder siebte von ihnen hat Beratungsbedarf zu depressiven Verstimmungen sowie zu Arbeits- und Konzentrationsschwierigkeiten; ebenfalls jeder siebte Studierende mit Beratungsbedarf will sich zu Prüfungsängsten beraten lassen. Unter anderem das Studierendenportal Studis Online hat unlängst sowohl eine Einführung in das Thema „Depressionen“ [4] sowie als auch einige „praktische Tipps gegen studentische Depression, Überforderung und Leistungsdruck“ [5] veröffentlicht. Beide Artikel sind mit einer Creative Commons-Lizenz lizensiert und können unter Quellen- und Autorenangabe nicht-kommerziell weiterverwendet werden.


[1] 2] www.studentenwerke.de/pdf/journal_ausgabe_2.pdf 4] www.studis-online.de/Studieren/depressionen.php www.studis-online.de/Studieren/intellektuelle_selbstverteidigung.php


3. Geschlechterquoten für die Wissenschaft
Die Bundesregierung soll nur noch die Forschungsinstitutionen fördern, die eine bestimmte Anzahl Frauen auf allen Hierarchieebenen beschäftigen. In einem Antrag [1] fordern die Grünen im Bundestag Sanktionen, falls sich die Wissenschaft nicht an bestimmte Quoten hält. Grundlage soll nach dem Willen der Grünen ein Kaskadenmodell sein. Nach diesem Modell soll auf der jeweils nächsthöheren Führungsebene ein jeweils so hoher Frauenanteil erreicht werden, wie auf der vorangehenden Ebene beschäftigt ist. Es solle ein Anteil von mindestens 40 Prozent jeden Geschlechts angestrebt werden, heißt es in dem Antrag. In der vergangenen Zeit hätten insbesondere Wissenschafts- und Forschungsorganisationen auf die negativen Folgen von Geschlechterdiskriminierung hingewiesen, so die Grünen. Schlechte Karrierechancen für Frauen hätten dem deutschen Wissenschaftsbetrieb Kritik eingebracht. Auch auf europäischer Ebene gerate das Wissenschafts- und Forschungssystem ins Hintertreffen bei der geschlechterparitätischen Besetzung von Gremien und Entscheidungspanels.


[1] PM Kai Gehring, MdB


4. Hausdurchsuchungen gegen antifaschistische Zusammenhänge in Heidelberg
Auf Anweisung der Staatsanwaltschaft durchsuchten in den Morgenstunden des 04.07.2007 Beamte des Heidelberger Dezernats Staatsschutz Geschäftsräume sowie die Privatwohnung eines in antifaschistischen Zusammenhängen aktiven Menschen. Der absurde Anlass: Vor mehr als einem Jahr wurde an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg eine Outing-Aktion durchgeführt, in der die KommilitonInnen und DozentInnen einer dort auf Lehramt studierenden Rechtsextremistin auf deren Aktivitäten in der rechten Szene aufmerksam gemacht wurden [1, 2]. Die Hausdurchsuchungenn blieben ohne jedes Ergebnis; dennoch wurde der Betroffene unmittelbar im Anschluss einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen. Mit dieser Repressionsmaßnahme, die staatsanwaltschaftlich mit dem Vorwurf der „üblen Nachrede“ begründet wurde, wird nicht nur dringend notwendige Aufklärungsarbeit über neofaschistische Strukturen in der Rhein-Neckar-Region zur Straftat erklärt. Sie reihen sich darüber hinaus ein in die in den letzten Monaten forcierte staatliche Strategie, eine nicht näher definierte „autonome Szene“ unter fragwürdigsten Vorwänden zu kriminalisieren und damit die gesamte Linke auszuforschen und einzuschüchtern. Die Rote Hilfe Heidelberg [3] protestiert gegen die Hausdurchsuchungen und fordert die unverzügliche Einstellung des Verfahrens.


[1] 2] de.indymedia.org/2006/02/139459.shtml heidelberg.rotehilfe.de/


5. Für Praktika nach dem Bachelor kein Geld vom Staat
Die Bundesregierung geht nicht davon aus, dass mehr Bachelorstudenten nach Abschluss ihres Studiums Praktika machen müssen als Diplom- oder Magisterstudenten. In ihrer Antwort [1] auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke [2] fügt sie aber hinzu, dass ein Praktikum nach Studienende in Einzelfällen ein sinnvoller Einstieg in den Beruf sein könne. Eine finanzielle Förderung von Seiten des Staates sei nicht vorgesehen. In der Regel würden Bachelorabsolventen nach ihrem Studium einen Beruf ergreifen. Wer trotz seines berufsqualifizierenden Abschlusses keine Arbeit finde, könne Arbeitslosengeld II beantragen. Studenten, die zwischen Bachelor- und Masterstudium eine Pause für Praktika einlegten, hätten erst wieder Anspruch auf BAföG, wenn sie ihr Studium wieder aufnähmen.


[1] 2] dip.bundestag.de/btd/16/056/1605692.pdf

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