Mit Blick auf die erhoffte Steigerung der Studierendenzahlen waren die Meldungen der Statistischen Landesämter in den vergangenen Wochen kaum Anlass zum Feiern: In fast allen Ländern sind die Studierendenzahlen im Wintersemester 2007/08 gesunken. Umso mehr sticht die Veröffentlichung der Zahlen aus Rheinland-Pfalz vom 4. Dezember hervor: In dem kleinen Bundesland stieg die Anzahl der StudienanfängerInnen auf ein Rekordhoch von 13.528 Studierenden oder um 7,3% im Vergleich zum Vorjahr. Vor allem an den Universitäten des Landes nahmen demnach deutlich mehr Studierende ein Studium auf als in den Vorjahren. Insgesamt stieg die Zahl der Studierenden in Rheinland-Pfalz um 2%.
Diese Zahlen brechen damit mit dem bislang in diesem Wintersemester erkennbaren Trend: In Baden-Württemberg etwa nahm die Gesamtzahl der Studierenden um 0,7% ab (-5,7% StudienanfängerInnen an den Universitäten), und in Nordrhein-Westfalen sank die Gesamtzahl gar um 1,5% (bei einem minimalen Plus von 0,8% bei den StudienanfängerInnen an den Universitäten). Auch in anderen Bundesländern ist von sinkenden Studierendenzahlen die Rede – und dies, obwohl die Studienberechtigtenquote angestiegen ist und die Länder in ihren Prognosen zur Entwicklung der Studierendenzahlen mit einem Zuwachs von 8,1% zum Wintersemester 2007/08 gerechnet hatten.
Gebühren als Ursache für Studienabbruch
Unabhängige Untersuchungen, die den drastischen und unerwarteten Rückgang der Studierendenzahlen erklären könnten, liegen derzeit nicht vor. Dabei kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Studierendenzahlen insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung von Studiengebühren sinken, weil sich zahlreiche Studierende ihr Studium nicht mehr leisten können. Die hohe Anzahl von Beurlaubungen unter Studierenden in allen gebührenpflichtigen Länder deutet ebenfalls auf Auswirkungen durch die Einführung von Studiengebühren hin.
Doch insbesondere die Entwicklungen in Rheinland-Pfalz machen den Trend evident: Studierende gehen verstärkt in solche Bundesländer, in denen der Zugang zur Hochschule nicht durch Studiengebühren eingeschränkt wird. Vor allem das massive Plus bei den StudienanfängerInnen in Rheinland-Pfalz macht deutlich, dass mehr und mehr junge Menschen in gebührenfreie Länder getrieben werden. Damit erfüllt sich für den fzs die schon seit Jahren prognostizierte „Wanderbewegung“, also die Abwanderung von Studierenden aus gebührenpflichtigen Ländern. Beispiel Saarland: Dort schrieben sich zum aktuellen Wintersemester 6,8% weniger StudienanfängerInnen ein als noch vor einem Jahr. André Schnepper, Geschäftsführer des Aktionsbündnis gegen Studiengebühren beim fzs, machte dazu deutlich: „Die meisten von ihnen stammen aus den sieben Gebührenländern. An Hand dieser Flüchtlings- und Wanderungsbewegungen zeigt sich einmal mehr, dass Studiengebühren sozial ungerecht sind.“
Endgültige Zahlen liegen bald vor – Auswirkungen sollen aber nicht untersucht werden
Die endgültigen Studierendenzahlen werden voraussichtlich erst Mitte Dezember durch das Statistische Bundesamt veröffentlicht. Schon jetzt ist aber klar, dass die Gesamtzahl der Studierenden deutlich sinken wird. Das ist nicht nur vor dem Hintergrund der von Bund und Ländern erhobenen Forderung, den Anteil der Studierenden auf 40% eines Jahrganges zu heben, der derzeit knapp über 36% liegt, sondern letztlich auch für die soziale Zusammensetzung der Studierenden fatal. Denn betroffen sind insbesondere Studierende aus einkommensschwachen Familien, deren Anteil an der Studierendenschaft seit Jahren sinkt.
Unterdessen weigert sich die Bundesbildungsministerin, Anette Schavan, den Auswirkungen der Studiengebühren auf den Grund zu gehen (mehr…). Mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Länder in dieser Frage machte Schavan zuletzt mehrfach deutlich, dass sie keine Untersuchung der Gebührenauswirkungen initiieren werden und konterte stattdessen mit blankem Zynismus: „Sie können froh sein, dass ich nicht für Studiengebühren zuständig bin. Wäre ich nämlich zuständig, gäbe es sie überall.“