Gegen die Gesinnungstests bei ausländischen Studierenden!

Nach dem Aufenthaltsgesetz des Bundes werden die Innenministerien der Länder dazu ermächtigt, spezifische Befragungen zur Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels oder eines Visums durchzuführen.

Hiervon sind vor allem Menschen, die aus sogenannten „Gefährderstaaten“ kommen, betroffen. In diesen Fragebögen wird zum Beispiel gefragt: „Sind Sie Mitglied von Al-Qaida?“, „Sind sie Mitglied einer Organisation oder einer Partei, welche die gewalttätige Veränderung des bestehenden Systems in anderen Ländern (z.B. in Palästina) unterstützt oder befürwortet “ oder „Würden Sie mit dem deutschen Geheimdienst zusammenarbeiten?“.

Von betroffenen Studierenden aus Münster wurde uns mitgeteilt, dass auch in den Ausländerbehörden NRWs, dieser Gesinnungstest praktiziert wird. Nach Recherchen wurde deutlich, dass das Innenministerium Nordrhein-Westfalen einen Erlass am 11.7.2007 herausgegeben hat, wonach ausländische MitbürgerInnen darauf hin überprüft werden sollen, ob diese terrorismusverdächtig sind. Auf Anfrage wurde dem Flüchtlingsrat NRW mitgeteilt, dass die Form und der Inhalt des Fragebogens und des Erlasses geheim sind. Der Flüchtlingsrat hatte im Zuge der Auseinandersetzung Teile des Fragebogens auf seiner Homepage veröffentlicht. Das Innenministerium hat daraufhin verlangt, dass die Inhalte sofort von der Homepage zu löschen seien, da diese Inhalte „nicht zur Veröffentlichung“ geeignet sind. Es wurde mit Strafanzeige gedroht.

Durch die Befragung, die ohne Beisein von Vertrauenspersonen, wie z.B. juristischem Beistand, und unter Aufsicht der BehördenmitarbeiterInnen statt findet, werden die Betroffenen unter extremen Druck gesetzt und in ihren Persönlichkeitsrechten massivst beeinträchtigt. Eine Weigerung, die Bögen auszufüllen, scheint unter diesen Umständen nicht möglich und würde zu einer Ablehnung der Aufenthaltsgenehmigung führen. Diese kann sowieso jeder Zeit nachträglich unter dem Vorwand der bewussten oder unbewussten Falschangabe bzw. nicht vollständigen Angabe wiederrufen werden.

Die Masse an Daten, die durch dieses Verfahren beschafft würden, übersteigt die der Rasterfahndung bei Weitem. Die Landesverfassungschutzämter, sowie das Bundeamt für Verfassungsschutz haben jeder Zeit Zugriff auf die gesammelten Daten.

Eine Überprüfung der Grundrechtsbeeinträchtigung (Allgemeiner Gleichheitssatz, Informelle Selbstbestimmung, Religionsfreiheit, etc.) durch unabhängige Gerichte ist durch die gewählte Form des Geheimerlasses unmöglich.

Den ParlamentarierInnen des Landes Nordrhein-Westfalens sind der Erlass und die Fragen nicht bekannt. Eine parlamentarische Kontrolle ist somit unmöglich.

Der fzs fordert die Bundesrepublik Deutschland und die Länder dazu auf, jegliche Form von „Gesinnungstest“ sofort zu unterlassen. Die zuständigen Parlamente und Datenschutzbeauftragten sind über die Form, die Inhalte und den Sinn dieser Befragungen zu informieren und anzuhören. Die bisher gesammelten Daten müssen unverzüglich und endgültig gelöscht werden.

Der fzs fordert, die Bundesrepublik Deutschland dazu auf, diese rassistsiche Praxis sofort einzustellen.

Beschluss der 34. Mitgliederversammlung, Mai 2008