Vor dem Bildungsgipfel: Die Nervosität steigt

Die Nachricht muss für ein politisches Erdbeben im Bildungsministerium (BMBF) gesorgt haben: Kurz vor dem „Bildungsgipfel“ hatte am gestrigen Montag die Nachrichtenagentur dpa von einer Studie des BMBF berichtet, die die sozial selektiven Auswirkungen von Studiengebühren bestätigt.

Der Haken: Seit über zwei Monaten hält das Ministerium diese Studie unter Verschluss, damit der von Kanzlerin Merkel (CDU) ausgerufene Bildungsgipfel in Dresden unter dem Motto „Aufstieg durch Bildung“ nicht zum Desaster würde. Denn schließlich haben nur CDU-geführte Bundesländer Gebühren eingeführt. PolitikerInnen von SPD und der Opposition sowie fast alle Medien kritisierten daraufhin die Bildungsministerin und forderten, auch das neue Töne, die Abschaffung von Studiengebühren.

Eine einzige Wortklauberei

Am späten Dienstagabend veröffentlichte nun die mit der Durchführung der Studie beauftragte HIS GmbH erste Ergebnisse – und unternahm damit den aussichtslosen Versuch, das gestrige Beben zu einem Erdrutsch herunterzustufen.

Die Studie belege demnach, dass die Effekte von Studiengebühren „geringer als vielfach erwartet“ seien. 1,4 Prozent hätten sich aufgrund der Einführung von Studiengebühren gegen ein Studium entschieden, für weitere 3,0 Prozent sei die Studienaufnahme noch unsicher.

Interessant ist, dass sich die ursprüngliche Studie etwas anders anhört: „Durch die Einführung von Studiengebühren verzichtet eine nennenswerte Zahl von Studienberechtigten auf das ursprünglich beabsichtigte Studium.“ Bis zu 4,5 Prozent der Studierenden, vor allem Frauen und Menschen aus bildungsfernen Schichten, würden kein Studium aufnehmen. Das schreibt die dpa, der die Studie vorliegt.

Eines jedenfalls ist unabhängig von der Wortklauberei klar: Mindestens 18.000 Studienberechtigte, vor allem Frauen und Arbeiterkinder, haben aufgrund der Einführung von Studiengebühren kein Studium aufgenommen. Dem können sich weder die Bundeskanzlerin und ihre Bildungsministerin, noch die Gebührenländer von Bayern bis Niedersachsen entziehen.

Der Versuch des BMBF, unliebsamen Fakten durch neue Deutungen zu entkommen, ist jedenfalls zum Scheitern verurteilt.