Positionspapier: Bildung im Rahmen des General Agreement on Trade in Services (GATS)

Einleitung

Die Verhandlungen der WTO im Rahmen des General Agreement on Trade in Services stellen eine zentrale Entwicklung hinsichtlich der Internationalisierung von Bildung dar, neben den Entwicklungen im Bereich transnationaler Bildung (Transnational Education – TNE) und europäischer Prozesse, wie dem Bologna Prozess und dem Lissabon Prozess. Der fzs als bundesweiter studentischer Dachverband in Deutschland und Mitglied im europäischen studentischen Dachverband ESIB lehnt weitere Liberalisierungen von Bildung im Rahmen des GATS ab. Bildung ist ein Grundrecht entsprechend der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und unterliegt damit der öffentlichen Verantwortung. Sie kann folglich nicht als Dienstleistung verstanden werden. Daher fordert der fzs Bildung aus den Verhandlungen des GATS auszunehmen.

Grundlagen des GATS

Das General Agreement on Trade in Services (GATS) ist ein multilaterales Abkommen unter dem Dach der Welthandelsorganisation, der WTO. Es hat seinen Ursprung gemeinsam mit der Gründung der WTO im Jahre 1995 und ist rechtlich bindend für alle 145 WTO – Mitgliedsstaaten. Dabei steht es höher als nationales Recht und erfordert folglich eine Anpassung binnenstaatlicher Richtlinien. Das GATS umfasst 12 Dienstleistungsbereiche, zu denen unter anderem auch Bildung gezählt wird. Zentrales Ziel des Abkommens ist der Abbau von Handelsschranken bei der Erbringung von Dienstleistungen. Dies bedeutet in Hinblick auf Bildungsangebote den Abbau wettbewerbsverzerrender Subventionen sowie handelshemmender staatlicher Regulationen. In einer Reihe aufeinander folgender Verhandlungsrunden, die entsprechend des Abkommens jeweils im Abstand von 5 Jahren vorgesehen sind, sollen daher die WTO-Mitgliedsstaaten schrittweise Zugeständnisse hinsichtlich der Liberalisierung ihres Bildungssektors eingehen. Die zentralen Prinzipien des GATS sind dabei:

  • Das Prinzip der Meistbegünstigung (most favoured nation), nach der alle Handelsvergünstigungen, die ein WTO-Mitglied einem anderen einräumt, allen Mitgliedern gleichermaßen zugestanden werden müssen. Von dieser Regelung ausgenommen sind lediglich Vereinbarungen im Rahmen von Freihandelszonen.
  • Die Transparenz über die Regulation des Marktzugangs sowie Informationen hinsichtlich der Behandlung von Dienstleistungsanbietern in dem jeweiligen Land.
  • Das Verbot der Monopolbildung.
  • Und die Streitschlichtung durch Streitschlichtungsstrukturen der WTO, die bei Ungleichbehandlungen von Mitgliedstaaten, Wiedergutmachung (cross retaliation) für diese erwirken können.

Auf der Grundlage dieser Prinzipien können die WTO – Mitgliedstaaten in den einzelnen Dienstleistungsbereichen spezifische Liberalisierungszugeständnisse (specific commitments) eingehen. Diese betreffen den freien und quantitativ unbeschränkten Zugang ausländischer Dienstleistungsanbieter zum inländischen Markt (market access) sowie die Gleichbehandlung (equal treatment) dieser Anbieter mit inländischen Dienstleistungsanbietern des jeweiligen Sektors. Diese Zugeständnisse können in Bezug auf unterschiedliche Formen der Erbringung von Dienstleistungen gewährt werden:

1. Bei der Grenzüberschreitenden Erbringung (cross-border supply) wird ein Dienstleistungsangebot eines Landes in einem anderen Land gentutz.

2. Bei der Nutzung im Ausland (Consumption abroad) wird innerhalb eines Landes eine Dienstleistung für Individuen eines anderen Landes angeboten.

3. Bei der kommerziellen Präsenz (Commercial Presence) wird eine Dienstleistung durch kommerzielle Präsenz des Dienstleistungsanbieters eines Landes in einem anderen Land angeboten.

4. Bei der Präsenz natürlicher Personen (Presence of Natural Persons) wird die Dienstleistung durch Personen eines Landes erbracht, die sich zu diesem Zweck temporär in einem anderem Land aufhalten.

Vom Wirkungsbereich des GATS ausgenommen, sind Dienstleistungen, die „in Ausübung hoheitlicher Gewalt“erbracht werden, d.h. entsprechend des Abkommens nicht auf kommerzieller Basis oder im Wettbewerb mit anderen Anbietern erbracht wird. Die Anwendbarkeit dieser Ausnahmeregelung auf den Bildungsbereich ist jedoch strittig, da in den allermeisten Ländern eine Konkurrenz privater und öffentlicher Anbieter besteht.

Die Verhandlungen im Rahmen des GATS werden innerhalb der Europäischen Union von der Europäischen Kommission geführt. Im Bereich der Bildung wurden im Ergebnis der ersten Verhandlungsrunde 1995 Verpflichtungen für den Bereich der Weiterbildung und der privat finanzierten Hochschulbildung übernommen. Zugleich hat die EU 1995 auch für alle Dienstleistungsbereiche eine Ausnahme vorgenommen, nach der „Dienstleistungen, die auf nationaler oder örtlicher Ebene als öffentliche Aufgaben betrachtet werden, staatlichen Monopolen oder ausschließlichen Rechten privater Betreiber unterliegen“können.

Allgemeine Kritik an WTO, GATS und Verhandlungsprozess

Die Verhandlungsführung innerhalb der Europäischen Kommission hat die Abteilung Handel unter der Leitung von Pascal Lamy inne, welcher die Verhandlungen für die 12 EU Staaten aus der ersten GATS – Verhandlungsrunde 1994 leitet. Dabei werden die Wirtschaftsministerien der Einzelstaaten zur Festlegung der Verhandlungsposition sowie seit kurzem die Abteilung Bildung und Kultur der Europäischen Union zur Beratung herangezogen, die wiederum die einzelnen Bildungsministerien der Länder konsultiert. Den jeweiligen Wirtschaftsministerien der Länder ist es freigestellt, mit wem sie sich beraten. In Deutschland wurde lange Zeit das Bildungsministerium bzw. die einzelnen Länderministerien nicht informiert oder konsultiert. Debatten in Parlamenten fanden und finden nicht statt, Unterlagen werden nicht veröffentlicht. Die Dokumente der jüngsten Verhandlungsrunde, die Liberalisierungsforderungen und -zugeständnisse, sind in Deutschland offiziell nicht erhältlich. Die Europäische Kommission hat auf ihrer Internetseite einen kleinen Teil zugänglich gemacht. Der Großteil jedoch ist, aus Gründen der „Verhandlungsstrategie“, streng vertraulich. Es verwundert daher nicht, dass dieses Vorgehen den Boden für Spekulationen und Verschwörungstheorien nährt. Während mit dem GATS das Ziel verfolgt wird den Handel mit Dienstleistungen transparent zu machen, werden die Verhandlungen darüber völlig untransparent und ausschließlich unter Einbezug von WirtschaftsvertreterInnen, anstelle aller InteressenvertreterInnen und Institutionen in den jeweiligen Bereichen, geführt.

GATS – Verhandlungen werden nicht für jeden Dienstleistungsbereich einzeln geführt, sondern schließen in der Regel mit Paketlösungen ab, wobei Liberalisierungsangebote eines Landes in einem bestimmten Dienstleistungsbereich ertauscht werden können, durch eigene Zugeständnisse in anderen Bereichen. Auf diese Weise kann unter dem Gesichtspunkt der Stärkung der Verhandlungsposition im Verhandlungsverlauf Liberalisierungsverpflichtungen eingegangen werden, um eigene Liberalisierungsinteressen gegenüber den Verhandlungspartnern durchzusetzen. Dieser Einsatz von Liberalisierungszugeständnissen als Verhandlungsmasse bewirkt eine Dynamik der Verhandlungen, welche die Intransparenz der Verhandlungen sowie die Verhandlungspraxis Liberalisierungszugeständnissen in Dienstleistungsbereichen ohne öffentlichen Diskurs sowie die Beteiligung aller InteressenvertreterInnen des jeweiligen Dienstleistungsbereich bei der Entwicklung der Verhandlungsposition verstärkt. Somit wird zudem eine umfassende Folgenabschätzung der Liberalisierungen im jeweiligen Dienstleistungsbereich ausgeschlossen.

Auf diese Weise einmal eingegangene Verpflichtung können theoretisch zurückgenommen werden. Allerdings müssen dann, neben den Schadensersatzansprüchen, die Unternehmen im jeweiligen Dienstleistungsbereich geltend machen können, Verpflichtungen in anderen Bereichen eingegangen werden.

Bei Streitigkeiten zwischen WTO-Mitgliedsstaaten in der Frage der Gleichbehandlung beziehungsweise der Notwendigkeit politischer Maßnahmen entscheiden die Streitschlichtungsstrukturen, das Dispute Settlement Panel, der WTO. Diese verfügen im Rahmen ihrer Entscheidungsfindung jedoch über keinerlei ökologische oder soziale Mindeststandards.

Darüber hinaus werden Gremien von Expertinnen und Experten in diesem Zusammenhang von der WTO ignoriert. Die WTO verfügt über keine Expertise in bildungsrelevanten Angelegenheiten. Trotzdem könnte sie auf internationaler Ebene in Bezug auf die Internationalisierung von Bildung zum wichtigsten Gremium werden, das sich mit Bildung beschäftigt. Dies geschieht insofern, als das internationale Abkommen im Bildungsbereich unter die Regelungskompetenz der WTO fallen, so zum Beispiel das von UNESCO und Europarat entwickelte Abkommen zur Anerkennung von Studienleistungen und -abschlüssen, die so genannte Lissabon Konvention. Im Falle, dass diese Konvention, als ein Regularium für internationale Anerkennungsangelegenheiten, unter die Regelungskompetenz der WTO fallen würde, würde das Sekretariat der UNESCO zu einem großen Teil die Kontrolle darüber verlieren, wie das Abkommen umgesetzt wird. Der Unterschied in der Herangehensweise zwischen WTO und UNESCO ist fundamental. Die UNESCO steht in der Verantwortung, Hochschulbildung als Menschenrecht zu garantieren, sowie zu garantieren, dass Hochschulbildung zugänglich bleibt. Die WTO hingegen ist dafür verantwortlich, es Unternehmen zu erleichtern, Bildung zu verkaufen.

Spezifische Kritik an der Liberalisierung von Bildung im Rahmen des GATS

Die spezifischen Gefahren der Liberalisierung von Bildung im Rahmen des GATS bestehen vor allem im Rahmen der Bildungsfinanzierung, in der Sicherung des allgemeinen und gleichen Zugangs zu Bildung, der Qualitätssicherung und der Anerkennung von Bildungsinstitutionen, Studienleistungen und -abschlüssen.

Hinsichtlich der Bildungsfinanzierung stellen staatliche Zuschüsse für inländische Bildungseinrichtungen Handelsverzerrung entsprechend des GATS – Abkommens dar und müssten, entsprechend dem Grundsatz der Inländerbehandlung, somit allen AnbieterInnen gleichermaßen gewährt, direkt an die Lernenden umverteilt oder andernfalls gestrichen werden. Eine Umstellung der Bildungsfinanzierung entsprechend der beiden zuletzt genannten Optionen würde einer Privatisierung im Bildungsbereich massiv Vorschub leisten.

Öffentliche Ausgaben zur Finanzierung der Hochschulen dienen der Chancengleichheit und der Möglichkeit des freien Zugangs zu Bildung. Ein System, das Studierende dazu verpflichtet, die Gesamtkosten ihres Studiengangs zu übernehmen, würde in Europa durchschnittliche Kosten allein für die Lehrveranstaltungen von 40.000 € nach sich ziehen. Das hätte zwangsläufig desaströse Folgen für den sozialen Fortschritt des Staates und die Möglichkeit der Einzelnen in Bezug auf ihre Bildungschancen. Die Reduzierung von studentischer Unterstützung durch die Einführung oder Erhöhung von Studiengebühren oder direkte Reduzierung von finanzieller Unerstützung steht im Gegensatz zum Konzept, dass es sich bei Hochschulbildung um ein öffentliches Gut handelt und somit niemand davon ausgeschlossen werden kann.

Da dass GATS einen freien Handel ermöglichen soll, verbietet es Handelshemmnisse. Handelshemmnisse umfassen nationale Regelungen. Dazu zählen im Bildungsbereich beispielsweise Qualitätssicherung, Akkreditierung und die staatliche Anerkennung von Hochschulen. Diese Regelungen dürfen entsprechend des GATS – Abkommens nicht strikter sein, als notwendig, um die Qualität einer Dienstleistung sicherzustellen. Die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit obliegt dem Streitbeilegungsgremium der WTO, so dass eine Beurteilung der beabsichtigten Auswirkungen nicht unter bildungspolitischen sondern allein unter handelspolitischen Aspekten erfolgt. Es ist von großer Bedeutung, dass bildungspolitische Steuerungsmechanismen auch durch ExpertInnen auf dem jeweiligen Gebiet beurteilt werden. Die WTO leistet genau dies nicht. Daher erscheint es notwendig, die Rolle und Verantwortung der UNESCO in Bezug auf transnationale Bildungsdienstleistungen zu stärken.

Verhältnis Bologna Prozess und GATS

In Bezug auf den politischen Wirkungsraum des Bologna Prozesses sind zwei Dimensionen zu unterscheiden: Auf der einen Seite umfasst er die interne Dimension des Prozesses, dem inzwischen 40 Unterzeichnerländer angehören und die somit deutlich über die Grenzen der EU hinausreicht. Andererseits ist ebenso die externe Dimension der Erklärung zu berücksichtigen, welche mit der Bologna Erklärung von 1999 einerseits auf eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulraums in der Welt abstellt und zugleich seit dem Berlin Kommuniqué 2003 verbunden ist mit dem Lissabon Prozess der Europäischen Union. Während die interne Dimension Vereinbarungen zur Kooperation zwischen den Unterzeichnerländern hinsichtlich der Harmonisierung ihrer Bildungssysteme abzielt, liegt der Schwerpunkt der externen Dimension demnach auf der Konkurrenzfähigkeit des europäischen Hochschulraumes im internationalen Vergleich. Dieses Ziel wird insbesondere durch die Verbindung von Bologna und Lissabon Prozess deutlich, dessen Ziel es ist, die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten, wissensbasierten Wirtschaftsraum mit mehr und besseren Jobs und größerem sozialen Zusammenhalt zu gestalten.

Die Europäische Bildungspolitik ist demnach durchaus kritisch zu betrachten. Dennoch sind diese Tendenzen nicht mit dem Bologna-Prozess an sich gleichzusetzen. Monokausale Interpretationen des Bologna-Prozesses, die diesen auf ein Instrument zur europaweiten GATS – Umsetzung reduzieren, haben wenig mit einer sauberen Analyse dieses Prozesses, der beteiligten AkteurInnen und deren Zielen zu tun und sind mit der grundsätzlich positiven Einstellung des fzs zum Bologna-Prozess unvereinbar. Das soll nicht heißen, dass es entsprechende Bestrebungen, maßgeblich durch die EU-Kommission gefördert, gibt, die selbstverständlich Gegenstand der aktiven Kritik des fzs sein müssen. Allerdings bietet sich im Bereich des Bologna Prozesses für zivilgesellschaftliche Gruppen politische Einflussmöglichkeiten gleichermaßen auf universitärer, regionaler, nationaler und europäischer Ebene im Gegensatz zu Beteilungsmöglichkeiten hinsichtlich der Internationalisierung von Bildung im Rahmen des GATS. So sind seit dem Prag Kommuniqué 2001 am Bologna Prozess auf europäischer Ebene:

  • der europäische studentische Dachverbands (ESIB)
  • die europäische RektorInnenkonferenz (EUA)
  • der Europarat
  • und die europäische Vereinigung von Institutionen im tertiären Bildungsbereich (EURASHE)

offiziell an der weiteren Entwicklung des Prozesses beteiligt. Diese beraten auf nationaler Ebene der fzs als studentischer Dachverband in Deutschland neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der KultusministerInnenkonferenz (KMK), der HochschulrektorInnenkonferenz (HRK) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) im Rahmen der Arbeitsgruppe „Fortführung des Bologna Prozess“.

Zudem ist anzumerken, dass der Bologna-Prozess Bildung als öffentliches Gut definiert. Dies widerspricht der dem GATS zugrundeliegenden Auffassung, dass Bildung eine auf dem privaten Markt zu handelnde Dienstleistung ist. Zu selbigem Verständnis hat sich die Bundesrepublik ebenso durch den 32. Internationalen Pakt über kulturelle, soziale Rechte völkerrechtlich verpflichtet.

Maßnahmen zur Harmonisierung der Bildungssysteme in einem europäischen Hochschulraum, wie sie im Rahmen des Bologna Prozesses zwischen den beteiligten Ländern vereinbart werden, können schließlich infolge weiterer Liberalisierungen des Bildungsbereiches im Rahmen des GATS konterkariert werden, da sie zu Handelshemmnissen und letztlich als unzulässig erklärt werden könnten.

Internationalisierung von Bildung in der öffentlichen Kritik

Der fzs sieht sich veranlasst, im öffentlichen Diskurs eine kritisch-versachlichende Position einzunehmen. So wichtig und notwendig Kritik am GATS und den bildungspolitischen Implikationen ist, so entschieden muss Tendenzen aufklärend entgegengewirkt werden, die das GATS als hauptsächlichen, wenn nicht alleinigen Motor von (Bildungs)liberalisierung betrachten – eine Auffassung, die in der globalisierungskritischen Bewegung und einigen Gewerkschaften immer wieder AnhängerInnen findet. Vielmehr sind die progressiven Liberalisierungsbestrebungen der WTO als Folgen einer hegemonialen wirtschaftstheoretischen Sicht zu betrachten, die die Selbstregulierung der Märkte als Allheilmittel für Fortschritt und Wohlstand aller Menschen betrachtet. Diese abzulehnende Auffassung darf eben nicht ausschließlich im Widerstand gegen die supranationale WTO zum Gegenstand der Ablehnung werden, sondern muss genauso „im Kleinen“, auf nationalen und lokalen Ebenen, bei der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, oder allgemeiner, der Entlastung der öffentlichen Hand von zentralen Aufgaben wie Bildungsfinanzierung und -planung (etwa durch die Erhebung von Studiengebühren) auf Kritik und Gegendruck stoßen. Kommerzkompatible Umstrukturierungen im Bildungsbereich werden allerdings weniger deshalb verfolgt, um möglichst schnell alles „GATS-kompatibel“ zu machen, vielmehr stellen sie, dem marktgläubigen Common Sense zufolge, einen Wert an sich dar.

Wenn ausschließlich supranationalen Organisationen, Abkommen und auf diesen Ebenen handelnden AkteurInnen die Hauptverantwortung für jegliche Politik zugeschoben wird, die primär dem Markt verpflichtet ist, bietet dies inhaltlich Anknüpfungsmöglichkeiten für Verschwörungstheorien aller Art, welches leider ein Problem in der globalisierungskritischen Bewegung darstellt. Gleichzeitig werden nationale und lokale Ebenen und die zuständigen Instanzen aus der Verantwortung entlassen und Chancen auf Widerstand gegen solche Politik, der auf diesen Ebenen noch am ehesten umsetzbar ist, verspielt.

Die in diesem Zusammenhang geäußerte Kritik, Forderungen nach Ausnahme der Bildung aus dem GATS sowie Aussetzung jeglicher weiterer Liberalisierungen des deutschen Bildungssystems weisen stark nationalprotektionistische Züge auf, die von bildungspolitischen Akteuren aus unterschiedlichen Beweggründen vertreten werden. Aus diesem Grund sehen wir es als zentral an, die Begründungszusammenhänge, politische Motivation sowie die reale Umsetzung, welche die verschiedenen Akteure mit diesen Forderungen verbinden, differenziert und kritisch zu beleuchten und deutlich zu machen.

Schlussfolgerung

Der fzs sieht die Notwendigkeit, international gültige Regeln für die stark zunehmende Internationalisierung von Bildung zu finden. Wir halten jedoch ein von WirtschaftsministerInnen ausgehandeltes Abkommen aus den oben genannten Gründen nicht für geeignet und sehen in den weitestgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführten Verhandlungen über das GATS insbesondere eine Gefahr für den gleichen Zugang zu Bildungsinstitutionen, für an gesellschaftlichen Bedürfnissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Gestaltung der Bildungslandschaft und Qualitätssicherung, sowie für das Selbstbestimmungsrecht der Menschen insbesondere in TriKont-Staaten und Transformationsländern.

  • Der fzs fordert die Verhandlungen insbesondere über eine Liberalisierung des Bildungsbereichs auf Eis zu legen, bis durch wissenschaftliche Studien die möglichen Auswirkungen des GATS auf Bildungsbeteiligung und Qualität von Bildung erforscht sind und eine öffentliche Debatte über die Aufgabe der Bildungsinstitutionen geführt worden ist.
  • Die Europäische Kommission sowie die Bundesregierung der BRD müssen folglich jegliche Forderungen nach weiteren Liberalisierungen im Bildungsbereich gegenüber anderen Ländern zurücknehmen. Darüber hinaus dürfen keine weiteren Liberalisierungsverpflichtungen im Bildungsbereich durch die Europäische Kommission und die Bundesregierung der BRD eingegangen werden.
  • Im Rahmen des GATS-Vertragswerkes müssen verbindliche soziale und ökologische Mindeststandards für den Handel mit Dienstleistungen festgeschrieben werden.
  • Die Verhandlungen müssen transparent und unter Einbeziehung der Interessenvertretungen innerhalb der einzelnen Bereiche erfolgen.
  • Der fzs sieht es als Aufgabe der UNESCO an, Regulationsinstrumente hinsichtlich der Internationalisierung von Bildung im Rahmen eines internationalen Abkommens zu erarbeiten, da diese über die inhaltlichen Kompetenzen verfügt, diese komplexen politischen Angelegenheiten im öffentlichen Interesse zu betrachten.