Chancengleichheit als Ziel einer fortschrittlichen Bildungspolitik

Berlin (fzs) Mit einem Schreiben an die Spitzen von Union und SPD hat der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) die künftige Bundesregierung zu weitgehenden Reformen im Bildungsbereich aufgerufen. Der studentische Dachverband fordert von der neuen Bundesregierung die Herstellung von Chancengleichheit und eine Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungsbereich. Zentrale Eckpunkte einer solchen Bildungsreform seien ein Ausbau des BAföG, die soziale Ausgestaltung des Bologna-Prozesses, mehr Bundeskompetenzen im Bildungsbereich und ein radikaler Kurswechsel in der Steuerpolitik. Christian Berg, Vorstandsmitglied im fzs, erklärte dazu: „Die große Koalition muss endlich die bestehenden Ungerechtigkeiten im Bildungssystem beseitigen. Immer noch hängen die Bildungschancen junger Menschen vor allem von ihrer sozialen Herkunft ab. Deshalb sind grundlegende Strukturreformen erforderlich. Das beginnt beim gebührenfreien Kindergarten und der Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems und geht bis zur Einführung eines elternunabhängigen BAföG.“

Der fzs fordert seit langem eine Ausbildungsförderung, bei der allen Studierenden eine ausreichende und unabhängige Förderung gewährt wird. Die in Unionskreisen diskutierte Abschaffung des BAföG sieht der fzs mit Sorge. Regina Weber, Vorstandsmitglied im fzs, erklärte dazu: „Die Abschaffung des BAföG wird zu einer bodenlosen Verschuldung von einkommensschwachen Studierenden und insgesamt zu einem massiven Rückgang der Studierendenzahlen führen. Die Union und ihre designierte Bildungsministerin Schavan täte gut daran, die Finger vom BAföG zu lassen.“

Auch bei der Schaffung eines europäischen Hochschulraumes muss aus Sicht des fzs der sozialen Dimension ein höherer Stellenwert eingeräumt werden. Regina Weber forderte: „Der Bologna-Prozess darf nicht dazu dienen, weitere Hürden im Bildungssystem zu zementieren. Wir fordern eine bundesweite Regelung zum Hochschulzugang und zu den Übergängen zwischen den einzelnen Stufen der Studiengänge, die ohne sozial-selektive Hürden auskommt.“ Dabei müssen nach Ansicht des fzs auch gleichstellungspolitische Aspekte berücksichtigt werden. Schon heute nehmen deutlich weniger Frauen als Männer ein Master-Studium auf.

Höchste Priorität für den studentischen Dachverband genießt die Neuordnung der föderalen Ordnung. Der fzs will dem Bund mehr Kompetenzen im Bildungsbereich zusprechen. Dazu Christian Berg: „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Bund im Bildungsbereich. Einheitliche Richtlinien in Schulen und Hochschulen sind die Voraussetzung für Chancengleichheit und sozialen Fortschritt. Und wenn wir einen europäischen Hochschulraum schaffen wollen, ist es absurd, in der Bundesrepublik 16 verschiedene Bildungssysteme zu haben. Die Union muss in dieser Frage ihre Starrköpfigkeit ablegen und endlich sachliche Argumente akzeptieren statt Besitzstandswahrung zu betreiben.“

Zugleich ist aus Sicht des fzs ein radikales Umdenken in der Steuerpolitik notwendig – weg von der Steuersenkungspolitik hin zu einer stärkeren Belastung von Vermögen. Deshalb fordert der fzs eine Anhebung der Spitzensteuersätze sowie der Erbschaftssteuer und die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer. „Wenn wir die Bildungschancen aller Menschen verbessern wollen, müssen wir auch über Finanzierungsalternativen nachdenken. Mit der Steuersenkungspolitik der letzten Jahre muss endlich Schluss sein. Erbschaften und riesige Privatvermögen werden kaum oder nicht besteuert, während man die Mehrwertsteuer anheben möchte. Dieses irrsinnige Konzept widerspricht jeglicher Definition eines Sozialstaats.“, so Berg abschließend.