Studiengebühren nur Ideologieprodukt

Der Wirtschaftsrechtler Bernhard Nagel von der Kassler Universität untersuchte die Gebühren-Modelle in Amerika, England, Schottland, Australien, Neuseeland, Österreich und in den Niederlanden und kam zu einem anderen Ergebnis als die meisten Gebühren-Befürworter.

Er beobachtete, dass in den meisten Ländern die Studiengebühren seit ihrer Einführung um ein vielfaches gestiegen sind. Des Weiteren zeigten Untersuchungen in den USA, dass es zwar „einige wenige hochintelligente Studenten [sic] aus weniger betuchten Kreisen“ gäbe, die Mithilfe eines Stipendiums auch in Harvard studieren könnten. Aber auch die Mittelkasse würde immer mehr in die staatlichen Universitäten gedrängt, da die Gebühren in den letzten Jahren dramatisch erhöht wurden. Er bezeichnet dies als „Rennen nach unten“.

Das Australische Modell, das, wie die derzeitigen deutschen Entwürfe, auf ein Darlehensmodell basiert, bezeichnet Nagel als Subvention für Reiche: Wer sofort zurückzahlt, bekommt 25 Prozent Rabatt. Es sei das Modell einer Markthochschule. Es bemisst die Höhe der Gebühren nicht nach den Kosten, sondern nach den späteren Gewinnaussichten. Je mehr „Gewinn“ man im späteren Beruf erwarten kann, desto höher sind die Studiengebühren. Deswegen bezahlt in Australien der Jurist, genauso wie der Mediziner oder der Naturwissenschaftler, die höchsten Studiengebühren, und Rabatte werden für die Geisteswissenschaftler gegeben.

Die Erfahrungen aus den Niederlanden zeigten, dass staatliche Stipendien nicht gerne angenommen werden. Und da nun gerade in Nordrhein-Westfalen die Darlehen vom Zinssatz relativ hoch sein werden – über fünf Prozent – ist zu erwarten, dass das Modell nicht den gewünschten Erfolg haben wird, und dass die an einem Studium Interessierten aus finanziell schwächeren Schichten abgeschreckt werden.

Durch Studiengebühren würden ohnehin „kein Euro mehr an die Hochschulen fließen“, die die Erfahrungen in allen anderen Ländern gezeigt hat, dass langfristig die Finanzminister die Zuweisungen an die Hochschulen reduzieren, auch wenn während der Einführungsphase andere Versprechungen getätigt wurden.

Nagel schlägt stattdessen vor, zur besseren Hochschulfinanzierung den Spitzensteuersatz bei der Einkommenssteuer auf 45 Prozent zu erhöhen – dann seien viel mehr Gelder in den öffentlichen Kassen als durch die Studiengebühren je hereinkommen könnten. Zumal bei den Studiengebühren noch die Ausfallrisiken bei den Krediten berücksichtigen werden müssten. (pj)

Quelle: ZDF-Interview