Newsletter Nr. 19/2007

1. Studierendenzahlen rückläufig: Studiengebühren schrecken ab

Die Veröffentlichung der Studierendenzahlen im Wintersemester 2007/08 durch das Statistische Bundesamt bestätigt die Befürchtungen des fzs: Während in jenen Bundesländern, die Studiengebühren erheben, die Studierendenzahlen einbrechen, werden Länder ohne Gebühren förmlich von Studierenden überrannt. Insgesamt sinken die Studierendenzahlen; eine nachhaltige Steigerung der StudienanfängerInnen liegt in weiter Ferne.

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes ist im Vergleich zum vergangenen Wintersemester die Gesamtzahl der Studierenden um 2% gesunken. Die Zahl der StudienanfängerInnen sind im gleichen Zeitraum um 4% angestiegen – nach jahrelangem Rückgang trotz einer ständig ansteigenden Zahl von Studienberechtigten. Diese entscheiden sich immer stärker für eine berufliche Ausbildung. Zugleich geht die Anzahl der Studierenden an Universitäten stark zurück, während sich immer mehr StudienanfängerInnen für Fachhochschulen entscheiden.

Abschreckungseffekte: Zuwächse nur in gebührenfreien Ländern

Einen deutlichen Zuwachs an Studierenden verbuchen die gebührenfreien Länder, mit Bremen und Brandenburg an der Spitze: In diesen Ländern stiegen die Zahlen der Immatrikulierten um 6% bzw. 4%, gefolgt von Rheinland-Pfalz. Die Entwicklung in den „Gebührenländern“ hingegen verläuft diametral entgegengesetzt: Mit einem Rückgang von 9% der Studierenden im Vergleich zum Vorjahr steht hier Hessen an der Spitze, gefolgt von Niedersachsen (-5,5%) sowie Baden-Württemberg und dem Saarland mit einem Rückgang von je etwa 2%.

Noch deutlicher wird der Unterschied bei den StudienanfängerInnen: In Brandenburg und Bremen stieg deren Anzahl steil um je 14%, es folgen Berlin (12%), Thüringen (10%) und Sachsen (9%). Im Saarland, in Baden-Württemberg sowie in Hessen gingen die AnfängerInnenzahlen hingegen um bis 3% zurück. Peter Weigl, Vize-Präsident des Statistischen Bundesamtes, fasste diese Zahlen zusammen: „Hinsichtlich der Entwicklung der Anzahl der Studienanfänger und Studierenden im Vergleich zum Vorjahr schneiden die neun Länder, die keine allgemeinen Studiengebühren erheben, besser ab als der Bundesdurchschnitt.“

Immer mehr Studienberechtigte machen Ausbildung

Der fzs verurteilte anlässlich der Veröffentlichung dieser Zahlen erneut scharf die Einführung von Studiengebühren und wies zugleich auf die bedenkliche Entwicklung im Bildungsbereich hin: „Die Studienberechtigtenzahlen sind stark angestiegen, die Quote derer, die dann auch ein Hochschulstudium aufnehmen aber gesunken“, sagte Regina Weber, Vorstandsmitglied des fzs. „Dieser Trend setzt sich seit Jahren fort; so nahmen im Zeitraum von 2004 bis 2006 circa 20 % weniger studienberechtigte Schulabgängerinnen und Schulabgänger ein Studium auf. Dies steht dem Ziel der Bundesregierung, dass 40 % eines Altersjahrganges einen Hochschulabschluss erwerben, diametral gegenüber.“ Vor dieser Entwicklung warnte auch der Vize-Präsident des Statistischen Bundesamtes.

Abschreckungseffekt durch Studiengebühren auf Frauen?

Auffälligkeiten bestehen darüber hinaus beim Anteil von Studentinnen an den Hochschulen. Der Gesamtanteil von Frauen ist innerhalb der Studierendenschaft zwar gleich geblieben und liegt bei 48% aller Studierenden. Auffällig ist jedoch, dass der Rückgang von Studienanfängerinnen in den Gebührenländern ausgeprägter ist als der Durchschnitt (Hessen: -0,4% durchschnittlicher Rückgang bzw. -2,3% bei Studienanfängerinnen; Saarland: -3,1% bzw. -6,3%), während der weibliche Anteil von Studienanfängerinnen in gebührenfreien Ländern teils überdurchschnittlich steigt. Die Auswertung der ersten fachbezogenen Zahlen, die dem Statistischen Bundesamt für die vier Studienbereiche Bauingenieurwesen, Informatik, Maschinenbau sowie Elektrotechnik vorliegen, bestätigt macht ebenfalls einen Rückgang des Anteils weiblicher Studierender in diesen Studienbereichen (außer Informatik) aus. Diese ersten Zahlen sind dabei allenfalls als Trend zu verstehen – umso stärker werden sich BildungsforscherInnen und -politikerInnen auch diese Entwicklung anschauen müssen.

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2. Zehntausend Studierende demonstrieren gegen sächsisches Hochschulgesetz

Unter dem Motto „Jetzt schlägt’s 13!“ haben am 13. Dezember 10.000 Studierende in Dresden gegen das geplante sächsische Hochschulgesetz demonstriert, das zeitgleich im Landtag beraten wurde. Die Studierenden, die dem gemeinsamen Aufruf der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) und den Gewerkschaften GEW und ver.di gefolgt waren, demonstrierten damit für die Beibehaltung der bestehenden demokratischen Strukturen an den Hochschulen. Das geplante Gesetz sieht die Abschaffung des Konzils als höchstes beschlussfassendes Gremium zu Gunsten eines extern besetzten Hochschulrates vor.

Gerald Eisenblätter, Sprecher der Landesstudierendenvertretung, kritisierte die bildungspolitisch Verantwortlichen in Sachsen scharf: „Ein neues Hochschulgesetz zu verabschieden, heißt Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen. Dieser Verantwortung sind der Ministerpräsident, Georg Milbradt (CDU), und die Ministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva-Maria Stange (SPD), definitiv nicht gewachsen! Wir fordern sie und die Fraktionen auf, den Kurs zu überdenken und einen überarbeiteten Entwurf für ein wirklich modernes Hochschulgesetz vorzulegen oder den Weg für eine neue Koalition frei zu machen.“

Auch der fzs unterstützte die Demonstration und verwies darauf, dass bundesweit die Mitsprache an den Hochschulen zugunsten autoritärer Leitungsstrukturen zurückginge. Imke Buß vom fzs-Vorstand warnte vor einer zunehmenden Ökonomisierung der Hochschullandschaft: „Wenn Hochschulen sich nur noch an den Interessen der Wirtschaft orientieren und die Mitbestimmung von Studierenden und den anderen Gruppen der Hochschulen immer weiter ausgehöhlt wird, schadet das den Hochschulen in Deutschland nachhaltig. Sie verkommen zu reinen Ausbildungsanstalten, die dem Anspruch, Studierenden eine gute Bildung zu vermitteln, nicht gerecht werden können.“

Die Landesvertretung der sächsischen Studierenden wendet sich ebenfalls gegen die geplante Übertragung der Personalhoheit auf die Hochschulen. „Es ist zu befürchten, dass aus Kostengründen weitere Stellen eingespart und die Vergütung der Angestellten zu Gunsten einer wirtschaftlich rentablen Hochschule drastisch gesenkt werden. Die internen Verteilungskämpfe hätten somit tiefgreifende Folgen“, so Eisenblätter. Zugleich lehnte die KSS Gespräche mit den hochschulpolitisch Verantwortlichen der Regierungsfraktionen strikt ab. Hintergrund sei die Rede von Wissenschaftsministerin Stange, die nach Angaben der KSS den DemonstrantInnen vorwarf „weder zuzuhören noch das Gesetz zu kennen“.

Zu der Demonstration hatten die Studierendenvertretungen in Sachsen seit Wochen mobilisiert. Mit zwei Sonderzügen wurden die Studierenden nach Dresden gebracht. Solidarität mit den sächsischen KommilitonInnen bewiesen Studierende aus Thüringen, die mit Bussen nach Dresden gekommen waren.

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3. Rheinland-pfälzischer Aktionstag „gegen miese Studienbedingungen“

„Überfüllte Vorlesungen, Seminarrauswürfe, veraltete Labore, wachsende Anfängerzahlen“ – so fassen die rheinland-pfälzischen Studierendenvertretungen die Situation an den Hochschulen ihres Bundeslandes zusammen. Mit einem Aktionstag haben sie nun auf Misstände in der Lehre hingewiesen. Im Mittelpunkt des Aktionstages stand die Forderung an das Wissenschaftsministerium, das benötigte Geld in die Hochschulen zu investieren.

Der AStA der Uni Koblenz verloste etwa symbolische Gegenstände wie ein Fahrrad (für schlechte Busanbindungen), ein Hocker (für überfülle Hörsäle) und Deo (für große Studierendenanzahlen in kleinen Räumen). In Trier haben Studierende die BesucherInnen des Weihnachtsmarktes mit einem Banner und Informationsblättern über die Missstände an der Hochschule informiert und im Rahmen einer Podiumsdiskussion die problematischen Bedingungen thematisiert.

Der fzs wies darauf hin, dass die Einführung von Studiengebühren in mehreren Bundesländern die Situation in Rheinland-Pfalz zusätzlich erschwere. Florian Hillebrand, Mitglied im fzs-Vorstand, erklärte: „Dieses generelle und schon länger existierende Problem der Überlastung der Hochschulen wird noch durch die Tatsache verstärkt, dass die Nachbarländer von Rheinland-Pfalz vor kurzem allgemeine Studiengebühren eingeführt haben und somit noch mehr Studierende nach Rheinland-Pfalz ‚flüchten‘ müssen.“

Der studentische Dachverband fordert deshalb die Einführung des von ihm entwickelten Studienplatzfinanzierungsausgleiches, der eine solidarische Ausfinanzierung der Hochschulen durch verstärkte Kooperation der einzelnen Bundesländer vorsieht. Nach dem Konzept des fzs zahlen die Bundesländer die Studienplatzkosten für „ihre“ Studierenden, unabhängig von deren Studienort.

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4. Uni Leipzig feuert rechten Honorarprofessor – Initiative des StuRa erfolgreich

„Das Institut wird bei der Fakultät und der Universitätsleitung einen Antrag auf Beendigung der Lehrtätigkeit von Prof. Vogt an der Universität Leipzig in die Wege leiten“ – so lautet die Erklärung des Leipziger Professor Michael Haller, Mitglied im Institutsrat für Kommunikation und Medienwissenschaft, vom 23. November. Damit hat die Affäre um den Leipziger Honorarprofessor Michael Vogt, dem Kontakte in die rechte Szene nachgesagt werden, einen vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Michael Vogt ist nach Recherchen des Leipziger StudentInnenrates seit Jahrzehnten als Publizist am rechten Rand tätig. Als Filmemacher hat Vogt 2004 den in rechten Kreisen beliebten Film „Geheimakte Heß“ veröffentlicht – gemeinsam mit dem NPD-Mitglied Olaf Rose. Der Film wird als geschichtsrevisionistisch und verschwörungstheoretisch eingestuft; selbst der „SPIEGEL“ attestiert dem Film „wissenschaftliche Fehler“. Vogt, Alter Herr und regelmäßiger Referent bei der rechtsextremen Münchener Burschenschaft Danubia, hat weitere Filme gedreht und an der Schnittstelle zwischen Nationalsozialismus und Verschwörungstheorien scheinbar sein Lieblingsthema gefunden: „Alliierte Kriegsverbrechen“, „Bus(c)h-Piloten – 11.September: Mythos und Täuschungen“ oder „Death by Hanging – Tod durch den Strang“ mit dem Untertitel: „Nürnberger Prozesse: Recht oder Rache?“.

Doch die braunen Verstrickungen des Leipziger Honorarprofessors wurden erst aufgedeckt, als dessen Name auf der Teilnahmeliste einer Veranstaltung der (mittlerweile aufgelösten) rechtsextremen ITS-Fraktion im Europäischen Parlament auftauchte. Vogt dementierte zwar gegenüber SPIEGEL ONLINE: „Ich kann mir nicht erklären, warum mein Name dort auftaucht, ich war an diesem Tag definitiv nicht in Frankreich“, doch Teilnehmer des Treffens bestätigten seine Anwesenheit. Der StudentInnenrat reagierte prompt und skandalisierte den Fall – mit Erfolg.

Die Universität Leipzig beendete ihre Pressemitteilung übrigens mit dem Satz: „Das Institut dankt Prof. Vogt für die in den vergangenen neun Jahren geleistete Lehr- und Betreuungsarbeit, in der nach Aussagen der Studierenden zu keiner Zeit politische Auffassungen oder Aktivitäten eine Rolle gespielt haben.“

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5. „Lieber sterben als unterdrückt werden“ – Studierendenproteste im Iran

An mehreren iranischen Universitäten haben Studierende gegen die Politik des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad demonstriert. Sie fordern mehr Meinungsfreiheit und setzen sich ein für die Freilassung von KommilitonInnen, die mit dem Vorwurf, eine „illegale Versammlung“ an der Hochschule vorbereitet zu haben, inhaftiert wurden.

Der studentische Protest an den Hochschulen in Teheran, Mazandaran, Khorasan, Tabriz und Ahvaz richtete sich auch gegen die fehlende Meinungsfreiheit. Ein Sprecher der Studierenden erklärte nach Angaben von Spiegel Online: „Was wir wollen, ist eine Universität ohne Kontrolle durch die Regierung sowie das Recht, auch Professoren mit anderen Standpunkten zu hören.“ Die Transparente der Studierenden trugen Parolen wie „Kein Krieg, kein Faschismus“ und „Die Frauen müssen ihr über eigenes Schicksal entscheiden, nicht der Staat“. Die mehrstündige Kundgebung wurde von mehreren hundert Polizisten in voller Kampfausrüstung beobachtet und überwacht.

Maryam Rajavi, die in Frankreich lebende Präsidentin der iranischen Widerstandsregierung, erklärte: „Die Studentendemonstration zeigt, dass die Studentenbewegung die dringende Forderung des iranischen Volkes nach Errichtung von Freiheit und Demokratie und einem Ende der im Iran herrschenden Theokratie unterstützt. Das zeigt auch, dass es den Mullahs schlichtweg unmöglich war, die Studentenbewegung unter dem Vorwand, den Frieden zu verteidigen, aus den Gleisen zu werfen.“

Bereits Mitte November war es zu studentischen Demonstrationen gegen das Regime gekommen, nachdem mehrere Studierende schikaniert und verhaftet worden waren, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete.

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6. Mehr Selektion und Willkür: Kopfnoten in NRW

Die bestehenden Selektionsmechanismen im Bildungssystem, die zuletzt erneut durch die PISA-Studie aufgedeckt wurden, scheinen der nordrhein-westfälischen Landesregierung nicht auszureichen: In ihrem neuen Schulgesetz führt die Landesregierung sog. Kopfnoten ein – verpflichtend für alle Schulen. Diese Kopfnoten sollen die Fähigkeit von SchülerInnen in sechs Kategorien bewerten und auf dem Zeugnis erscheinen: Selbstständigkeit, Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit/Sorgfalt, Konfliktverhalten, Kooperationsfähigkeit sowie Verantwortungsbereitschaft.

Die Antwort der LandesschülerInnenvertretung (LSV) ist treffsicher: „Kopfnoten sind wie Pickel!“ beschlossen die SchülerInnen in einer Resolution, in der sie die Rücknahme des Gesetzes fordern. Die LSV spricht sich darin für eine positive Begleitung der Persönlichkeitsentwicklung von SchülerInnen statt einer „Bewertungswut der Landesregierung“: „Die Jugendlichen sind oft von Unsicherheit, Selbstzweifel und Selbstfindung geprägt. Ihr Bildungsweg muss den SchülerInnen helfen sich zu orientieren, statt sie in dieser schwierigen Phase zu bestrafen. Was sie bis zum Ende ihres Arbeitslebens verfolgen wird.“ Die LSV spricht sich für eine Förderung des direkteren und ehrlichen Umgangs zwischen Lehrenden und Lernenden aus statt weiterer „Druckmittel“, die einen Wettkampf zwischen SchülerInnen hervorriefen. In der Resolution heißt es weiter: „Ein Schüler kann sich seinen MitschülerInnen gegenüber total asozial verhalten, kriegt aber wegen seiner Unauffälligkeit im Unterrichtsgeschehen Top-Noten in diesen Kategorien. Das heißt SchülerInnen, die sich gegen den Lehrer artikulieren und sich beispielsweise für andere SchülerInnen einsetzen, werden hiermit versucht mundtot zu machen.“

Für den 19. Januar ruft die LSV zu einer landesweiten Demonstration in Düsseldorf auf. Nicht nur die Argumentation der SchülerInnenvertretung ist durchdacht, auch der Demo-Termin: „Das ist direkt nach den Zeugnissen, da kocht die Wut gegen die Kopfnoten bei vielen erst richtig hoch“, erklärt Pia Lücker aus dem Landesvorstand. Die Demo unter dem Motto „Für solidarisches Lernen mit statt gegeneinander“ wird vom fzs unterstützt.

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7. Proteste zum dritten Jahrestag: Gegen Studiengebühren und für Verfasste Studierendenschaften

Am 25. Januar 2008 jährt sich zum dritten Mal das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zur 6. Novelle des Hochschulrahmengesetzes. Das Urteil wies den Ländern die Kompetenz der Erhebung von Studiengebühren zu – und verfehlte dabei nicht seine Wirkung: In mittlerweile sieben unionsregierten Bundesländern müssen Studierende Gebühren zahlen, die Auswirkungen werden unter anderem in einem deutlichen Rückgang der Studierendenzahlen sichtbar. Anlass für die Studierendenschaften in der ganzen Bundesrepublik, zum „Jahrestag“ auf die fatalen Auswirkungen von Studiengebühren hinzuweisen. Am 25. und 26. Januar werden deshalb in Niedersachsen und Hessen unmittelbar vor den Landtagswahlen zentrale Demonstrationen stattfinden.

Gemeinsam mit dem Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) und dem fzs ruft die LandesAStenKonferenz (LAK) Niedersachsen deshalb zu einer Demonstration am 25. Januar in Hannover auf, bei der auf die sozialen Selektionsmechanismen im gesamten Bildungssystem aufmerksam gemacht werden soll. Im Aufruf heißt es: „Der kontinuierliche Rückgang der Studierendenzahlen während der letzten drei Jahre zeigt, dass die soziale Ungerechtigkeit innerhalb des Bildungssystems mit der Einführung von Studiengebühren weiter geschürt wird. Dabei sind Studiengebühren nur ein Teil des Problems in einem ohnehin schon sehr selektiven Bildungssystem. Das deutsche (Hoch-)Schulsystem ist, laut OECD, eines der selektivsten im Vergleich zu den anderen Industrieländern. Die soziale Undurchlässigkeit des Bildungssystems würde durch eine von der CDU geplante Erhöhung der Studiengebühren noch drastisch verschärft werden. Im Bereich der vorschulischen und beruflichen Bildung haben sich Gebühren bereits durchgesetzt. Diese Entwicklung geht in die komplett falsche Richtung.“

In Frankfurt/Main werden am 26. Januar und damit am Vorabend der Landtagswahlen ebenfalls Demonstrationen stattfinden. Unter dem Motto „Für Meinungsfreiheit und (kosten-)freie Bildung“ rufen GEW, fzs, ABS und PM-Bündnis zum bundesweiten Aktionstag auf. Neben der zentralen Kritik an Studiengebühren weisen die Aufrufenden insbesondere auf den kontinuierlichen Demokratieverlust hin: „Die Politik im Bundestag wie in den Länderparlamenten ist im Bildungs- und Sozialbereich gesellschaftspolitisch nicht mehr tragbar. Sie beschränkt das Recht auf Bildung, verfestigt und verstärkt die soziale Selektion nach dem Geldbeutel der Eltern. Zudem wird es Studierenden und WissenschaftlerInnen immer schwerer gemacht, sich frei und kritisch zu äußern. Im Zuge der Ökonomisierung des Bildungssystems droht Kritik systematisch trocken gelegt zu werden. Freiräume für Interessensvertretungen werden wegrationalisiert Und Studierende, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung auf der Straße wahrnehmen, kriminalisiert.“

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8. Für faire Praktika und einen besseren Berufseinstieg von jungen EuropäerInnen

Die unter dem Stichwort „Generation Praktikum“ geführte Diskussion um die Situation junger PraktikantInnen ist keineswegs auf die Bundesrepublik begrenzt, sondern hat längst eine europäische Dimension angenommen: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse nehmen in allen Mitgliedsstaaten der EU immer mehr zu. Junge Menschen sind von dieser Entwicklung besonders betroffen. Sie haben große Probleme, Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden und müssen unter prekären Bedingungen wie Niedriglöhnen, flexibelsten Arbeitszeiten und geringer sozialer Absicherung arbeiten. Eine häufig auftretende, aber auch besonders prekäre Beschäftigungsform sind sog. Schein-Praktika. Dabei handelt es sich reguläre Arbeitstätigkeiten, die von „PraktikantInnen“ ausgeübt werden – und den einstellenden Unternehmen damit hohe Lohnkosten ersparen.

Sechs europäische PraktikantInnenorganisationen, darunter die DGB-Jugend, haben deshalb eine europaweite Petition an das Europäische Parlament gestartet, um europaweit einheitliche Mindestnormen und -standards zu Praktika zu verabschieden, die eine zeitliche Begrenzung von Praktika, einen landesüblichen Mindestlohn, soziale Absicherung sowie eine Verknüpfung des Praktikums mit der entsprechenden Ausbildung beinhalten. Darüber hinaus wird das Parlament aufgefordert, die Situation von PraktikantInnen statistisch zu berücksichtigen und eine vergleichende Studie zu den einzelnen Praktikumsformen zu produzieren. Die Petition wird vom fzs unterstützt.

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