Berlin (fzs). Am heutigen Sonntag jährt sich der Ausgangspunkt der antisemitischen Novemberpogrome zum siebzigsten Mal. Anlässlich dessen gedenkt der fzs der Opfer des Nationalsozialismus und ruft zu verstärkter zivilgesellschaftlicher Wachsamkeit auf. Diese müsse sich auch in Aktivitäten der StudentInnenschaften und intensivierten Bildungsangeboten gegen Antisemitismus und Rassismus ausdrücken.
Vom 9. November 1938 an kam es zu mehrere Tage und Nächte andauernden Verhaftungswellen gegen Jüdinnen und Juden sowie Plünderung von Synagogen und jüdischen Einrichtungen im gesamten Gebiet des damaligen Deutschen Reiches. Die Pogrome waren initiiert von organisierten nationalsozialisten, fanden aber in der übrigen Bevölkerung nicht nur keinen Widerspruch, sondern vielerorts offene Zustimmung. Die Reichsprogromnacht steht symbolisch für den Auftakt der von Deutschen betriebenen systematischen Vernichtung jüdischen Lebens in ganz Europa.
Umso beschämender ist es, dass die Fraktionen im Bundestag nicht gewillt waren, eine gemeinsame Erklärung gegen Antisemitismus zu verabschieden. Vor allem die Konservativen versagtem, aufgrund parteipolitischer Erwägungen, einem Bündnis gegen den Nazismus ihre Zustimmung. „Die instrumentalisierende Haltung der CDU / CSU Fraktion einerseits aber auch von Teilen der Linkspartei andererseits zeigt, dass der Kampf gegen den Antisemitismus nicht an Parteien und Staat alleine delegiert werden darf. Er muss vielmehr integraler Bestandteil jeglichen Handelns von DemokratInnen und demokratischer Organisationen sein.“ erklärte Thomas Honesz, Mitglied des Vorstands des fzs.
Vor diesem Hintergrund sind insbesondere auch die Studierendenschaften gefragt. Immer öfter werden StudentInnen Opfer nazistischer Gewalt. „Während der Fall des prügelnden NPD-Funktionärs Mario Matthes in Mainz bundesweite Beachtung fand und gerichtlich verhandelt wird, konnte bei einem Übergriff auf eine Dresdner Studentin bislang der Täter nicht ermittelt werden. In Bielefeld leugnet die zuständige Kriminalpolizei sogar das Vorhandensein einer rechtsextremen Szene, obwohl zwei Studenten anlässlich der Terrorisierung durch einen Nazi ihren Wohnort wechseln mussten.“ sagte Michael Mende, antifaschistischer Referent des fzs.
Schon vor der Ermächtigung Hitlers, hatte der Nationalsozialistische Deutsche Studentenbund (NSDStB) an vielen Hochschulen eine Mehrheit. Der NSDStB hatte auch zu keiner Zeit einen Mitgliedermangel zu beklagen. „Zahlreiche antisemitische Aktionen, darunter zum Beispiel die Bücherverbrennungen an den Universitäten, wurden seiner Zeit vor allem von StudentInnen getragen.“ erklärt Thomas Honesz weiter.
Die heute häufig aufgemachte Gleichung, wonach ein höheres formales Bildungsniveau automatisch seltener rassistische oder antisemitische Einstellungsmuster nach sich ziehen würde, will Michael Mende nicht gelten lassen. Mehr als die Hälfte aller StudentInnen könne sich beispielsweise der NPD Forderung „Kriminelle Ausländer raus“ durchaus anschließen, wenn danach rhetorisch verklausuliert gefragt wird.
„Antisemitismus, Rassismus und Nationalismus sind leider kein Geschichte gewordenes Relikt, sondern gehören mit adäquaten Bildungsinhalten von der KiTa bis zur Uni bekämpft. Für die Hochschulen bedeutet dies neben entsprechender Forschung und Lehre auch aktives antifaschistisches Engagement der StudentInnenschaften. Dort, wo gesetzliche Hürden einer solchen Praxis vermeintlich oder tatsächlich im Weg stehen, gehören diese dringend abgeschafft.“ so Thomas Honesz abschließend.