KultusministerInnen verschlafen eigene Kompetenz zu nutzen

fzs (Berlin). Die Kultusministerkonferenz (KMK) hatte auf ihrer letzten Plenarsitzung am 15. Oktober 2009 den Tagesordnungspunkt „Weiterentwicklung des Bologna-Prozesses“. Die Ergebnisse und Lösungsvorschläge dieser Sitzung sind ernüchternd.

„Die Ergebnisse und Schlussfolgerungen sind völlig inhaltslos und kommen über bloße Feststellungen von Mängeln nicht hinaus“, bedauert Anja Gadow, Mitglied des Vorstandes vom freien zusammenschluss von studentInnenschaften. Weiter ergänzt Gadow: „Anstatt dass die KMK in Ihrem Zuständigkeitsbereich Wege zur Verbesserung angeht, sagt sie anderen was sie ändern müssen. An diesem Ergebnis zeigt sich wieder einmal, dass die Bildungskompetenz Bestandteil der Bundespolitik sein muss .“

„Anstatt bloß Mängel festzustellen wäre es sinnvoll gewesen auch nach Lösungswegen zu suchen und diese dann zu veröffentlichen“ , stellt Thomas Warnau, ebenfalls Mitglied des Vorstandes beim studentischen Dachverband, fest. „Für konstruktive Lösungen hat der fzs schon mehrfach Forderungskataloge und Lösungsvorschläge veröffentlicht“, erklärt Warnau.

Aus Sicht des fzs müssen folgende Punkte in den kommenden Jahren nun endlich angegangen werden:

Öffnung des Hochschulzugangs und Erhöhung der Bildungsbeteiligung: Die Bologna-Länder sollen sich gemeinsam zu einer Öffnung der Hochschulen bekennen. So sollen Maßnahmen auf nationaler Ebene gefunden werden, um mehr Zugänge zur Hochschule zu schaffen und mehr Menschen einen Abschluss zu ermöglichen.

Anrechnungsmöglichkeiten: Es soll Ziel der Bologna-Staaten sein, den hochschulspezifischen Qualifikationsrahmen mit dem Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen abzustimmen und zu verzahnen. Eine Verzahnung von Hochschulstudium und Berufsausbildung ist nötig, um Anrechnung zu ermöglichen. Die Lissabon-Deklaration muss umgesetzt werden.

Teilzeitstudium: Das Teilzeitstudium ist eine wichtige Komponente hin zu einer flexiblen Studien- und Lebensgestaltung. Daher soll angestrebt werden, Teilzeitstudiengänge in allen Bologna-Ländern anzubieten. Wichtig ist hierbei, dass die gesetzliche Möglichkeit dazu beispielsweise durch die Anpassung des BaföG geschaffen wird.

Mobilität: Mobilität meint sowohl die horizontale, als auch die soziale Ebene. Auf der sozialen Ebene müssen alle Anstrengungen unternommen werden, damit alle, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft, ein Studium aufnehmen und abschließen können. Neben der horizontalen und sozialen Mobilität ist es Aufgabe der Länder die innerstaatliche Mobilität zu verbessern und sicherzustellen! Im Bereich Visa sind Möglichkeiten zu prüfen, für Nicht-EU-Studierende ein einziges Visum für alle am Europäischen Hochschulraum beteiligten Länder zu vergeben. Nach Meinung des fzs darf es auch für ausländische Studierende keine Hindernisse bei der Teilnahme an einem Auslandssemester (ausgehend vom schon im Ausland liegenden Studienort) geben.

Partizipation der SozialpartnerInnen: Die umfangreiche Beteiligung der SozialpartnerInnen, u.a. in den Qualitätssicherungsprozessen der Hochschulen, muss weiter gefördert werden. Ein Ziel muss sein, dass Studierende tatsächlich gleichberechtigte PartnerInnen in Hochschulsteuerungsprozessen werden!

Finanzierung: Ein weiterer Grundsatz, dem in allen Bologna-Ländern Rechnung getragen werden muss, ist, dass die Reformen nicht kostenneutral sein können. Wenn eine Reform erfolgreich und umfassend umgesetzt werden soll, kann dies nicht ohne zusätzliche Gelder und zusätzliches Personal geschehen. Insbesondere bedarf es geeigneter Maßnahmen und Mittel für die Information und Weiterbildung der an der Umsetzung Beteiligten. Dies betrifft insbesondere die konkrete Umsetzung vor Ort. Um die Ziele im Bereich der sozialen Dimension zu verwirklichen, müssen Gelder für weitere ausfinanzierte Studienplätze und eine ausreichende Studienfinanzierung bereitgestellt werden. Eine wissenschaftliche Begleitung der Reformen ist ebenfalls unabdingbar.

Studierendenzentrierung und Kompetenzorientierung: Auch für die Umsetzung in Deutschland stehen für den fzs die oben genannten Schwerpunkte auf der Agenda. Weiterhin muss im Bereich Studierendenzentrierung sowie Kompetenzorientierung nachgesteuert werden: Auch hier muss die KMK sich bewegen indem sie beispielsweise die ländergemeinsamen Strukturvorgaben flexibler macht, damit die Hochschulen auch die Möglichkeit zur Umsetzung haben. Die Möglichkeit, verschiedene Lern- und Prüfungswege anzubieten, wird bisher kaum genutzt. Das Stichwort Flexibilisierung ist in diesem Kontext ein sehr wichtiges – ein individueller Studienverlauf, flexible Auslandssemester und Teilzeitstudium sind bisher leider nur in zu geringem Umfang möglich.

„Die KMK ist aufgefordert, sich mit den oben genannten Arbeitspunkten intensiv zu beschäftigen und die entsprechenden Lösungen umzusetzen!“ fordert Anja Gadow.