Aufruf zum Bildungsprotest – Aktionstag 13. Juni 2018

Wir rufen im Verbund mit Lernfabriken …meutern! zum Aktionstag gegen soziale Ausgrenzung im Bildungswesen auf.

Bildung und Wissenschaft sollen der Befreiung von Individuum und Gesellschaft dienen. Im Kern geht es darum, Menschen zu befähigen, sich und ihre Umwelt nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Dazu müssen alle Menschen die Gelegenheit erhalten, ihre Potentiale frei zu entfalten und sich zu selbstbestimmten Individuen zu entwickeln. Gleichzeitig muss die Gesellschaft so eingerichtet werden, dass es allen gleichermaßen möglich ist, an ihr teilzuhaben. Die Realität sieht leider anders aus!

In Deutschland werden weite Teile der Gesellschaft von Bildung und Wissenschaft ausgegrenzt. So hängt der Zugang zu „höheren“ Bildungseinrichtungen hierzulande stark von dem Bildungsgrad und dem Geldbeutel der Eltern ab. Die Chance, ein Abitur erfolgreich abzuschließen, ist für ein Kind von Akademiker*inneneltern mehrfach höher, als für ein Kind, dessen Eltern nicht studiert haben. Diese Benachteiligung wird an der Hochschule noch weiter verstärkt. Dafür können weder Kinder noch Eltern etwas. Das Bildungswesen ist schuld. Schließlich dienen Schule und Hochschule leider vor allem der „Besten“-Auslese und nicht der Vermittlung wertvoller Fähigkeiten. Das Wissen darum, wie man am besten sinnlose Prüfungen besteht, haben vor allem die Eltern, Bekannten oder Freund*innen, die selber solche Prüfungen schon bestanden haben. Kein Wunder also, dass lähmende Prüfungsangst vor allem diejenigen trifft, deren Eltern nie an einer vergleichbaren Bildungseinrichtung gelernt haben.

Nicht weniger problematisch sind die hohen privaten Kosten, die Bildung in Deutschland mit sich bringt: Schlechte Betreuung und Lehre zwingen viele in privat finanzierte Nachhilfe. Sie wird zunehmend wichtig, um Auswahltests zu bestehen. Selbstverständlich können sich nicht alle derlei zusätzliche Angebote leisten. Auch Bildungsgebühren und die hohen Kosten der Studienfinanzierung sind nicht für alle bezahlbar. Geldsorgen halten auf diese Weise viele von Bildungsmöglichkeiten fern. Wer es dennoch wagt merkt schnell, dass eine Selbstfinanzierung via Nebenjobs vom eigentlichen Zweck des entsprechenden Lebensabschnittes abhält. Zum Lernen bleibt keine Zeit mehr. Der Studienabbruch ist oft die Folge.

Angehörige vieler marginalisierter Gruppen, sehen sich mit noch höheren Hürden und größerem Druck konfrontiert. Das betrifft z.B. Menschen, die den Normen der körperlichen und geistigen Verfassung nicht entsprechen, da der Barrierenabbau im Schul- und Studienalltag nicht funktionieren und Lernkonzepte nicht flexibel genug sind. Menschen ohne deutschen Pass wiederum werden durch bürokratische Hürden dazu gedrängt, zu geringem Lohn zu arbeiten, statt höhere Bildung zu erlangen.

Wir wollen soziale Ausschlüsse, die in dieser Gesellschaft offensichtlich System haben, nicht weiter hinnehmen. Wir streben ein Bildungswesen an, dass nicht bloß auf einen fremdbestimmten Berufsalltag und Konkurrenz vorbereitet. Wir wollen keine Zahnrädchen sein, die nach ihrer Verwertbarkeit sortiert werden! Daher rufen wir mit folgenden Forderungen zum Protest an Schule, Hochschule, Kindertagesstätte und Ausbildungsplatz auf.

Forderungen

Schule

  • Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems zugunsten einer inklusiven, demokratischen und sozial gerechten Schule für Alle.
  • Mindestens Absolute Mehrheit der Schüler*innen bei Entscheidungen, die Schüler*innen betreffen
  • je nach Notwendigkeit, eine Abschaffung von Noten oder eine Ersetzung von Noten durch ein konstruktives Feedbacksystem.

Hochschule

  • Ende der Konkurrenz von Hochschulen untereinander und ihre vollständige Kostendeckung.
  • 50.000 zusätzliche unbefristete Stellen im akademischen Mittelbau und 7.000 zusätzliche Professuren
  • Einführung eines bedingungslosen Studierendenhonorars in Höhe von mindestens 840 € monatlich, als Vollzuschuss und unabhängig von Alter, Semesterzahl, Leistung und Einkommen der Eltern
  • gleichberechtigte Mit- und Selbstbestimmung in allen Hochschul-Gremien und entsprechende Handlungsmöglichkeiten durch Viertelparität

Berufsausbildung

  • Bisherige Leistungen bzw. Bildungserfahrungen müssen ausreichend berücksichtigt werden. Hierfür müssen eine entsprechende Anerkennung und eine ergänzende Bildungskonzeption erfolgen.
  • Echte Mitbestimmung durch eine Auszubildenden-Quote in Betriebsräten und Raum im Unterricht für Gewerkschaften und Arbeitsrecht. Repressionen müssen konsequent in die Öffentlichkeit getragen und bekämpft werden.
  • Ausbildungen müssen frei von Diskriminierung sein:
  • Bewerbungsverfahren anonymisieren!
  • Bewerbungen aus sozial benachteiligten Gruppen müssen bei gleicher Qualifikation stärker berücksichtigt werden.
  • Krankheiten und Beeinträchtigungen dürfen sich nicht negativ auf Ausbildungsleistungen und Zulassungen niederschlagen
  • Anti-Diskriminierungskonzept für jeden Ausbildungsbetrieb
  • Alle Ausbildungsgebühren müssen abgeschafft werden, da Bildung für alle zugänglich sein muss
  • Mindestlohn: Ausbildungsvergütung soll mindestens 10 € betragen